Im Auftrag der Rache
dazu.«
»Danke. Aber dennoch – die Milch ist alt und verbraucht und taugt kaum noch zu etwas anderem als zur Konservierung. Wir brauchen frischen Nachschub, und selbst dann … Schwarzfuß wird von den Diplomaten benutzt, weil die Königliche Milch so wenig dagegen bewirken kann. Sie nennen es auch den Königskummer .«
Sparus fühlte sich bevormundet, weil der Arzt ihn für unwissend hielt. Aber er unterdrückte seinen Ärger und konzentrierte sich ganz auf die vor ihm liegenden Schwierigkeiten.
»Wie wäre es, wenn du einen frischen Vorrat an Milch hättest?«
Traurig schüttelte Klint den Kopf. »Vielleicht könnten wir ein Luftschiff nach Zanzahar oder Bairat schicken. Aber ich bezweifle, dass dafür genug Zeit bleibt. Ihr Zustand verschlechtert sich schnell.«
»Hast du ihr das mitgeteilt?«
»Nein. Ich glaube, sie sollte sich erst einmal weiter ausruhen.«
»Wenn sie stirbt, dann muss sie es wissen, Arzt.«
»Ja. Aber möglicherweise sollten wir ihr nicht den Grund dafür erklären.«
Damit war er einverstanden, denn es ergab einen Sinn.
»Ich will sie sehen.«
»Ja, natürlich. Aber Ihr werdet einige Vorsichtsmaßnahmen befolgen müssen.«
Klint führte ihn zum matriarchalischen Gemach. Sie kamen an der Priesterin Sool vorbei. Die Frau wirkte hier in der Tiefe des Felsens verloren. Im Vorzimmer gab der Arzt Sparus eine Seidenmaske, die er sich um Mund und Nase binden musste. Sie roch nach Minze und nach etwas viel Stärkerem.
»Ist es ansteckend?«, fragte Sparus durch die Maske.
»Es ist schon vorgekommen, vor allem in so schweren Fällen. Bei solchen Dingen ist es am besten, vorsichtig zu sein.« Der Mann gab ihm ein Paar Fäustlinge aus Schafsdarm.
Sascheen lag auf dem Bett der Schlafkammer; zerknüllte Laken bedeckten ihren zitternden Körper. Die einzige Helligkeit spendete das blaue, flackernde Licht des Sees hinter dem gebogenen Fenster. Sie hatte Fieber und atmete schnell. Schweiß glitzerte auf ihrem Gesicht, das genauso entzündet war wie ihre Arme und Hände. In der Luft hing ein starker Geruch nach Galle.
»Matriarchin«, sagte Sparus, als er neben ihrem Bett stand.
Sascheen blinzelte und schien einen Moment lang verwirrt zu sein. Sie sah ihn schwach an. »Sparus«, krächzte sie und versuchte sich zu bewegen, gab es aber nach kurzem Bemühen wieder auf. »Man hat mir gesagt, ich soll niemanden berühren, damit ich mir in meinem geschwächten Zustand keine Infektionen zuziehe.«
Sparus zögerte und legte dann seine Hand auf die ihre. Durch seinen Fäustling hindurch spürte er die Hitze ihrer Haut. Sie hatte eine bläuliche Färbung, genau wie ihre Lippen. Die Verbände um ihren Hals waren mit gelben Flecken übersät.
Der Arzt machte sich an ihr zu schaffen. Mit behandschuhten Händen tastete er nach ihrem Puls und untersuchte die Verletzungen an ihrem Körper. Als er die Laken ganz zurückschlug, sah Sparus ihre schwarz gewordenen Füße.
Grundgütige Leidenschaft , dachte er überrascht, als er begriff, wie es wirklich um sie stand.
»Was habt Ihr zu berichten, General?«
Er räusperte sich hinter der Maske. »Es gibt noch einige Widerstandsnester im Südwesten der Stadt, die aber inzwischen ausgemerzt sein sollten.«
»Und Romano?«
»Er beschwert sich darüber, dass es ihm bisher nicht erlaubt wurde, die Stadt mit seinen Männern zu betreten.«
»Ach ja?«, keuchte sie. Trotz ihres Zustandes bemerkte er, wie die Wut in ihr aufstieg. Sie rang mehrmals nach Luft. »Soll er sich doch beschweren! Ich will es nicht riskieren, ihn mit seinen Männern nach Tume zu lassen. Er weiß, dass ich verwundbar bin. Ich würde ihn bloß dazu einladen, einen Putschversuch zu unternehmen.«
Sparus neigte den Kopf und behielt seine Gedanken für sich. Es fiel ihm schwer, sie anzusehen. Schon bedachte er die möglichen Auswirkungen, die sich aus seiner gegenwärtigen Lage ergeben konnten. Romano war mit Hilfe seiner Familie, die ihm den Rücken stärkte, der stärkste Bewerber um das Patriarchat von Mhann. Falls sich Sascheen nicht mehr erholen sollte und hier in Tume starb, würde sich Romano zum Patriarchen ausrufen, egal welchen Nachfolger sie selbst bestimmen sollte. Er würde verlangen, die Expeditionsarmee höchstpersönlich anzuführen, damit er den Ruhm, der mit der Einnahme von Bar-Khos verbunden war, für sich selbst beanspruchen konnte.
Er konnte all das gern haben, wenn es gleichzeitig bedeutete, dass Sparus mit unbeschädigtem Ruf nach Q’os zurückkehren konnte. Aber er
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