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Im Auftrag der Rache

Im Auftrag der Rache

Titel: Im Auftrag der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Col Buchanan
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von Reichssoldaten, die wie rasend auf ihn einstachen. Soldaten schrien ihren Kameraden zu, die sich verzweifelt an der Strickleiter festhielten, während ihre Füße in der Luft baumelten, und streckten ihnen die Hände entgegen.
    Ché saß mit dem Rücken gegen die Steuerbordreling gelehnt, während sich ein Medico um sein Bein kümmerte. Löckchen hockte neben ihm. Ihr schienen die gelegentlichen Einschüsse von Kugeln und Pfeilen in den Rumpf nichts auszumachen. Sie hatte den Arm um ihn gelegt. Es tat ihm gut, sie zu spüren; sie fühlte sich warm und lebendig an. Er wollte nicht auf das Dach unter ihm schauen.
    » Sieh nur! «, rief Löckchen plötzlich und zeigte hinunter auf das Lagerhaus.
    Er drehte den Kopf und folgte ihrem ausgestreckten Arm.
    Es war Asch, der anhielt, als das Schiff über ihm absegelte.
    » Verdammt! «, brüllte der alte Mann.
    Ché kämpfte sich auf die Beine. Er schob den Medico weg, der ihn fluchend zurückzuhalten versuchte.
    »Wir können ihn nicht da unten zurücklassen!«, fuhr Ché ihn verzweifelt an und suchte nach jemandem, dem er befehlen konnte, das Schiff zu wenden. Aber außer den Köpfen der Leute, die sich um ihn herum drängten, sah er gar nichts, und er wusste, dass es sinnlos war.
    Ohnmächtig drehte er sich wieder um und sah nach unten.
    Sie waren inzwischen schon so hoch aufgestiegen, dass er das gesamte Dach des Lagerhauses überblicken konnte. Die Straßen um ihn herum wimmelten vor Akolyten und Soldaten, und das Dach war wie eine Insel, die nun vom Feind überspült wurde.
    In ihrer Mitte bildete der einsame Farlander mit seiner schwarzen Haut einen starken Kontrast zu den weißen Roben der Akolyten.
    Ché sah, wie das Schwert des alten Mannes silbern in der Dunkelheit aufblitzte. Der R o ¯ schun hackte sich den Weg durch die Massen frei.
    »Grundgütige Mutter«, sagte Löckchen und packte den hölzernen Anhänger um ihren Hals.
    Ché hörte sie kaum in dem Lärm der Düsen. Das Schiff hielt nun auf das Ufer des Sees zu, und Aschs einsame Gestalt wurde immer kleiner, bis sie als Fleck inmitten all der anderen Flecken verschwand.
    *
    Aschs Instinkte übernahmen die Führung. Eine Zeit lang war seine Aufmerksamkeit so stark auf das gerichtet, was er gerade tat, dass er sich seiner Position in dem Gemetzel nicht bewusst wurde. Er kannte keine Angst, kein Bewusstsein, nicht einmal Zorn, während er Körper, Geist und Klinge in vollkommenem Einklang miteinander bewegte und sich allmählich an den Rand des Daches vorarbeitete.
    Um ihn herum fielen seine Feinde und verspritzten dabei ihr Blut. Sie hatten keine Füße, keine Hände, keine Arme mehr. Sie stürzten ohne Kopf zu Boden. Sie fielen, während sich der Inhalt ihres Bauches in ihre gefalteten Hände ergoss. Sie fielen still, als ob sie schliefen. Sie fielen laut protestierend.
    Sie fielen ohne Unterlass.
    »Zurück!«, knurrte Asch, als er am Rand des Daches herumwirbelte und seine Füße bereits dem Abgrund gefährlich nahe waren.
    »Zurück!«, brüllte er abermals, hieb mit seiner Klinge zu, und wieder spritzte Blut auf.
    Sie hörten auf ihn, zumindest zögerten sie und stürmten nicht auf ihn zu. Asch atmete tief und heftig ein, als Männer mit Armbrüsten und Pistolen sich zu ihnen gesellten. Er wischte sich das Blut vom Gesicht und spuckte es weg. Jeder Teil von ihm war damit getränkt.
    Sie keuchten und beäugten die scharlachrote Vision vor ihnen, als hätten sie Ehrfurcht davor.
    Ein Soldat drängte sich zur vordersten Reihe durch; den Tätowierungen auf seinem Gesicht nach musste es ein Offizier sein. »Wer bist du?«, wollte der Mann wissen.
    Er klang ehrlich neugierig.
    Asch betrachtete den zerlumpten Haufen vor ihm. Armbrüste und Gewehre waren auf seinen Körper gerichtet. Die meisten wirkten verängstigt. Verängstigt und müde.
    »Senk die Waffe«, befahl der Offizier. »Sofort, oder du wirst sterben.«
    Asch dachte einen Augenblick über diese Worte nach, richtete sich auf und senkte sein Schwert. Irgendwo im Nachthimmel schrien Gänse. Er schaute auf, sah sie wegen all der Wolken aber nicht. Er spürte eine Brise auf seinem Gesicht; es war wie der Atem der Weltenmutter. Seine Miene entspannte sich.
    »Du solltest wissen«, sagte er und sah den Offizier an, während er sein Schwert in die Scheide steckte, »dass ich mir vorher das Leben nehme.« Bei all den Gewehren und Armbrüsten, die auf seine Brust gerichtet waren, tat er das Einzige, was ihm übrigblieb.
    Asch sprang.

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