Im Auftrag der Rache
Laune, zwackte Ché sie in den Rumpf, als er um sie herumtrat, und beantwortete die finstere Miene, die nun auf ihrem bärtigen Gesicht lag, mit einem kurzen Lächeln. »Du bist zu gut zu mir«, sagte er zu ihr, als er in das Wasser der langsam sich füllenden Wanne stieg. Er legte sich zurück und seufzte, während es allmählich stieg. Schnurri sah ihn böse an.
Er schloss die Augen. Sein Körper wurde im Wasser immer leichter. Die Haut brannte angenehm, und er hörte, wie die Frau ihre Ärmel hochrollte und sich neben ihn kniete. Ché stieß einen langen und tiefen Seufzer aus, als sie ihn mit einem Waschlappen aus rauer Haihaut und einem der Balsame einrieb, die ihm seine Mutter für seine kranke Haut aufgedrängt hatte. Methodisch bearbeitete sie den Ausschlag, der seinen Körper bedeckte, und irgendwann stöhnte er auf. Es war ein beinahe sexuelles Vergnügen, denn es verschaffte ihm Erleichterung von dem andauernden Juckreiz.
Dieses Leben hatte seine angenehmen Seiten, dachte Ché müßig. Eine davon bestand darin, immer dann ein heißes Bad zu bekommen, wenn er eines haben wollte. Das war nichts Geringes in einer Welt, in der die meisten Menschen schon zufrieden sein mussten, wenn sie sich in einem kalten Wasserbecken waschen konnten und Kopalblätter als Seife hatten.
Du verweichlichst , dachte er und fragte sich, was der alte R o ¯ schun-Meister Schebec von ihm halten würde, wenn er noch lebte und ihn jetzt sähe.
Schnurri säuberte die kleine Schnittwunde an seiner Stirn und deutete weder durch Gesten noch durch ihren Blick an, dass sie etwas darüber erfahren wollte. Als sie fertig war, rieb sie sich das Wasser von den Händen und ließ ihn allein in der Wanne zurück. Sein Geist war vom Lauf noch sehr klar. Er legte sich ein feuchtes Tuch über das Gesicht und atmete durch die schmiegsame Berührung hindurch. Als die Wirkung der Königlichen Milch allmählich nachließ, wurde er müde. Vielleicht hatte er sie ausgeschwitzt.
Ché gähnte und wusste, dass er bald einschlafen würde. Seine Gedanken trieben umher wie der Dampf im Zimmer, und er erlaubte ihnen in kleinen Dosen, sich auf die Bizarrerien der hinter ihm liegenden Nacht und auf das zu richten, was am nächsten Morgen geschehen würde.
Krieg , dachte er mit plötzlicher Nüchternheit. Morgen ziehe ich in den Krieg .
*
Ein Brief erwartete ihn auf dem Tisch neben der Wohnungstür, als er am Nachmittag aus seinem Schlaf aufgewacht war. Schnurri war in ihr Sklavenquartier im Keller des Gebäudes zurückgekehrt.
Er hasste Briefe. Sie brachten immer nur schlechte Nachrichten oder die Erinnerung an Verpflichtungen. Dennoch nahm er ihn an sich und öffnete ihn.
Ich hoffe, die neue Salbe wirkt. Komm und besuche mich, mein Sohn, Ich vermisse dich. Bitte komm.
Seine Mutter. Die Peitsche, die dafür sorgte, dass er seine Treue dem Orden gegenüber nicht verlor.
Ché hielt den Brief eine Weile in der Hand und wusste nicht, was er damit tun sollte. Am Ende zog er die Tischschublade auf und nahm ein weißes Blatt Papier sowie Stift und Tinte heraus. In sorgfältig gemalten Buchstaben schrieb er:
Liebe Mutter, ich muss morgen mit der Flotte abreisen. Nein, ich weiß nicht, wie lange ich weg sein werde. Ich werde an Dich denken, wie ich es immer tue.
Dein Sohn.
Er blies über die Tinte, bis sie trocken war, faltete das Papier vorsichtig und schrieb die Anweisung, dieser Brief möge seiner Mutter im Sentiatentempel zugestellt werden. Er ließ ihn dort zurück, wo Schnurri ihn sehen würde.
Einen Augenblick lang überlegte Ché, ob er Perlchen oder Schieferchen oder sogar beiden eine Einladung schicken sollte. Aber die jungen Frauen würden eine nicht unbeträchtliche Dosis an Vergnügungsnarkotika für den Abend erwarten und zur Bedingung machen, dass er an ihren Lastern teilnahm. Er hatte keine Lust, sich heute Abend zu berauschen. Eigentlich hatte er nie Lust dazu, denn er mochte es nicht, wenn sein Geist in diesem Zustand in unbekannte Regionen abschweifte.
Nein, es war besser, wenn er heute Abend allein hierblieb, damit er morgen früh frisch war. Außerdem war ein wenig Ruhe und Frieden durchaus so etwas wie Luxus. Er sollte ihn genießen, solange es noch möglich war.
Ché holte seinen ledernen Rucksack hervor und machte sich ans Packen. Er wollte es schnell hinter sich bringen, damit er sich danach richtig entspannen konnte. Ohne große Aufmerksamkeit stellte er einige Kleidungsstücke zusammen, aber als er an sein Bücherregal kam, hielt
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