Im Auftrag der Rache
Glaub hier auf Khos zu besiegen, wäre sein Ruf als bester General seiner Zeit gefestigt.
Sparus würde diesen Feldzug gewinnen, den er eigentlich nicht hatte befehligen wollen, doch er würde den Sieg nicht durch Hoffnung und Selbstgefälligkeit, sondern nur durch die Überlegenheit ihrer Planungen und Stärke erringen. Diesmal hatten sie eine Armee, die groß genug für diese Aufgabe war und dazu noch aus Veteranen und nicht aus nervösen jungen Rekruten bestand. Und er selbst war älter, weiser und viel besser als damals. Er hatte aus seinen Fehlern gelernt. Auf seine Anweisungen hin hatte die schwere Infanterie den Einsatz von Piken geübt, mit denen sie – hoffentlich – dem Feind überlegen war.
Dennoch war der Verlust so vieler Kriegszele im Sturm ein schwerer Rückschlag, noch bevor die eigentlichen Kriegshandlungen begonnen hatten.
»Ja, so ist es immer«, sagte er zu allen Versammelten, auch wenn er seine Worte hauptsächlich an Sascheen richtete. »Immer gibt es einen sorgfältig vorbereiteten Plan, der beim ersten Zusammenstoß mit der Wirklichkeit zerfällt. Das ist der Grund, warum wir uns stets auf das Schlimmste vorbereiten. Und warum wir mit dem auskommen werden, was wir jetzt haben, so wie immer.«
Sascheen kniff die schwarz umrandeten Augen zusammen. »Aber es muss doch auch irgendwelche guten Nachrichten geben, oder? Wir brauchen etwas, womit wir die Stimmung in der Armee heben.«
Sparus wandte kurz den Blick ab und betrachtete den weißen Strand hinter den Dünen. Dort unten herrschte das Chaos. Halb verrückte Zele liefen mit losen Zügeln Amok, sprangen über Waffenkisten und zerstreuten die Männer. Infanteriegruppen marschierten umher und suchten nach ihren Offizieren; noch immer kamen Überlebende die Küste entlang und stolperten wie Blinde durch den Sand. Sparus hatte noch nie einen Landekopf in solcher Unordnung gesehen.
Aber es hätte noch viel schlimmer sein können.
»Gute Neuigkeiten?«, hörte er sich selbst zu den anderen sagen und warf den Stecken, den er noch immer in der Hand gehalten hatte, in die Luft. »Wir leben noch, nicht wahr?«
Kapitel vierzehn
Ein Hinterhalt
Das Treffen des Generalstabs war vor kaum einer halben Stunde zu Ende gegangen – Glaub zählte die Minuten an seiner kostbaren Wasseruhr ab, während er an einem Becher mit lauwarmer Milch nippte –, als die Türen zum zweiten Mal an diesem Morgen aufgeworfen wurden und die Michinè in selbstgerechtem Zorn einmarschierten, während das Gold und die Diamanten an ihren Gliedern das Rascheln ihrer Seidenkleidung übertönten.
Chonas und Sinese befanden sich ganz vorn in der Menge; ihre bemalten Gesichter standen im blassen Kontrast zu dem Feuer in ihren Augen. Beim Anblick von General Glaub, der mit einem Becher Milch in der Hand hinter seinem Schreibtisch hockte, verlor Sinese jede Selbstbeherrschung.
»Das könnt Ihr nicht tun!«, schrie der Verteidigungsminister über den Tisch hinweg und schwang seinen Stock, als ob er Glaub damit prügeln wollte.
Glaub stellte den Becher auf der Tischplatte ab und winkte die Wachen an der Tür weg. »Das kann ich, und das habe ich getan«, sagte er mit ruhiger Stimme zu Sinese und erwiderte den aufgebrachten Blick des Mannes, ohne mit der Wimper zu zucken.
Chonas, der Erste Minister, trat vor und klopfte Sinese auf den Arm. Der Mann warf dem Ersten Minister einen kurzen, bösen Blick zu, senkte dann seinen Stock und wich heftig atmend zurück.
»General«, sagte Chonas, als er sich auf einen der Stühle vor Glaubs Schreibtisch setzte. Die Männer hinter dem Ersten Minister blinzelten überrascht, denn es gehörte sich nicht für einen Michinè, sich vor einem gewöhnlichen Sterblichen zu setzen, nicht einmal dann, wenn es sich um den Protektor von Khos handelte. Diese Handlung machte durchaus Eindruck auf Glaub. Er nickte dem gefasst wirkenden alten Mann zu, der nun vor ihm saß – dem Mann, den er schon seit mehr als zwanzig Jahren kannte und trotz aller Meinungsverschiedenheiten respektierte.
»Wie Minister Sinese bereits so richtig betonte, könnt Ihr Euren Plan nicht weiterverfolgen. Wir sind hergekommen, um Eure Befehle aufzuheben.«
»Aufgrund welcher Autorität?«
»Aufgrund der Autorität des Rates!«, fuhr Sinese ihn an und machte wieder einen Schritt auf ihn zu. »Oder habt Ihr etwa Euren Rang vergessen, Mann?«
Diese Worte trafen Glaub wie eine Ohrfeige, und er spürte, wie ihm das Blut ins Gesicht schoss. Der Rest der Michinè hielt sich bedeckt
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