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Im Auftrag der Rache

Im Auftrag der Rache

Titel: Im Auftrag der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Col Buchanan
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Reserven schaffen, die Ihr mitnehmt? Nein. Wir werden hier in Bar-Khos warten. Alle Kräfte, die wir erübrigen können, werden wir dazu einsetzen, Tume zu befestigen und zu halten. Wir graben uns ein und warten auf den Feind.«
    Glaub bewegte den Kiefer hin und her. »Wenn wir uns eingraben, werden wir alle tot sein, bevor die Verstärkung eintrifft. Aber wenn wir gegen sie kämpfen, verschafft uns das wenigstens etwas Zeit. Gute Güte, Mann! Die Matriarchin ist persönlich hergekommen. Begreift Ihr nicht, was das für eine Gelegenheit ist?«
    Chonas neigte den Kopf, als würde er nicht mehr zuhören. Wie auf ein Stichwort trat ein Mann aus der Versammlung der Michinè vor und näherte sich dem Schreibtisch. Er trug die steife, gebleichte Kleidung eines Rechtsgelehrten.
    »General Glaub«, verkündete der Mann, »darf ich Eure Aufmerksamkeit auf den Artikel Dreiundvierzig der Konkordanz richten? Zu jeder Zeit muss die Verteidigung des Schildes den Vorrang haben, wenn es um die Zuteilung von Kontingenten für offensive oder defensive Operationen geht .«
    »Wer ist dieser Mann?«
    »Ein Anwalt«, erklärte Chonas. »Wir waren der Ansicht, er könnte in der Lage sein, unsere Differenzen endgültig beizulegen, falls es nötig wird.«
    »Ein Anwalt?«
    »Was der Mann sagen will, ist das: Wir können uns weigern, Euch Schwarzpulver für Eure Kanonen zu geben, die Ihr ins Feld mitnehmen wollt. So steht es im Kriegsrecht.«
    Einen Augenblick lang war Glaub sprachlos. »Ihr würdet es zulassen, dass wir ihnen ohne Kanonen gegenübertreten?«
    »Wir hatten gehofft, dass Ihr ohne Kanonen erst gar nicht losziehen werdet.«
    Der Erste Minister sah Glaub unter seinen buschigen Brauen an. Er beugte sich vor und sagte ruhig und leise: »Ich kenne Euch, Marsalas. Ihr seid es leid, in Eurem Sessel hinter dem Schild zu sitzen und die ganze Zeit über nichts zu tun. Ihr wollt es ihnen heimzahlen für all die Leben, die sie uns genommen haben, und auch für Euren eigenen Vater, der im Ausland beim Kampf gegen sie gestorben ist. Ihr seht das als letzte Gelegenheit an, ihnen in einer offenen Schlacht zu begegnen und zu siegen. Aber das ist nur eine große Dummheit. Ich flehe Euch an, das einzusehen.«
    General Glaub lehnte sich zurück; die Wahrheit in den Worten des Ersten Ministers hatte ihn entwaffnet.
    Er neigte nicht zu Selbstzweifeln, aber einen Augenblick lang dachte er darüber nach, ob er in dieser Angelegenheit wirklich das Falsche tun wollte. Vielleicht hatte Chonas doch Recht, und er würde sie alle in den Untergang führen. Seit er vor einigen Stunden von der Invasion gehört hatte und jeder um ihn herum den Kopf zu verlieren schien, war er begeistert von dieser plötzlichen Entwicklung und der Gelegenheit, in den Kampf zu ziehen.
    Die Michinè sahen ihn finster an, während er jeden Einzelnen von ihnen betrachtete.
    Er begriff, dass es nicht nur ihre Angst war, die zu dieser Feindseligkeit ihm gegenüber geführt hatte. Er war der erste Protektor seit vierzig Jahren, der die vollen Rechte seiner Position unter den Bedingungen der Konkordanz erhalten hatte, jener jahrhundertealten Übereinkunft, die zwischen den Michinè-Herrschern und ihrem Militärkommandanten geschlossen worden war. Jetzt hatten sich die Gewichte ohne Vorwarnung verschoben. Da sich Invasoren auf khosischem Boden befanden, sollte Glaub eigentlich mit der Armee machen können, was er wollte, ohne dass ihm die Michinè reinredeten. Doch trotz der Ereignisse waren diese Hochwohlgeborenen uneinsichtig, was zu erwarten gewesen war, da sie nun in der Hackordnung allesamt degradiert worden waren. Und deshalb waren sie nun hier und versuchten, ihm seine Pläne auszureden, bevor er die Gelegenheit hatte, seine neue Macht richtig einzusetzen.
    Er dachte an die vielen Male, bei denen sie ihm Steine in den Weg gelegt und ihn davon abgehalten hatten, dem Feind ins Auge zu blicken, weil die Aufrechterhaltung des gegenwärtigen Zustandes für sie wichtiger war als die Beendigung der Belagerung. Er sah Chonas an. Der Blick des Michinè unter den buschigen, überhängenden Augenbrauen hinweg war sehr ernst.
    Ja, der Erste Minister mochte ein guter Mann sein, aber wenn es darauf ankam, war er einer von ihnen.
    Langsam stand Glaub auf. Er war größer als die Männer vor ihm – nicht an Statur, sondern an Bedeutung und Fähigkeit zum Handeln.
    »Ich werde nicht tatenlos zusehen, wie gute Menschen ans Messer geliefert werden. Mein Befehl steht. Wir marschieren im

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