Im Auftrag der Rache
Morgengrauen los.«
Er hielt die Hand hoch und verspürte einen Moment der Befriedigung, als sie alle wieder die Münder schlossen und verstummten. »Gollanse!«, rief er.
Sein alter Diener schlurfte an der Gruppe der Michinè vorbei und eskortierte einen Mann, der ebenfalls wie ein städtischer Rechtsgelehrter gekleidet war. Er trug eine lederne Umhängetasche unter dem Arm, und auf seinem scharf geschnittenen, klug wirkenden Gesicht thronte eine Brille.
»Meine Herren Minister, dies ist Charson Fay, mein eigener Anwalt. Wenn Ihr rechtliche Bedenken gegen meine Befehle hegt, dann bringt sie bitte vor ihm an. Er wird eine Akte darüber anlegen, so dass wir uns alle bei meiner Rückkehr vor Gericht wiedersehen können.«
Der General schloss die Schublade mit der Pistole wieder und umrundete den Schreibtisch. »Wenn Ihr mich jetzt entschuldigen wollt; ich muss meine Armee auf den Marsch vorbereiten. Ich wünsche Euch allen einen guten Tag.«
Glaub schritt aus dem Raum. Das unzufriedene Murmeln der anderen war Musik in seinen Ohren.
*
»Ist das wahr?«, rief jemand Bahm zu, als er durch die Tore des Kriegsministeriums vor die Menge trat, die sich dort versammelt hatte. Hinter ihnen erschallten Hörner aus der Waffenstation und riefen die Soldaten der Stadt herbei. Die Töne waren wie ein schwaches Jammern zwischen den Schlägen der fernen Kanonen. Jeder Hund in der Stadt schien zu bellen.
»Werden wir angegriffen, Bahm?«, fragte der Mann, der sich nun einen Weg durch die Menge bahnte. Bahm sah, dass es Koolas war, der Kriegsplauder o ¯ .
Bahm drückte sich ohne Kommentar an dem Mann vorbei, doch Koolas folgte ihm auf dem Pfad, der vom Berg der Wahrheit hinunterführte. Obwohl vom Meer eine kühle Brise herbeiwehte, schwitzte der Kriegsplauder o ¯ , denn der Mann war einfach zu schwer. Sein großer Bauch hüpfte unter dem Hemd auf und ab, als er mühsam mit dem schnellen Bahm Schritt hielt. Doch Koolas hatte noch genug Kraft, um während des Laufens ungläubig zu lachen und sich die schwarzen Locken aus dem Gesicht zu schieben, die so feucht waren, als hätte es geregnet.
»Dann stimmt es also!«
Bahm warf ihm einen finsteren Blick zu, hielt aber den Mund. Koolas verdiente seinen Lebensunterhalt damit, Neuigkeiten über den Krieg für die Kopierhäuser der Stadt und die Verkünder auf den Jammertürmen der Basare zu schreiben. Bahm wusste, dass sich diese Nachricht innerhalb einer Stunde wie ein Lauffeuer in der ganzen Stadt ausgebreitet haben würde.
Aber es war egal, dachte er, als sie zum Fuß des Berges kamen und in die Straße der Lügen einbogen. Die Hörner riefen zu den Waffen, und alle konnten sie hören. Die Stimmung auf der Straße schien bereits einer Panik nahe zu sein. Die Bewohner brüllten sich gegenseitig an, während sie versuchten, so schnell wie möglich nach Hause oder in ihre Stammkneipen zu gelangen. Mütter holten ihre Kinder von der Straße. Überall sah er Rotgardisten auf das Stadion der Waffen zulaufen, und auch die Molari, die alten Veteranen im Ruhestand, waren mit ihren staubigen Schilden und den langen, in Öltücher eingewickelten Chartas zum Stadion unterwegs.
»Komm schon«, sagte Koolas liebenswürdig zu ihm. »Es wissen doch bereits alle, dass wir in Schwierigkeiten stecken. Ich will nur ein paar Einzelheiten hören, damit die Fantasie nicht mit ihnen durchgeht. Was steht uns bevor? Ist es nur ein Überfall oder eine Invasion?«
Bahm hielt die Hand hoch und wollte eine vorbeikommende Rikscha anhalten. Der Träger rannte an ihm vorbei; seine Rikscha war leer. Bahm fluchte leise, als er sich nach einer anderen umschaute und es schließlich schaffte, eine anzuhalten.
»Olsonstraße«, sagte er rasch zu dem Träger, und bevor er in den Sitz kletterte, beging er den Fehler, einen letzten Blick auf Koolas zu werfen.
»Bei den Eiern des Narren«, rief Koolas aus, »ist es so schlimm?« Er klang entsetzt, und einen Augenblick lang erinnerte sich Bahm, dass Koolas mehr war als ein einfacher Plauder o ¯ , der auf eine Geschichte aus war. Er war ein waschechter Khosier, in dieser Stadt geboren und aufgewachsen, und er hatte Freunde und Familie hier, um die er sich sicherlich Sorgen machte.
Bahm sackte in seiner Uniform zusammen. »Einen Augenblick«, sagte er zu dem Rikscha-Träger und machte einen Schritt auf Koolas zu.
»Soweit wir bisher wissen, handelt es sich um eine Invasion.«
»Wie viele Soldaten? Welche Armee?«
»Die Berichte besagen, dass es die Sechste Armee
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