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Im Auftrag der Väter

Im Auftrag der Väter

Titel: Im Auftrag der Väter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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weshalb geschehen war.
    Im Rückspiegel noch einmal das Schloss, ein letzter Gruß aus Bleiburg.
     
    Ein Stück zurück Richtung Westen, Völkermarkt, Klagenfurt, Villach, erst da bekam der lange blaue Fluss auf der Landkarte und links der Autobahn einen Namen: Drau. An einer Raststätte vergewisserte sie sich. Dieselbe Drau, natürlich. Die Quelle irgendwo in Italien, durch Villach und an Bleiburg vorbei, durch Slowenien, an der kroatisch/ungarischen Grenze entlang, wenige Kilometer an Valpovo vorbei, durch Osijek, Mündung in die Donau.
    Bleiburg, Valpovo, Osijek am selben Fluss.
    Die Drau versöhnte sie mit Bleiburg.
     
    Dann der Karawankentunnel, ein unheimlicher, knapp acht Kilometer langer Schlauch zwischen Österreich und Slowenien. Die Karawanken, auch so ein merkwürdig belastetes Wort. Alfons Hoffmann hatte immer wieder von den Karawanken gesprochen, als er vom Frühsommer 1945 erzählt hatte. In den Karawanken gestellt, über die Karawanken geflohen. Morde in den Karawanken.
    Slowenien lag im Nebel.
    Bis Ljubljana Dutzende Baustellen, abwechselnd Autobahn, Landstraße, Autobahn, unendlich viel Verkehr. Der Mégane war alt, der mochte Slowenien gar nicht. An einer Tankstelle musste sie Öl und Kühlwasser nachgießen.
    Irgendwo kurz vor Kroatien dann auch der andere slawonische Fluss, die Save. Irgendwie war sie also fast schon da, dachte sie, die Drau in der Nähe, die Save in Sichtweite, tief im Binnenland Kroatiens verliefen sie dann parallel, umfassten das Land zwischen Save und Drau, in das sie unterwegs war, Slawonien.

23
    ZAGREB , DAS WAREN AUF DEN ERSTEN BLICK Hunderte Studenten, bunte alte Straßenbahnen, rätselhafte Schilder in einer fremden Sprache, Straßencafés und Andie McDowell für L'Oréal an einer heruntergekommenen Hausfassade. Auf den zweiten Blick kamen die realen Gesichter hinzu, viele attraktive junge Männer, viele attraktive junge Frauen, selbstbewusste Menschen, die sich im Chaos der engen, überlaufenen Stadt fast selbstzufrieden bewegten. Sie fand ein Hotel im Zentrum, bekam ein Zimmer auf eine Straße mit infernalischem Motorenlärm. Lärm, zahllose Graffiti, Gebäude von extremer Hässlichkeit, Jugo-Tristesse, auch das war Zagreb.
    Und eine fremde Währung, ungewohnt nach ein paar Jahren Euro: Kuna. Zum Glück leicht umzurechnen: 1  Euro gleich 7 , 16 Kuna.
     
    Den restlichen Nachmittag über ließ sie sich in der hereinbrechenden Dunkelheit treiben, genoss das Fremdsein, freute sich trotzdem, wenn sie eines der beiden kroatischen Wörter hörte, die sie kannte,
molim
oder
hvala.
Die Märkte schlossen, die Cafés füllten sich, immer mehr Autos, immer mehr Lärm. Neonschilder sprangen an, überfluteten die Stadt mit einer Orgie aus Farben, Biermarkenlogos an jeder Caféfassade, Bier schienen die Kroaten zu mögen, Bier, Handys und Zigaretten – kaum ein Mensch in einem der
Cafés, der nicht rauchte. Ein Café »Bonn«, das »o« in Herzform, eine Bar »Bavaria«. Und aus allen Türen und Fenstern Musik, Radio, soweit sie das beurteilen konnte, möglichst laut, aus allen Lokalen, Bars, Cafés, Geschäften, Wohnhäusern drang Musik. In einer Straße, die nur aus Cafés und Lokalen zu bestehen schien, stieß sie auf die Metallskulptur einer Dame mit Dutt und Regenschirm, die genauso selbstbewusst und selbstzufrieden dahinzugehen schien wie die Menschen. Ein paar Straßen, Treppen und Plätze weiter lehnte ein metallener Mann an einer metallenen Litfaßsäule, eine Mischung aus Freud und Lenin. Einmal regnete es für ein paar Minuten, dann hörte es wieder auf. In den Pfützen die Farben der Leuchtreklamen, die Dame mit Dutt glänzte jetzt am ganzen Körper. Irgendwann wurde ihr bewusst, dass sie zum ersten Mal seit Wochen für eine ganze Weile nicht an Antun Lončar und Carola gedacht hatte. Doch als sie wenig später vor einer Pizzeria stand, waren beide wieder da, Lončar vor ihr, Carola neben ihr, an ihrer Hand, dann stürzte Carola, und sie stürzte mit ihr.
     
    Am Morgen darauf ein Frühstück mit Anlaufschwierigkeiten in einem der vielen Cafés – zu essen gab es nichts, das holte man sich offensichtlich aus der Bäckerei, brachte es mit zum Kaffee, um sie herum saßen zahlreiche Menschen mit Papiertüten, aus denen undefinierbare Teigwaren ragten.
    »Hvala«,
sagte sie, als der Cappuccino kam.
    »Molim«,
sagte der Kellner.
    Der nächste Kulturschock, der Cappuccino war ein Instant-Cappuccino.
     
    Die Jurišićeva ging vom Hauptplatz ab, dessen Name die meisten

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