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Im Auftrag der Väter

Im Auftrag der Väter

Titel: Im Auftrag der Väter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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machst das gut, Jenny. Du schaffst das. Du hast es schon fast geschafft. Jenny Böhm sagte, ja, und dass sie am Nachmittag telefonieren und alles arrangieren würde. Krankenkasse, Therapeut, Oberberg, all das. Die Vertretung für die Pfarrstelle. Louise fragte, ob sie etwas tun konnte, helfen konnte, aber sie wusste, dass Jenny Böhm ablehnen würde, und so war es, ein weiteres gutes Zeichen.
    Ja, Jenny Böhm würde es wieder schaffen.
    Nicht für immer, aber für den Moment.
     
    Minuten später, kurz vor Marcels hübschem Vauban, rief Jenny Böhm wieder an. Was sie noch hatte sagen wollen, jetzt war es ihr wieder eingefallen. Der Mann auf dem Foto, du weißt schon, die Kopien, die vor dem Sofa auf dem Boden lagen heute Nacht. Sie glaubte, den Mann gesehen zu haben, als sie am Abend gekommen war. Er war in ein weißes Auto am Straßenrand vor dem Haus gestiegen.
    »Vor welchem Haus?«
    »Vor deinem.«
    »Vor
meinem?
«
    »Ja.«
    »Und das sagst du mir erst jetzt?«
    »Ich hatte es vergessen. Ich dachte doch nur an ... an ...«
    Louise nickte stumm. Wenn man nur ans Trinken dachte, verschoben sich die Prioritäten.
    Vor
ihrem
Haus. Plötzlich schossen ihr Tränen in die Augen. Wieder einen Fehler begangen, Bonì, hättest besser aufpassen müssen, hättest mitdenken müssen, verdammt. Du kennst ihn doch inzwischen!
    Vor
ihrem
Haus. Sie schlug mit der freien Hand aufs Lenkrad.
    »Ans Trinken«, vollendete Jenny Böhm.
    »Was für ein Auto?«
    »Ein weißes.«
    »Welche
Marke.
«
    »Ich weiß nicht. Irgendwas Älteres.«
    Sie nickte, dachte: vor
meinem
Haus. Falls Lončar wusste, wo die Niemanns untergekommen waren, hatte
sie
ihn dorthin geführt.
    Noch immer Tränen, das wollte kein Ende nehmen, Tränen der Angst und der Wut und ein wenig auch der Scham. Denk doch mit, Bonì!
    »Du musst aus meiner Wohnung raus.«
    »Was?«
    »Verschwinde aus meiner Wohnung, Jenny. Vielleicht taucht er in meiner Wohnung auf.«
    »Verflucht«, sagte Jenny Böhm.
    Sie vereinbarten, dass sie in ein paar Minuten, spätestens einer Viertelstunde anrufen würde. Dass sie in ein Hotel oder zu Freunden oder zu ihren Eltern gehen und sich regelmäßig melden würde.
    Louise hielt am Straßenrand, informierte Bermann und Alfons Hoffmann, dann rief sie Henriette Niemann an, wir müssen davon ausgehen, dass er schon weiß, wo Sie sind, Sie sollten weggehen, nehmen Sie verdammt nochmal Ihre
Familie, und lassen Sie sich von meinen Kollegen in eine andere Stadt bringen ...
    »Nein«, sagte Henriette Niemann, »und dabei bleibt es, und ich habe gehört, Sie kommen zum Abendessen, mögen Sie Kohlrabisuppe und Spaghetti Bolognese? Ich habe Kohlrabi im Garten gefunden.«
    »Um
Himmels
willen«, sagte Louise.
    »Das heißt wohl: ja.« Henriette Niemann beendete die Verbindung.
    Louise schloss die Augen, legte den Kopf aufs Steuer, er war also da gewesen, als sie vergangene Nacht heimgekommen war und ihn zu spüren geglaubt hatte, vielleicht nicht auf dem Gerüst, aber in einem weißen Auto vor dem Haus, hatte auf sie gewartet, war ihr vermutlich am Morgen des Brandes durch die Stadt und schließlich nach Hause gefolgt, oder schon an dem Abend, als sie ihn in Merzhausen fast erwischt hatten, war ihr dann zu den Niemanns nach Au gefolgt, heute oder schon gestern, nein, eher heute, weil sie gestern im Dienstwagen von Mats Benedikt gefahren waren, nicht in ihrem bunten Mégane.
    Eine der Möglichkeiten, die sie nicht in Erwägung gezogen hatten. Dass er jemandem folgen würde.
    Dass
sie
ihn zu den Niemanns nach Au führen würde.

17
    BOB MUSTERTE SIE KONZENTRIERT und schwieg. Bermann hob die Hände, sagte: »Verdammte Scheiße.«
    Bermann, Bob, Louise versuchten zu rekonstruieren, zu verstehen. Sie saßen im Büro des Kripoleiters im vierten Stock, Almenbroichs altem Büro, in dem sie ihn so gern besucht hatte. Sie hatten am Fenster gestanden und schweigend in den Regen geschaut oder auf Altstadt, Münster, Schlossberg in der Sonne, der alternde Kripoleiter und sein Sorgenkind. Nun also war dies Bobs Reich, ein funktionaler Raum, der keine menschlichen Momente mehr kannte, in denen sich die Anwesenden einander nahe fühlten, weil sie sich und dem anderen Schwächen, Erschöpfung, Verstörungen erlaubten. Stattdessen Zusammenkünfte à la Bob: Analyse, Informationsaustausch, Berichterstattung, Rechtfertigung. Gespräche, in denen die Hierarchie immer mitzudenken war.
    »Das ist doch eine verdammte Scheiße«, sagte Bermann.
    Antun Lončar heute am frühen

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