Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)
Stäbe seines Verschlags. »Das ist ungerecht!«, rief er. »Holt den Sklavenhändler! Diese Ungerechtigkeit muss aus der Welt geschafft werden.«
Der Sklavenhändler erschien. »Ich verstehe deinen Unmut, mein Freund«, hob er zu seiner Rechtfertigung an, »aber die Götter sind meine Zeugen, dass du und ich eine gültige Vereinbarung getroffen haben. Der Babylonier hat dich auf Treu und Glauben gekauft. Ich kann ihm nicht sein Geld zurückgeben und unseren Vertrag brechen. Das ist eine Sache zwischen dir und Jotham.«
Voller Verzweiflung wandte sich Elias an David. »David, du musst mein Haus für meine Familie zurückgewinnen! Bring Yehuda vor Gericht. Versprich es mir!«
Kurz darauf kam der Babylonier. Es war Zeit zum Aufbruch. David sicherte zu, er werde sich der Frauen in Elias’ Familie sowie der beiden Säuglinge annehmen – wie er das als Novize der Bruderschaft bewerkstelligen sollte, war ihm allerdings schleierhaft.
Als Elias ihm dann noch seinen Siegelring zur sicheren Verwahrung anvertraute, sagte er unendlich traurig: »Ich werde gut auf ihn achtgeben, verehrter Meister.«
Elias umarmte erst seine Mutter, dann seine Ehefrau, küsste beide. »Ich habe mich zwar in die Sklaverei verkauft«, sagte er, »aber ich hoffe, dass es nicht für immer ist. Ich werde mir die Freiheit erkaufen und irgendwann zu euch zurückkehren. Das gelobe ich.«
Worauf Avigail, die den zwei Tage alten Aaron in den Armen hielt, meinte: »Ach, mein Sohn, ich bin voller Kummer über die Trennung von dir. Und doch bin ich auch voller Freude darüber, dass ich meinen Enkelsohn in den Armen halte. Mein Sohn, verzweifle nicht. Baruch und Aaron sind der Beweis, dass die Götter mit uns sind. Diese Söhne verleihen mir Kraft und Mut, und solltest du Momente der Verzagtheit durchleben, dann denk an diese beiden Kleinen – sie sind uns von den Göttern geschickt als Botschaft, dass wir niemals die Hoffnung aufgeben dürfen.«
Weinend sahen sie mit an, wie Elias weggeführt wurde. Ungeachtet der Fesseln um Fußknöchel und Handgelenke folgte er seinem Besitzer hocherhobenen Hauptes und mit dem stolzen Gang, den man seit jeher an ihm kannte.
Gemeinsam erwarteten sie die Ankunft von Jotham – Avigail und Hannah, Leah und Esther und Saloma. Sie hatten keine Ahnung, was er jetzt, da ihm das gesamte Anwesen gehörte, vorhatte. David konnte an der Zusammenkunft nicht teilnehmen; er war ins Haus eines Bäckers gerufen worden, für den er ein Testament aufsetzen sollte.
Zu Avigails Verblüffung erschien nicht Jotham, sondern Zira. Mit starrem Gesicht und ohne Elias’ Frauen eines Grußes zu würdigen, rauschte sie an ihnen vorbei, so als wären sie gar nicht da, inspizierte die Räumlichkeiten der Villa, warf überall einen Blick hinein, auch in die Truhen und Kisten, stöberte in den Kleidern an den Haken herum, nahm dies und jenes zur Hand, um es sich genauer anzusehen, beschnüffelte leere Parfümflaschen, stieß abgetragene Sandalen beiseite.
Welche Demütigung, dachte Avigail.
Zurück in der Empfangshalle, hob Zira die lange schmale Nase. »Ihr werdet eure Bettkammern räumen«, sagte sie, »sie sauber machen und für neue Bewohner bereitstellen.«
»Neue Bewohner?«, fragte Avigail ungläubig.
»Mieter. Wir werden das Haus vermieten.«
»Bei Asherah, warum tust du uns das an?«
»Mein Bruder braucht das Geld. Er investiert in ein Eisenverhüttungswerk und hat sich durch den Ankauf von Elias’ Schuldscheinen fast völlig verausgabt.«
»Mein Sohn hat alles zurückbezahlt, bis auf das letzte Kupfer, so schwer es auch war!«
»Kann er auch das hier bezahlen?« Aus den Falten ihres Gewands zog Zira den gefälschten Wechsel über das zehnmal höhere Goldgewicht des Bankdarlehens.
»Du weißt genau, dass er das nicht kann. Mein Sohn …« Avigail brachte es nicht über sich, es auszusprechen. Elias, in Ketten abgeführt …
»Dann gehört das Haus dem Gesetz nach mir. Ich selbst werde es jedoch nicht bewohnen; es soll vermietet werden. Möglich, dass ich bereits einen Interessenten habe. Ihr werdet dann seine Dienerinnen sein.«
»Dienerinnen!«, rief Avigail. Sie tippte sich ans Kinn. »Wir sind keine Dienerinnen.«
»Als Habiru, die ihr seid, taugt ihr nicht zu mehr. Es sei denn, ihr zieht es vor, unverzüglich zu gehen – und zwar alle.« Sie blickte von Avigail zu Leah, zu Hannah, Esther und Saloma, die beide Babys auf dem Arm hatte. »Ihr könnt auf der Stelle das Haus verlassen, so wie ihr seid, und euer Glück
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