Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)
uns!«
»Verkauft!«, rief der Sklavenhändler und deutete auf den Babylonier. »Für fünf Gewichte Gold. Die Götter sind hocherfreut.«
»Asherah!«, jauchzte Leah, als das Neugeborene in ihre Hände glitt. »Es ist ein Junge! Die Segnungen der Götter seien mit dir, Saloma. Du hast unserem Vater einen Sohn geschenkt!«
Wo Yehuda nur blieb? Nervös trippelte Zira zwischen dem Dunkel draußen und der Helligkeit im Hause hin und her. Ein warmer Abend senkte sich über Ugarit, im Hafenbecken spiegelten sich die Lichter der Stadt. Musik stieg zu den Sternen empor, die Aromen manch kulinarischer Köstlichkeit, die Düfte aus vielen Gärten und die Parfüms von Liebespärchen erfüllten die Nacht. Zira war indes nicht in Stimmung, dies zu genießen. Sie wartete ungeduldig auf die Rückkehr ihres Sohnes.
Als er das Zimmer betrat, eilte sie auf ihn zu. »Und? Wie steht es um ihn?«
»Der König ist wieder gesund.«
»Im Ernst?«
»Die Behandlung, wie sie von David dem Schriftgelehrten und einer von Elias’ Töchtern bei ihrem Besuch im Palast vorgeschlagen wurde, war erfolgreich. Die Erstickungsanfälle des Königs hörten auf und haben sich seither nicht wieder eingestellt.«
»Warum im Namen Dagons und Baals hast du sie zum König vorgelassen?« Ihre Stimme überschlug sich fast.
Yehuda presste die Lippen zusammen. Ja, da hatte er sich ins eigene Fleisch geschnitten. Er war sich so sicher gewesen, dass ägyptische Heilmethoden wirkungslos waren. »Ich war ja dagegen«, redete er sich heraus, »aber die Priester und die königlichen Ärzte bestanden darauf, den beiden zu gestatten, ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Und sie hatten Erfolg damit.«
Sie musterte ihren Sohn. »Wie ist der jetzige Gesundheitszustand des Königs?«
»Shalaaman hat sich bemerkenswert gut erholt.«
»Bei Dagon!«, schrie sie und sprang auf. Wie war das nur möglich? Sie hatte so fest damit gerechnet, dass der König noch vor dem nächsten Vollmond sterben würde, dass sie vor ihren Freundinnen geprahlt hatte, das nächste Mal könnten sie sie im Palast besuchen.
Wie man jetzt über sie spotten würde!
»Eine von Elias’ Töchtern?«, fragte sie. Das konnte nur Leah sein, das Mädchen, das sie und ihren Bruder vor zwei Jahren beleidigt hatte!
Ein kalter Windhauch verscheuchte die Wärme, den Duft dieses Abends, ließ Ziras bereits kaltes Herz noch mehr erkalten.
Das wird ihnen noch leidtun …
»Es gibt eine Tafel«, sagte sie zu ihrem Sohn, »es ist der Vertrag für ein Darlehen, den dein Onkel von der Bank erworben hat. Weißt du davon?«
»Ich kenne ihn.« Yehuda selbst hatte Jotham von der Existenz dieser Vereinbarung berichtet.
»Mein Bruder hat der Familie des Elias bereits einen Wechsel vorgelegt. Ich möchte einen weiteren ausstellen.«
Yehuda hob eine Braue.
»Stell keine Fragen«, schnappte Zira. »Schaff mir dieses Dokument herbei. Und hol dein Schreibzeug. Avigail Em Elias soll Zira Em Yehudas Macht in vollem Umfang zu spüren bekommen.«
Am nächsten Morgen – Avigail entzündete vor dem Hausschrein kostbaren Weihrauch, um Asherah für einen weiteren Sohn zu danken – wurde die Tafel überbracht. Enthielt sie vielleicht die gute Nachricht, dass der Verkauf von Elias an den Babylonier fehlgeschlagen war, dass seine Freunde das Geld für ihn aufgebracht und ihn somit gerettet hatten? Sie erhoffte sich alles Mögliche, nur nicht das, was auf der Tafel stand. »Das ist ein Wechsel«, sagte der eilends gerufene David, kaum dass er von Xylus’ Aprikosenplantage im Süden zurückgekehrt war.
»Wie kann das sein? Elias hat unsere gesamten Schulden beglichen. Das Geld aus seinem Verkauf wurde Jotham vom Sklavenhändler übergeben. Es muss sich um einen Irrtum handeln.«
David sah sich die Tafel ganz genau an. »Nein, das ist kein Irrtum. Dies hier ist die Aufforderung, das Darlehen, das Elias von der Bank erhalten hat, zurückzuzahlen. Aber …« Er sah Avigail an. »Dürfte ich einen Blick auf die Ausfertigung der Vereinbarung werfen, die deinem Sohn übergeben wurde?«
Nachdem Avigail das Gewünschte aus Elias’ Büro geholt hatte, verglich David die beiden Dokumente und befand sie für übereinstimmend.
Mit einer Ausnahme.
»Hier«, sagte er und deutete auf ein Zeichen in Keilschrift auf Elias’ Ausfertigung des Darlehensvertrags, »hier steht, wie viel Gold sich Elias vom Haus des Goldes geliehen hat. Es ist in Gewicht angegeben. Der Wechsel, das bei der Bank verbleibende Dokument für
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