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Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Titel: Im Auge der Sonne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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in den Straßen von Ugarit versuchen.«
    Avigail schloss die Augen. Jericho, die Streitwagen, die Flucht aus ihrem Haus mitten in der Nacht. Ihre Mutter, niedergemäht wie Weizen. Der lange, beschwerliche Marsch nach Norden.
    Nein. Nicht noch einmal. Dieser Tortur werde ich meine Enkelinnen und die Babys nicht aussetzen. Wir können dieses Haus unmöglich aufgeben. Es gehört uns. Und mit der Hilfe der Götter wird es mir gelingen, es zurückzubekommen.
    Sie senkte den Kopf.

    Als David die Villa erreichte, half Leah bereits ihrer Großmutter und den anderen, ihre Habe in den leerstehenden Sklaventrakt zu schaffen, den Zira ihnen zugewiesen hatte.
    Als sie ihn erblickte, stürzte sie auf ihn zu. Er schloss sie in die Arme und küsste sie innig. Mit feucht schimmernden Augen schaute er sie an, strich ihr übers Haar. »Ich habe meinem Bruder in Lagasch geschrieben und ihn um Geld gebeten. Ob er welches schickt oder wie viel, weiß ich nicht, aber wenn es eintrifft, gehört es dir, Leah, der gesamte Betrag. Und alles, was ich als Schriftkundiger verdiene, geht ebenfalls an dich.«
    Als Novize in der Bruderschaft schob man ihm die undankbaren und unbeliebten Aufträge zu. Nach Ablauf eines Jahres jedoch würde er ein offiziell zugelassener Schriftgelehrter mit allen Rechten und Privilegien sein, konnte sich seine Kunden aussuchen und ein eigenes Geschäft eröffnen. Und dann, dachte er im Stillen, würde er endlich Leah bitten können, ihn zu heiraten.
    »Aber möglicherweise ist Geld von meinem Bruder gar nicht nötig.« Er grinste. »Leah, ich habe eine wunderschöne Überraschung für dich. Wir sollen vor dem König erscheinen! Liebste, ich glaube, er will sich dafür, dass wir ihm das Leben gerettet haben, erkenntlich zeigen.«
    Augenblicklich wandte sich Leah an Avigail. »Gib die Hoffnung nicht auf, Großmutter«, sagte sie. »König Shalaaman ist bekannt für sein Mitgefühl und seine Güte. Sollte er mich fragen, was ich mir als Belohnung wünsche, werde ich ihn bitten, dass wir unser Haus zurückbekommen. Er ist ein kluger Mann, Großmutter, er wird sich sagen, dass sein Leben sehr viel wertvoller ist als nur ein Haus! Sprich ein Gebet!«
     
    Sie standen vor dem König, in einem Raum, der Privataudienzen vorbehalten war. Neben Shalaaman, der in schlichtes Weiß gewandet und mit einem schmalen Goldreif bekränzt war, hatten sich Priester versammelt, Ärzte sowie mehrere königliche Ehefrauen. Obwohl sich seine Gesichtsfarbe gebessert hatte, machte er auf Leah noch immer einen geschwächten Eindruck.
    »Im Namen der Götter von Ugarit«, sagte König Shalaaman in schleppendem Tonfall, »danke ich euch, dass ihr das Leben eures Herrschers gerettet habt. Die Götter möchten euch dafür belohnen. Tragt also eure Wünsche vor.«
    David sprach als Erster. »Euer Majestät, ich bitte lediglich darum, der Bruderschaft unter Umgehung des einjährigen Noviziats als vollwertiges Mitglied beitreten zu dürfen.«
    Der König besprach sich mit seinen Beratern, darunter dem missmutig aussehenden Yehuda, und sagte dann: »Ich gewähre dir ein verkürztes Noviziat, David von Lagasch. Weil du deinem König zu Hilfe gekommen bist, brauchst du nur sechs Monate zu dienen; danach wird dir die volle Mitgliedschaft zuerkannt.«
    »Und ich, Ehrwürdiger Herrscher«, sagte Leah, als sich der König ihr zuwandte, »bitte darum, dass unser Haus meiner Familie zurückgegeben wird.« Ihr Herz pochte wie wild, als sie Yehudas verschatteten Blick auf sich ruhen fühlte.
    Shalaaman beriet sich erneut, um dann Leah großherzig anzulächeln. »Als ich zu ersticken drohte, vernahm ich eine Stimme, eine ruhige und schmeichelnde Stimme, die den Dämon aus mir herauslockte. Du bist eine Dämonenbetörerin, Leah Isha Caleb, die Götter haben dich geschickt, um Ugarits Monarchen zu beschützen. Deshalb ist es uns eine Freude, Leah Isha Caleb, dir eine größere Belohnung zukommen zu lassen als nur ein Haus – nämlich die Freude, deinem Monarchen zu dienen. Von heute an wirst du im königlichen Palast wohnen, um deinem Herrscher jederzeit beizustehen. Die Götter haben gesprochen.«
    Völlig überrascht starrte Leah den König an. Sie sah sein großherziges Lächeln, seine erwartungsvolle Haltung. Ihr Blick glitt von Shalaaman zu den einflussreichen Männern, die seinen Thron umstanden. Sie bemerkte den Anflug eines Lächelns um Yehudas Lippen. Ihr wurde bewusst, dass ein Wunsch, den der König äußerte, keinen Widerspruch duldete. Da sie noch nie

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