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Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Titel: Im Auge der Sonne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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den Ausläufern der Berge hinzog, und dort sah sie Kinder und alte Männer und Frauen, die über Kochstellen in Töpfen herumrührten. Gefangene? Sie wusste ja, dass Thutmosis Flüchtige und Wüstenbewohner und jeden, der kein Heim besaß, zusammengetrieben hatte, auf dass sie in Ägypten neue Bauwerke für den Pharao errichteten.
    Vor einem Zelt, größer als die übrigen, das aus leuchtend blauem Material gefertigt und von schwerbewaffneten Wachen umstellt war, blieb der Offizier stehen und bedeutete ihr zu warten, um sie gleich darauf mit ausgestreckter Hand in einem Ton zu rufen, der wie ein Befehl klang.
    Als Leah ihm andeutete, dass sie seine Sprache nicht verstehe, zerrte er an dem Riemen ihrer Tasche, die sie quer über Schulter und Brust trug. Sie überlegte kurz, ob sie sich wehren sollte, hielt es dann aber für besser, sich zu fügen, und übergab ihm die Tasche mit den Tontafeln und ihren anderen Schätzen.
    Er verschwand im Zelt. Leah nutzte seine Abwesenheit, um sich umzusehen – bot sich etwa eine Möglichkeit zur Flucht? Aber um das große Zelt und auf der freien Fläche davor waren jede Menge Wachen in besonderer Rüstung postiert. Welch hochrangige Persönlichkeit mochte sich in diesem Zelt aufhalten? »Gnädige Asherah«, flüsterte sie. »Beschütze mich.«
     
    David und Nobu waren seit zehn Tagen unterwegs, hatten zwischendurch nur kurz Rast gemacht, um zu schlafen, rasch etwas hinunterzuschlingen und den Pferden eine Ruhepause zu gönnen. Je näher sie auf Har-Megiddo zugeritten waren, desto mehr Flüchtlinge waren ihnen entgegengekommen. Als sie einen Landstrich namens Galiläa durchquerten, waren ihnen ganze Familienverbände begegnet, die sich mit ihrer gesamten Habe auf der Flucht vor der Armee des Pharaos befanden. Nach dem Durchqueren eines Flusses hatten David und Nobu dann den Rauch von gut und gern tausend Lagerfeuern erblickt, und jetzt saßen sie auf einem kleinen Hügel, der sich über einem Plateau erhob, und schauten erschüttert auf ein Megiddo – diese uralte, berühmte und reiche Stadt –, das lichterloh brannte. Sie sahen durch den rauchgeschwängerten Dunst ägyptische Soldaten durch die Stadttore drängen. Sie beobachteten, wie die Plünderung des hochherrschaftlichen Megiddo vonstatten ging, als die Meute der Soldaten mit edlen Pferden, goldenen Statuen und Frauen, die sie sich wie Kornsäcke auf die Schultern geladen hatten, abzogen.
    »Meister«, sagte Nobu. »Mir schwant nichts Gutes. Sämtliche Handelsrouten treffen hier zusammen. Und jetzt ist alles in ägyptischer Hand!«
    David antwortete nicht. Er musste daran denken, dass Ugarit ebenfalls eine Drehscheibe wichtiger Handelsrouten war und dass Ugarit obendrein über einen bedeutenden Hafen verfügte. Um wie viel begehrenswerter diese nördliche Stadt sein musste. Pharao Thutmosis gab sich mit Megiddo bestimmt nicht zufrieden.
    Auch Nobus Gedanken drehten sich um Ugarit. Seit ihrem Aufbruch machte er sich ständig Sorgen um Esther. Ging es ihr gut, oder hatte Zira sie bereits als Sklavin verkauft?
Sobald wir zurück sind, werde ich zu ihr gehen, und wenn sie nicht da ist, werde ich mich auf die Suche nach ihr machen

bis ans Ende der Welt, wenn es sein muss.
    Sie ritten den Hügel hinunter bis zur westlichen Begrenzung des riesigen Lagers, wo eingezäunte Schafe und Ziegen grasten. Dort stiegen sie ab, legten ihre beste Kleidung an, und David streifte sich seinen königlichen Siegelring über den Finger. »Wir müssen Leah finden«, sagte er, ohne sich vorstellen zu können, wo sie inmitten dieses Durcheinanders und Menschengewirrs damit anfangen sollten. »Weit kann sie nicht sein. Sie dürfte gestern, vielleicht auch erst heute Morgen hier eingetroffen sein.«
    Als sie ihre Pferde durchs Lager führten, sahen sie Menschen unterschiedlicher Völker mit fremdartiger Kleidung, und alle möglichen Sprachen drangen an ihr Ohr – ein Beweis für das weitgespannte Netz des Pharaos.
    »Wir müssen das Hauptlager des Königs finden«, sagte Nobu, der mit wachsender Verzweiflung mal hierhin, mal dorthin spähte. Wie gedachte der Pharao die Kontrolle über eine derart zusammengewürfelte Menge zu wahren?
Wie sollen wir da Leah finden? Tage, ja sogar Wochen kann das dauern! Und inzwischen wird die arme Esther in die Sklaverei verkauft …
    »Da oben«, sagte David und deutete über einen kleinen Fluss hinweg. »Das muss das Militärlager sein. Diese Leute hier sind Gefangene.«
    Nachdem sie den schlammigen kleinen

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