Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Titel: Im Auge der Sonne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
Vom Netzwerk:
wollte. Es war nicht nur, weil sie Sehnsucht nach ihnen hatte – eine kaum noch zu bezähmende Sehnsucht! –, sondern weil sie sie dazu bringen wollte, ihre schutzlose Villa, an der alle Wege aus dem Süden vorbeiführten, zu verlassen und sich in der Stadt eine Unterkunft zu suchen, bis die ägyptische Bedrohung vorbei war.
    Auf Zehenspitzen schlich Leah aus ihrem Alkoven in der königlichen Bettkammer über geheime Flure, hielt zwischendurch inne, um zu lauschen, ob auch niemand ihre Flucht bemerkte. Sie wollte die Strecke bis zur Villa im Dauerlauf zurücklegen, ihr Herz würde ihren Füßen Flügel verleihen. Sobald sie ihre Familie gesprochen und die achtzehn Tafeln an einem sicheren Ort verwahrt hatte, wollte sie herausfinden, wie sie David eine Nachricht zukommen lassen konnte. Allein schon um ihn zu fragen, warum er ihr niemals geschrieben, warum er keinen ihrer Briefe beantwortet hatte.
    Die Schatten, die sich aus einer Türöffnung lösten, bemerkte sie in ihrem Eifer nicht und hörte auch nicht, wie sie sich verstohlen näherten. Als sich eine große Hand über ihren Mund legte, versuchte sie zu schreien, aber die Hand presste sich zu fest auf ihre Lippen, und gleichzeitig packte sie ein starker Arm um die Mitte und quetschte ihr den Atem ab. Als ihr Entführer sie hochhob, keilte sie mit den Beinen aus. Sie gewahrte einen zweiten Mann, versuchte, ihm mit dem Fuß einen Tritt zu versetzen.
    Sie sah die Faust. Sah sie auf sich zukommen. Spürte einen dumpfen Schlag, dann wurde es um sie herum schwarz.

    Bei Tagesanbruch wurden alle Bewohner im Haus des Goldes sowie im königlichen Palast vom Aufruhr geweckt.
    Der König war außer sich. Die zwei kleinen Prinzen waren entführt worden – und seine Dämonenbeschwörerin!
    Es war aber auch zu einfach gewesen. Der Zeitpunkt zu perfekt gewählt. Die Zielpersonen zu leicht ausfindig zu machen. Erst als man die leeren Betten entdeckte, war das dreiste Verbrechen offenkundig geworden. Die Berater des Königs vermuteten sofort, dass dies das Werk von Ägyptern war. Eilig wurde ein Suchtrupp losgeschickt, aber niemand wusste, wo genau die Entführten sein mochten.
    Als David von dem Vorfall hörte, keimte ein dunkler Verdacht in ihm auf. Er überlegte, woher die Entführer so genau hatten wissen können, wo die Prinzen zu finden waren. Und warum hatten sie Leah entführt? Wer, so fragte sich David, wusste denn, welche Bedeutung sie für den König hatte. Schlagartig wurde ihm klar, wer tatsächlich dahintersteckte.
    »Wo ist sie?«, brüllte er, als er in Yehudas Gemächer stürmte, in denselben Raum, in dem er sich einst mit dem alten Rab getroffen hatte. »Wohin hat man sie gebracht?«
    Yehuda sah nicht von seinem Frühstück – Haferbrei mit Honig, Brot und Ziegenmilch – auf. »Wie kommst du darauf, dass ich das weiß?«
    David ließ die Faust auf den Tisch krachen, dass die Schüsseln schepperten. »Du weißt alles, was in dieser Stadt vor sich geht! Also, wo ist sie?«
    Yehuda trank seelenruhig die Milch, betupfte sich anschließend die Lippen mit einem Tuch und hob erst dann den Blick. »Natürlich weiß ich es nicht genau, das habe ich auch dem König so gesagt. Aber da es dich derartig zu interessieren scheint: Sie sind mit ihr wohl nach Süden gezogen, in das Lager des Pharaos, auf ein Plateau namens Har-Megiddo. Allerdings«, fügte er hinzu, »rate ich dir davon ab, ihre Spur zu verfolgen. Der König hat bestimmt, dass jeder körperlich einsatzfähige Mann in Ugarit, der das zwölfte Lebensjahr vollendet hat, in die Armee einzutreten hat. Ab sofort darf kein Mann die Stadt verlassen; wer sich dem widersetzt, wird als Deserteur hingerichtet.«
    David machte kehrt und eilte hinaus. Yehuda, der von vornherein gewusst hatte, dass David seinen Rat nicht befolgen, sondern sich auf die Suche nach Leah machen würde, widmete sich lächelnd wieder seinem Frühstück.
     
    Auf dem Pferdemarkt außerhalb der Stadtmauern erstanden sie zwei schnelle Stuten sowie zwei Packtiere.
    »Meister«, erhob Nobu Einspruch. »Wenn wir ohne Erlaubnis losziehen, wird uns der König nachstellen und uns als Deserteure einen Kopf kürzer machen. Und wenn nicht, dürfen wir uns in Ugarit nie wieder sehen lassen. Überleg dir also gut, worauf du dich einlässt!«
    David erwiderte nichts darauf. Rasch verstaute er ihr Gepäck auf einem Pferd, streifte sich dann alles an Gold und Edelsteinen von seinen Armen und der Stirn, zog auch seinen Siegelring aus Karneol vom Finger und

Weitere Kostenlose Bücher