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Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)

Titel: Im Auge der Sonne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Anliegen vorgetragen hatte, ließ er sie ein und schloss wieder das Tor.
    Sie meinte ihren Augen nicht zu trauen. Hinter den schlichten hohen Mauern von Nefer-Merits Haus verbarg sich ein atemberaubendes Paradies. Dass die ägyptischen Gärten die schönsten überhaupt seien, davon hatte Avigail bereits gehört, diesen Berichten aber, da sie Ägypter nun mal für schmutzig und grob hielt, keinen Glauben geschenkt. Auch der ägyptische Winzer und seine Frau, die auf Etikette und Sauberkeit geachtet hatten, waren für sie untypische Ausnahmen gewesen. Jetzt aber, da sie mitten in diesem großen, üppig blühenden und herrlich anzusehenden Garten stand, fragte sie sich, ob sie die Ägypter nicht vielleicht unterschätzt hatte.
    Das aufwendig gestaltete rechteckige Bassin war mit klarem Wasser gefüllt, in dem sich farbenprächtige Fische tummelten und auf der Oberfläche Seerosenblätter schwammen. An den Rändern erhoben sich majestätischer Schilf und Papyrus. Laubbäume waren so gesetzt, dass sonnenbeschienene Flecken sich mit schattengesprenkelten abwechselten. Saftige Früchte reiften an den Zweigen, der Boden war mit Blütenblättern übersät, im Laubwerk schwirrten rote und blaue Vögel mit prächtigen Schwanzfedern herum. Der Duft von Weihrauch und Parfüm hing in der Luft, in die sich der süße Klang von Musikinstrumenten mischte.
    Das Erstaunlichste aber waren die Menschen – Männer, die sich auf Liegen räkelten und von bildhübschen Frauen bedient wurden. Zu ihrem Entsetzen bemerkte Avigail, dass sie nicht alle Essen und Wein servierten, sondern dass auch viel liebkost und geküsst wurde. Und geradezu empört war sie, als sie im Schatten einer Tamariske einen nackten Mann sah, der sich mit vier Frauen verlustierte.
    Rasch wandte sie den Blick ab und fragte sich, wie sie in diesem Garten der Ausschweifungen den gesuchten Faris ausfindig machen sollte. Obwohl viele der Kunden nackt beziehungsweise halbnackt waren, fiel ihr schließlich ein voll bekleideter Mann auf, der sich im Schatten einer Sykomore auf einer Liege ausgestreckt hatte und mit beiden Händen irgendwelchen Leckerbissen zusprach. Von der Beschreibung her, die sie erhalten hatte, musste dies der Gesuchte sein, hatten die beiden Anwälte ihn doch zudem als zügellosen Freigeist bezeichnet, dessen röhrendes Gelächter eine Schneelawine auf dem Berg Libanon auszulösen vermochte.
    Zwei junge Mädchen, die nicht mehr als Armreifen und Ketten und lange schwarze ägyptische Perücken trugen, hatten die Arme um seinen mächtigen Leib geschlungen und streichelten ihm unter katzengleichem Schnurren Leiste und Schenkel. Sie bedachten Avigail mit einem belustigten Blick, als sie sich näherte und fragte, ob sie ihn sprechen dürfe.
    Faris biss herzhaft in ein fettes Hammelkotelett und musterte sie von oben bis unten. Seine ungewöhnlich langen und dichten Wimpern ließen ihn fast feminin wirken, wäre da nicht der schwindende Haaransatz gewesen und der Schatten auf seinem Kinn. Er schien weder über die Störung ungehalten zu sein noch darüber, dass diese Frau, die eindeutig nicht hierhergehörte, ihn ansprach. Pflegte er etwa seinen Geschäften immer in dieser Umgebung nachzugehen? »Wer schickt dich?«
    Avigail bemühte sich, das betrunkene Gelächter und die Beischlafgeräusche aus nächster Nähe nicht zur Kenntnis zu nehmen. »Zwei Anwälte aus dem Hof des Hauses des Goldes.«
    Er grinste. »Ja, ja, ich bin kein unbeschriebenes Blatt unter Anwälten oder bei den Gerichten. Auch die Richter kennen mich gut!« Er brach in schallendes Gelächter aus. »Trag mir dein Problem vor.«
    Avigail schilderte ihre Situation, und als sie Jotham und Zira erwähnte, bellte er trocken auf. »Diese beiden! Ein schleimiges Schlangenpaar. Sie wollen dich und deine Familie also in die Sklaverei verkaufen.«
    »Kannst du mir helfen?«
    Faris schüttelte den Kopf. »Rufe die Götter an, gute Frau, denn kein juristischer Rat der Welt kann dich retten. Gegen Zira kann man nicht gewinnen. Sie und ihr Bruder sind zu mächtig. Die Vettel und ihr Bruder haben hier in Ugarit auch die Richter im Griff. Der älteste dieser Richter, Uriah, würde definitiv gegen dich stimmen, schon weil Yehuda brisante Informationen über ihn hat. Mit einer gerechten oder unvoreingenommenen Anhörung kannst du nicht rechnen. Die Richter hätten bereits gegen dich entschieden, noch ehe du vor ihnen erscheinst. Die Götter mögen mir verzeihen, aber ich bedaure.«
    Trotz seines groben Auftretens

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