Im Auge der Sonne: Roman (German Edition)
Frau meines Herzens, und keine Gesetze oder Traditionen werden mich von dir fernhalten.« Er küsste sie wieder lange und zärtlich, dann immer begehrlicher. Nur zögernd gab er ihre Lippen frei, um zu sagen: »Die Welt verändert sich, Leah. Das wird mir jetzt, da wir Zeugen der größten Staatsmacht auf Erden sind, bewusst. Keine Armee ist größer als die des Pharaos. Er wird nach Ugarit marschieren und dann weiter nach Babylon und damit das Ende der alten Ordnung einläuten.«
»Ich liebe dich«, flüsterte sie. Als David sich zu einem weiteren Kuss über sie neigte, hörten sie Schritte und Keuchen, gleich darauf wurde die Tür zu der Treppe aufgestoßen, und Nobu stürmte aufs Dach.
»Du hattest recht, Meister!«, platzte er heraus. »Dieser Palast ist hermetischer verschlossen als der Arsch dieses verdammten Obersten Arztes!«
Davids Blick verdüsterte sich. »Morgens, wenn sich die Tore des Palasts öffnen, dürfte reges Kommen und Gehen herrschen – Besucher, Kundschafter, Generäle und Diplomaten, die alle vom Pharao angehört werden wollen. Dann können die Wachen unmöglich jede Tür und jedes Fenster im Auge behalten. Das sollte uns eine Gelegenheit bieten, hier rauszukommen.«
Nobu hatte Brot und Oliven mitgebracht, Feigenkuchen, Mandeln und Käse. »Ich geh jetzt wieder runter, Meister, und bewache die Treppe«, sagte er, musste dabei aber so heftig gähnen, dass klar war, wie schwer es ihm nach dem hinter ihnen liegenden Zehntageritt und den unangenehmen Überraschungen heute fallen würde, gegen den Schlaf anzukämpfen.
Als er gegangen war, bot David Leah etwas zu essen an. Sie aber schüttelte den Kopf. Obwohl sie seit dem Morgen nichts mehr zu sich genommen hatte, spürte sie keinen Hunger. Die grausigen Erinnerungen an den Kerker und die Drohungen der Palastwachen verflüchtigten sich in ihren Gedanken, denn sie spürte nur die überwältigende Gegenwart des geliebten Mannes, den sie so lange vermisst hatte.
Über ihr spannte sich der sternenklare Himmel mit einem blassgelben Vollmond, die Luft war von Blumenduft erfüllt, die sanfte Brise auf ihrem Gesicht kündete vom Frühling. Und David stand vor ihr. Wie sollte sie noch daran denken, dass sie mitten in einen Krieg hineingezogen worden war?
David fasste Leah bei den Armen. »Du bist mein Gegenstück, meine Entsprechung«, sagte er heiser. »Ohne dich bin ich nur ein halber Mensch.«
Er trat beiseite und zog seine Tunika aus, trug jetzt nur noch seinen knielangen Rock. Als Leah auf seiner nackten Brust das Medaillon mit dem Symbol von Asherahs heiligem Baum erblickte, das sie ihm geschenkt hatte, lächelte sie. »Die Göttin hat dich in der Tat beschützt. Mein Leben lang werde ich ihr dafür dankbar sein.«
Auch den noch immer an seinem Oberarm befestigten Dolch sah sie im Mondlicht aufblitzen. Sie wusste, dass er ihn nicht ablegen würde, da die elitäre Kaste der in Selbstverteidigung geschulten Schriftgelehrten heilige Eide schwor, dies niemals zu tun.
Ihr Atem ging schneller, als David auf sie zu trat und sie wieder in die Arme schloss. Leah schmiegte ihren Körper so eng an seinen, dass sie von seiner Wärme und Vitalität durchdrungen wurde. Als sie spürte, wie seine Hände über ihren Rücken strichen, wie sein Mund ihre Halsbeuge erkundete, konnte sie kaum noch atmen. Er presste die Lippen fest auf die ihren, und sie bog sich ihm entgegen. Niemals hatte sie sich so lebendig gefühlt. Niemals ein derartiges Begehren verspürt. Heftig schlang sie die Arme um seinen Nacken und klammerte sich an ihn, schwor sich, ihn nie wieder loszulassen. Was auch immer nach dieser Nacht geschehen, welche Widerstände auftreten, welche Gefahren ihnen drohen mochten, David gehörte ihr und sie ihm. Nie wieder würden sie getrennt sein.
Auf dem Dachgarten des Königs bot ein hölzerner Pavillon Schutz vor der Sonne und neugierigen Blicken. Dorthin führte David seine Liebste jetzt, dort breitete er seinen Umhang auf dem Boden aus und ließ sich mit Leah darauf nieder.
Nun, endlich, nach all der Zeit, durfte sie ihn berühren, durfte spüren, wie er ihren Körper, ihre Schönheit feierte, alles in ihr zu vibrierendem Leben erweckte. Sie gab sich ihm ganz hin, rückhaltlos, voller Begehren, das endlich in der Vereinigung mit ihm Erfüllung fand. Gemeinsam fanden sie in eine Ekstase, die sie aufstöhnen ließ, wieder und wieder.
Danach flüsterte David Liebesworte, bis er einschlief. Leah blieb hellwach, immer noch durchpulst von Erregung. Sie
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