Im Auge des Falken (Regelence-Serie) (German Edition)
lange her, seit er das letzte Mal aufgrund seines Titels Aufmerksamkeit bekommen hatte. Und er machte sich keine Illusionen, dass sein Status als Gast des Königspaares das Übrige zu seiner allgemeinen Beliebtheit beitrug.
Allerdings waren ihm auch die hoffnungsvollen Gesichtsausdrücke der kupplerisch veranlagten Väter nicht entgangen, die ihm ihre Söhne vorgestellt hatten. Steven war nicht der Einzige, der an ihm als potentiellem Schwiegersohn interessiert war. Er würde einige Zeit brauchen, um sich an diese Gesellschaftsstruktur zu gewöhnen.
Nate beobachtete die tanzenden Paare und stellte dabei fest, dass auch einige Frauen anwesend waren und ein paar Offiziere des Regelence-Militärs – sowohl von der Marine als auch der Armee und sogar ein paar IN-Offiziere –, aber den überwiegenden Teil der Abendgesellschaft bestritten Lords und ihre Söhne.
Natürlich hatte er schon zu anderen Gelegenheiten gesehen, wie Männer miteinander tanzten, aber noch nie in einer solchen Umgebung. Auf seinem Heimatplaneten wäre es für zwei Männer undenkbar gewesen, etwas so Intimes zu tun.
Das Ganze gefiel ihm durchaus – er tanzte gerne und mochte Männer, warum also nicht beides miteinander kombinieren?
Er studierte die Paare auf der Tanzfläche. Es schien, als würde immer der jeweils ältere Mann führen, was eine Erleichterung bedeutete. Nate hatte nicht die geringste Ahnung, wie man sich führen ließ, und es war keine erhebende Aussicht, über Aidens Füße zu stolpern und mitten in einem überfüllten Ballsaal auf seinem Allerwertesten zu landen.
Nate wandte sich von der Tanzfläche ab und studierte stattdessen das Wandgemälde hinter sich. Es war denen in Townsend Castle nicht unähnlich. Griechische Krieger inmitten einer Schlacht. Es gab eine Menge Blut und Gedärme vor einer wundervollen Landschaft, aber das war es nicht, was Nate faszinierte.
Die Krieger waren bis auf ihre Schilde und Helme nackt. In der antiken Geschichte hatte es immer wieder Verbände von Kämpfern gegeben, die nackt in die Schlacht gezogen waren, aber es war überraschend, dass das hier so gezeigt wurde, wenn man bedachte, wie viele jungfräuliche Männer sich hier aufhielten.
Andererseits machte es auch wieder Sinn. Auf Englor schmückten weibliche Akte die Wände. Sie waren eins der Hauptmotive der englorischen Kunst. Auf Regelence wurden männliche Schönheit und Stärke glorifiziert und das zeigte sich ebenso in seiner darstellenden Kunst.
Nate ließ seinen Blick durch den Ballsaal schweifen. Die weißen Marmorsäulen, die die Tanzfläche ringsum säumten, bestanden aus gemeißelten, äußerst lebensechten Kriegern, alle nackt. Selbst die Kuppel über den Tänzern zierte eine Kampfszene, bei der Männer den unteren Teil umringten und der Himmel ganz oben im Zentrum gestaltet war.
Als er sich wieder zur Tanzfläche umdrehte, trat Raleigh neben ihn, ein Grinsen auf dem hübschen Gesicht und einen Tumbler in der Hand.
»Na mach schon, frag ruhig. Du wirst mir damit schon nicht zu nahe treten.«
»Fragen?« Nate beobachtete die Tänzer, die an ihm vorbeiwirbelten.
»Ja. Wie unsere Gesellschaft funktioniert. Sie muss dir sehr fremd erscheinen.« Raleigh nippte an seinem Drink.
»Es kommt auf das Alter an. Habe ich recht?«
»Teilweise. Alter, aber auch Titel.«
»Ich verstehe.« Nein, tat er nicht, kein bisschen. Soweit er das auf der Tanzfläche beurteilen konnte, führte der ältere Partner, aber wie konnte man so etwas mit dem Alter festlegen? Das erschien ihm ziemlich unfair. Allerdings... wenn man bedachte, dass auf Englor Frauen nicht für sich selbst entscheiden durften... Er hatte sich nie darüber Gedanken gemacht, nachdem er sich sozusagen am Ende der Nahrungskette befunden hatte. Was aber, wenn er hier geboren worden wäre?
Raleigh wandte sich ihm zu. »Frag schon.«
Zum Teufel, dann gab er dem Kerl eben, was er wollte. »Wenn ein Mann einen älteren Lord heiratet, ist er dann für immer... was? Teil seines Besitzes?«
Raleigh lachte und brauchte einige Zeit, sich wieder zu beruhigen. Als er schließlich wieder in der Lage war, zu sprechen, tat er dies mit einem breiten Grinsen im Gesicht.
»Nein. Es baut sich alles auf Alter und Rang auf. Ein Mann gilt erst mit fünfundzwanzig als volljährig. Bis dahin steht er unter der Obhut seiner Eltern, eines Vormunds oder seines Ehemanns.«
»Also werden sie bis fünfundzwanzig wie behandelt? Wie Kinder?«
»Nein, ganz und gar nicht. Sie erhalten ihre Bildung.
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