Im Auge des Falken (Regelence-Serie) (German Edition)
»Oh, du lieber Himmel!«, hören.
Aiden war so in Gedanken vertieft gewesen, dass er beinahe die Karte vergessen hätte. Irgendwann würde sein Vater es leid sein, die dummen Dinger jedes Mal nach einem Ball zu ersetzen. Man sollte meinen, dass er die Botschaft nach den ersten hundert Malen verstanden hätte, die sie ihre Karten verloren hatten.
Aiden vergewisserte sich, dass er genug Abstand zu seinen Eltern hatte, linste kurz zu jeder Seite und warf die Karte dann über seine Schulter. Er trat neben Payton und besah sich den zerstörten Scanner. Er schüttelte den Kopf. »Zu dumm aber auch.«
Payton wandte sich ihm zu, presste sich eine Hand auf die Brust und sah zu Tode betrübt aus. »In der Tat. Nun, wir müssen wohl trotzdem reingehen, nicht wahr?«
Selbst Aiden war beeindruckt von Paytons ernsthafter Miene. Wenn die Townsend-Brüder eine Sache von ihrem Vater geerbt hatten, dann war es definitiv sein schauspielerisches Talent.
Seite an Seite betraten Payton und er das Anwesen. Vor dem Ballsaal reihten sie sich hinter Tarren und Colton in die Schlange ein und warteten, bis sie an der Reihe der Ankündigung waren.
»Entschuldigt bitte, Lord Aiden?«
Nathaniel. Aiden stockte der Atem. Er hatte ganz vergessen, dass der Mann hinter ihnen ging. Was konnte der Earl von ihm wollen? Er drehte sich um und bemerkte aus dem Augenwinkel, dass seine drei Brüder um ihn herum dasselbe taten.
»Ja, Milord?« Hatte seine Stimme geschwankt? Aidens Blick heftete sich auf den Punkt, an dem die schneeweiße Halsbinde des Mannes unter dem schwarzen Gehrock in seine anthrazitfarbene Weste gesteckt war. Langsam glitt er höher, bis er in die kastanienbraunen Augen sehen konnte. Unglaublich, er konnte goldene Flecken in der Iris erkennen...
»Ahem.« Deverell grinste. »Ich glaube, Ihr habt das hier verloren.« Er streckte Aiden eine Hand hin.
Aiden sah hinunter und hätte beinahe aufgestöhnt, als er seine Tanzkarte sah, die in der großen, behandschuhten Hand ruhte. Verdammt. Ein Blick nach oben zeigte ihm, dass Nathaniel sehr wohl wusste, dass Aiden das verfluchte Ding nicht versehentlich verloren hatte.
Nathaniel führte den Scanner an seinen Daumen. Ein rotes Licht flammte auf, als das Gerät durch das Material des weißen Handschuhs leuchtete.
Nachdem ein Piepsen angezeigt hatte, dass es die Identität der Person, die um einen Tanz bat, gespeichert hatte, brachte der Mann es nahe an seine Lippen.
»Der erste Walzer.« Wieder piepste die Tanzkarte, dann reichte Nathaniel sie an Aiden zurück. Die ganze Zeit über hatte ein durchtriebenes Funkeln in seinen Augen Aiden herausgefordert, dagegen zu protestieren.
Aiden sagte nichts, er konnte nicht, er war zu sehr damit beschäftigt, seinen Körper dazu zu bringen, sich zu benehmen. Er konnte schlecht mit einer Erektion den Ballsaal betreten. Nach einer leichten Verbeugung ging Nathaniel an Aiden vorbei zu Cony, der ihn zu sich winkte.
Tarren stieß Aidens Schulter mit seiner an. »Ich weiß gerade nicht, ob ich dich beneiden oder mir Sorgen machen soll.«
Aiden war zu perplex, um zu antworten. Was war da gerade passiert? Er hatte entweder seine Ausrede gefunden, alleine mit dem Mann zu sprechen, oder er bekam die Gelegenheit, sich in der Öffentlichkeit bis auf die Knochen zu blamieren.
Als er an der Reihe war, angekündigt zu werden, nahm ihm Payton die Tanzkarte ab und zog sie unter dem Scanner für die Anmeldung von Tänzen durch, der links der Ballsaaltür angebracht worden war. Das Lämpchen an der schwarzen Box wechselte von rot zu grün und zeigte damit an, dass die Anmeldung von Aidens Tanzkarte und die Liste seiner entsprechenden Partner – die genau eine Person enthielt – auf den Hauptcomputer des Anwesens übertragen worden waren.
Aiden konnte nur mit offenem Mund zusehen, wie sein Schicksal von Payton besiegelt wurde. Selbst wenn er jetzt seine Karte verlor, war zumindest einer seiner Tänze heute jemandem versprochen.
Payton reichte ihm die Karte zurück. »Sei vorsichtig, Aiden. Dieser Mann ist gefährlich.«
»Was?«
»Du stehst mit deinem Interesse offensichtlich nicht alleine da, Brüderchen.«
***
Bannon Thompsons Tanzkarte landete mit einem Plopp in der Bowle-Schale. Aiden biss sich auf die Lippe, um nicht laut loszulachen, als sie in der roten Flüssigkeit versank.
»Oh nein!« Als die Männer, die um den Tisch mit Erfrischungen herumstanden, Rufe wie: »Wie schade!«, ausstießen, schlug Bannon sich eine Hand vor den Mund. Seine
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