Im Auge des Falken (Regelence-Serie) (German Edition)
Segen hast du, aber er muss für sich selbst entscheiden, Nate. Ich werde ihm keinen Ehemann aufzwingen, den er nicht will.«
»Was?!« Nates Kinnlade klappte nach unten, bevor er sich wieder fing. Einen kurzen Moment lang durchzuckte ihn der Gedanke, einfach mitzuspielen und Aiden den Hof zu machen. Es würde die Gelegenheit schaffen, dass Aiden ihm half, aber Nate wollte Raleigh nicht anlügen. Dafür mochte er den Mann zu sehr.
»Da du und Steven beide anderweitige Pflichten habt, wollte ich nachfragen, ob Aiden mich vielleicht unterstützen könnte. Er kennt die Residenz und ihre Bewohner. Er kann mir Informationen geben, die nur ein Insider kennt. Die brauche ich, wenn ich den Diebstahl aufklären will.«
Raleigh starrte ihn stumm an. Seine grauen Augen, die Aidens so ähnlich waren, schienen alles zu sehen. Nate hatte das Gefühl, dass Raleigh ihn mühelos durchschaute. Das jagte ihm einen Schauer über den Rücken. Er wusste nicht mehr, wann er sich das letzte Mal unter einem Blick so unwohl gefühlt hatte, dass er am liebsten nervös auf seinem Stuhl hin- und hergerutscht wäre.
Schließlich nickte Raleigh. »Wenn ihm was passiert, mache ich dich persönlich dafür verantwortlich.«
»Ihm wird nichts geschehen, solange er sich in meiner Obhut befindet.«
»Nur damit das klar ist: Deine militärische Laufbahn ist außergewöhnlich und sehr beeindruckend, das wäre also kein Problem für mich. Du wärst für jeden meiner Jungen ein mehr als akzeptabler Partner und Admiral Jenkins hat darüber hinaus bestätigt, dass du tatsächlich ein Earl bist. Wenn du ihn kompromittierst –«
Ohne zu zögern, hob Nate die Hand. »Ich schwöre, dass ich in diesem Fall umgehend um seine Hand bitte.« Die Leichtigkeit, mit der ihm die Worte über die Lippen kamen, sollte ihn erschrecken. Der Gedanke, ob er wirklich wusste, worauf er sich da einließ, schoss ihm durch den Kopf. »Und bevor du mir deine endgültige Zustimmung erteilst, solltest du wissen, dass ich kein Earl mehr bin. Diese Ehre gebührt meinem jüngeren Bruder. Ich bin ein IN-Captain, nicht mehr.«
»Wie ich schon sagte: Wir sind eine Gesellschaft, die eine hohe Affinität zum Militär hat. Deine Verdienste als Soldat und dein Rang machen dich zu einem willkommenen Heiratskandidaten für meinen Sohn.« Raleigh schwieg einen Augenblick. Er erhob sich und starrte auf Nate hinunter. »Er mag aufsässig sein, aber lass dich davon nicht täuschen, er ist unschuldig und das meine ich nicht nur im wörtlichen Sinn. Ich werde nicht zulassen, dass du ihm wehtust.«
Die Warnung hätte nicht deutlicher sein können. Und die Kälte, mit der Raleigh sie ausgesprochen hatte, machte Nate beinahe wieder nervös.
Raleigh lächelte und löste damit die Spannung, die sich über sie gelegt hatte. Er reichte Nate die Hand. »Wenn ihr zusammen das Haus verlasst, wirst du eine angemessene Anstandsbegleitung mitnehmen. Ansonsten hast du meinen Segen. Pass auf ihn auf, das ist alles, was ich verlange.«
Nate nickte stumm und sie schüttelten sich die Hände. Warum nur beschlich ihn das Gefühl, dass er gerade einer Verlobung zugestimmt hatte?
Kapitel 8
Er hatte genau fünfzehn Sekunden, um ans Ende des Korridors zu gelangen und in Nates Zimmer zu schlüpfen. Wenn die Tür verschlossen war... würde er es vielleicht unentdeckt in den nächsten Gangabschnitt schaffen.
Vor zwei Minuten hatte Jeffers gesagt, dass er gehört hatte, wie Nate unter die Dusche gestiegen war. Aiden hoffte inständig, dass die Information des Spions korrekt war. Noch einmal sah er auf seine Taschenuhr und begann, im Kopf zu zählen. Noch zehn Sekunden.
Er schob die Uhr zurück in seine Westentasche und verstärkte den Griff um seinen Zeichenblock und den Stift, die er als Begleiter für sein kleines Abenteuer ausgewählt hatte. Es wäre ihm lieber gewesen, eins seiner Zeichenpads mitzunehmen, aber die Skizzen darauf wurden in Jeffers Datenbank gespeichert und er wollte bei dem, was er vorhatte, lieber nicht riskieren, dass sich neugierige Mitglieder seiner Familie in die Dateien hackten und das entdeckten.
Drei... zwei... eins...
Aiden öffnete und schloss leise die Tür und rannte den Korridor hinunter. Seine Schuhsohlen fanden kaum Halt auf dem Holzfußboden und er wünschte, er hätte sie und die Kniestrümpfe vorher ausgezogen. Zum Glück residierte im Moment nur Nate in diesem Teil des Gebäudes, weswegen er sich keine Sorgen über das Klackern seiner Absätze machen musste.
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