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Im Auge des Feuers

Im Auge des Feuers

Titel: Im Auge des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorun Thoerring
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weiterhin auf den Fersen bleiben.
    »Verlassen Sie die Stadt bitte nicht, ohne uns vorher Bescheid zu geben«, ermahnte er sie eindringlich.
    Um ihren Mund spielte ein kleines, listiges Lächeln, als sie in der Pension verschwand.

Kapitel 67
    Tromsø, 14. Mai 1969, 4:00 Uhr
    Sverre Wikan hob den Arm und signalisierte Per, dass die Luft rein war. Dann schlüpfte Sverre hinein und zog die Tür hinter sich zu. Eine steile Treppe führte in den ersten Stock hinauf. Rechts war die Tür zum Hinterhof, einem kleinen asphaltierten Viereck, das von hohen Zäunen und den Nachbarhäusern eingerahmt war. Sverre kauerte sich unter der Treppe zusammen und lauschte.
    Die Anspannung stieg ihm wie ein Rausch zu Kopf. Er zitterte. Draußen war ein ordentliches Feuer im Gange. Die Gebäude brannten lichterloh und nun breiteten sich die Flammen mit unglaublicher Geschwindigkeit aus. Sverre fragte sich, was Karl Fjeld wohl hier trieb. Sicher raffte er verzweifelt das Geld zusammen.
    Mittlerweile zog Rauch ins Gebäude. Er trübte die Sicht und biss in den Augen. Für einen Moment wurde Sverre unsicher. Brannte jetzt das Haus? Nein, der Qualm war vielmehr vom Wind hierhergetrieben worden und bahnte sich seinen Weg durch alle möglichen Ritzen und Öffnungen.
    Sverre wartete noch eine Weile, aber Per kam nicht hinterher. So ein Angsthase! Er hätte es wissen müssen. Aber keiner von seinen Bekannten ließ sich sonst so leicht zum Mitmachen überreden wie Per. Und allein machte es nur halb so viel Spaß.
    Sverre schlich weiter hinauf zum nächsten Treppenabsatz, wo die Toilette war. Im selben Moment wurde unten die Tür geöffnet. Eine Frau mit Hut und Mantel kam herein. Sie war groß, der Mantel grau und gewöhnlich, und Sverre erkannte sie von hinten nicht. Die Frau riss die Tür zum Hinterhof weit auf. Offensichtlich hatte sie da unten auch mit dem Rauch zu kämpfen.
    Sverre stand ganz still. Er folgte der Frau mit den Augen, die den Mantel aufknöpfte, sich umdrehte und die Hutkrempe hochschlug. Er bemerkte, dass sein Mund halb offen stand, und schloss ihn langsam wieder. Das Gesicht der Frau war blass und entschlossen. Es war seine Mutter.
    Er suchte nach dem nächstbesten Versteck und verschwand lautlos in dem kleinen Toilettenraum. Gunhild stieg bereits die Treppe hinauf. Als sie oben war, öffnete Sverre die Toilettentür einen winzigen Spalt breit und schaute vorsichtig hinaus. Sie war gerade dabei, die Taschen der beiden Kleidungsstücke zu durchsuchen, die an der Garderobe in der Ecke hingen: die blaue Jacke seines Vaters und Karl Fjelds brauner Mantel.
    Gunhild zog einen Umschlag aus Karls Manteltasche und stopfte ihn in ihre eigene Tasche.
    Nur einen Augenblick später ging die Tür zu Karl Fjelds Büro auf. Sverres Magen krampfte sich zusammen. Seine Mutter lief geradewegs auf Karl zu und schlang dem Mann die Arme um den Hals.
    Was weiterhin geschah, bekam Sverre nur bruchstückhaft mit. Das verhaltene Flüstern. Wie Karl schroff ihre Arme von seinem Nacken stieß und Gunhild weit von sich wegschob. Ihre schriller werdende Stimme. Das Gestikulieren.
    Karl fischte einen Schlüsselbund aus der Hosentasche und schritt zu Oscar Wikans Büro hinüber. Die Tür war geschlossen. Er steckte den Schlüssel vorsichtig ins Schloss und drehte ihn herum.
    Danach kehrte Karl zu Gunhild zurück – jedoch nicht, um sie jetzt zu umarmen. Er war offensichtlich wütend. Beschwichtigend schlang sie ihre Arme wieder um Karls Hals und presste den Mund auf seinen. Karl riss sich energisch los, sie versuchte es erneut. Schließlich wandte er sich von ihr ab und hastete in sein Büro. Gunhild blieb regungslos stehen.
    Vom Treppenabsatz aus konnte Sverre schräg durch die Tür aufden Hinterhof hinausschauen. Einer der Streuner, die sich oft dort draußen herumtrieben, war plötzlich in der Türöffnung aufgetaucht. Es war Frank. Sein Blick war aufmerksam und klar. In dieser Nacht schien er weit weniger betrunken zu sein als sonst.
    »Lovely, lovely«, feixte er leise. »Ich hab dich hier draußen vorbeigehen sehen, Gunhild, und dich sofort erkannt – auch wenn es ungewöhnlich ist, dass du wie eine graue Maus daherkommst. Normalerweise stakst du ja in ganz anderen Fummeln herum.«
    Für Sverre waren diese Worte wie Schläge in die Magengrube. Er sah, dass auch seine Mutter zusammenfuhr. »Ach, du bist es, Frank. Was machst du hier?«
    »Heiße Umarmungen, das muss ich schon sagen«, höhnte Frank weiter. »Worüber habt ihr euch denn gestritten? Wer

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