Im Auge des Feuers
sie ihn näher kennenlernten. Ein richtiger Dreckskerl. In jeder Hinsicht absolut unzuverlässig.«
»Inwiefern?«
»Er tat nur das, was er selbst wollte. Hat alle herumkommandiert.«
»Könnte er ein Gebäude angesteckt haben?«
Johan sah weg. »Um ehrlich zu sein, habe ich immer geglaubt, dass er es war, und ich war nicht der Einzige.«
Plötzlich schossen Eira Magnis Worte durch den Kopf. Hatte sie auf Frank angespielt, als sie von einem Brandstifter gesprochen hatte? Hatte Per ihr gegenüber einen konkreten Namen fallen lassen?
»Ihr Bekannter Per Andersen war wohl auch mit den Eide-Brüdern bekannt. Vielleicht gab es sogar eine Art Clique? Nun ja, wie auch immer … Können Sie mir mehr über Per sagen?«
»Ich kannte Per nicht sehr gut, aber ich glaube, er hat sich nie mit Frank und dessen Freunden abgegeben. Per war ja nicht mal in der Lage, auch nur ein Streichholz anzuzünden, ohne dabei gleich fürchterlich herumzuhampeln. Das ging so, bis er über zwanzig war. Dann kam er auf die schiefe Bahn.« Johan sah unendlichtraurig aus. »In dem Jungen war nichts Böses. Wenn ich daran denke, wie wir …« Er seufzte herzzerreißend. »Ich habe seitdem keinen Kontakt mehr zu ihm gehabt. Habe sogar die Straßenseite gewechselt, wenn ich ihn gesehen habe. Man wusste irgendwie nicht, was man sagen sollte …«
Eira erhob sich. »Machen Sie weiter am Computer, Fjeld.«
Vennestad hatte auf Eiras Handy angerufen, ohne eine Nachricht zu hinterlassen. Eira rief den Pathologen sofort zurück. Es dauerte Ewigkeiten, bis Vennestad schließlich gesprächsbereit war. Eira hatte ihn im Auto erwischt und nun war Vennestad offenbar intensiv damit beschäftigt, das Headset herauszufriemeln.
»Eira, ich stehe Gott sei Dank gerade an einer roten Ampel. Nur deshalb kann ich jetzt überhaupt reden. Also, ich wollte nur bestätigen, was wir ohnehin schon eine Weile vermutet haben«, sagte Vennestad und klang kurz angebunden. So kannte Eira ihn gar nicht. Aber jetzt erinnerte er sich wieder – Vennestad nahm das Handyverbot im Auto sehr ernst. »Die DNA des Skeletts, das in Karl Fjelds Grab gelegen hat, ist entschlüsselt. Der Tote ist Frank Eide.«
Die Ampel wurde grün und Vennestad brach das Gespräch ab.
Kapitel 66
Im Regal lag eine halbe Tüte M&M’s. Eira füllte sich die Hand damit und ließ es sich gut schmecken. Auch wenn die Süßigkeiten eigentlich Benjaminsen gehörten.
Dann hob Eira den Telefonhörer ab und wählte Monas Nummer. »Könntest du mich nach Feierabend im Büro besuchen? Ich möchte gerne etwas mit dir besprechen.«
Wenn er schon mal den Hörer in der Hand hielt, rief er auch gleich bei Niillas an, aber erhielt wieder keine Antwort. Nun gut, es war erst zwölf Uhr. Der Junge war wohl noch in der Schule.
Eira blickte aus dem Fenster. Draußen gab es jetzt etwas Ähnliches wie Tageslicht. Wie er Gunhild Wikan kannte, würde sie jetzt einen ihrer Spaziergänge antreten. Er musste sie aufspüren.
Eira schmunzelte. Wie gut ihn doch die Intuition geleitet hatte. Gunhild stapfte im Stadtteil Sorgenfri durch dichtes Schneegestöber. Sie hatte sich mittlerweile eine dem Wetter angepasste Wanderausrüstung und Goretex-Schuhe mit Profilsohlen zugelegt. Zügig marschierte sie dahin. Ein eisiger Wind vom Sund trieb ihr die Schneeflocken wie winzige Nadeln direkt ins Gesicht. Trotzdem lief sie mit erhobenem Kopf, als genieße sie die feinen Stiche auf den Wangen.
»Sie sind erstaunlich hartnäckig«, sagte sie mürrisch, als er neben ihr vorfuhr. Sie machte keine Anstalten, ihr Tempo zu verringern. »Worum geht es diesmal?«
»Wie ich sehe, sind Sie wieder gesund. Meinen Sie, wir könnten uns an einem etwas gemütlicheren Ort unterhalten?«
»Kann das nicht warten, Eira? Mein Spaziergang ist mir so wichtig und ich würde ihn jetzt nur äußerst ungern abbrechen.«
Anstelle einer Antwort öffnete er die Beifahrertür und sie stieg widerstrebend ein.
»Nun?« Sie musterte ihn argwöhnisch. »Um was geht es genau?«
» Ich stelle hier die Fragen, Gunhild. Sie sind mir schon zu oft ausgewichen. Ich frage Sie noch einmal in aller Form: Wussten Sie, dass Karl die ganze Zeit über am Leben war?«
Sie lehnte den Kopf gegen die Nackenstütze. »Ach, du liebe Güte. Ich dachte, damit wären wir durch.« Auf einmal blickte sie starr auf ihre Handschuhe. »Doch, ja. Ich wusste immer, dass Karl lebt.«
»Warum geben Sie das erst jetzt zu?«
»Ich habe ihn hier in der Stadt ja nicht getroffen.«
Eira versuchte
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