Im Auge des Feuers
von euch die Tür abschließen soll, damit Oscar nicht herauskommt und euch erwischt?«
Irritiert beobachtete Sverre durch den Türspalt, wie seine Mutter die Treppe hinunterging und den schmutzigen, heruntergekommenen Mann am Arm packte. »Komm mit, ich will dir was zeigen.«
Sverre hatte sie schon oft auf diese Weise lächeln sehen und in diesem Ton mit Männern sprechen hören, aber noch nie mit jemandem von Franks Kaliber. Er konnte es nicht fassen.
»Weißt du was, Gunhild? Oscar Wikan ist bei Gott ein glücklicher Mann.« Frank schlurfte bereitwillig in den Vorraum und versuchte, einen Arm um sie zu legen. »Hätte ich eine Frau wie dich, würd ich mir wahrhaftig einen Job suchen …«
»Na ja, Frank, das sind große Worte.« Ihr Blick wanderte ruhelos umher. Sverre begriff, dass sie verzweifelt überlegte, was sie mit dem ungelegenen Besuch anstellen sollte.
Frank grinste sie an. »Weiß Oscar denn, dass du hier bist, mitten in der Nacht? Ich hab mir schon gedacht, dass du den Herzensbrecher Karl treffen wolltest. Hab ihn ja auch gerade hier reingehensehen.« Frank senkte die Stimme. »Du warst schon mal hier. Wir haben euch beobachtet …«
»Meine Güte, was du im Suff so alles daherredest!« Sie legte eine Hand auf ihre Hüfte und schob diese mit einem kecken Schwung nach vorne. »Weißt du, Frank, dein Gefasel bringt mich auf allerlei Ideen. Wirklich hässliche Ideen … Eigentlich bist du Karl ja ziemlich ähnlich. Gleich groß, fast gleich alt …«
Frank grinste und beugte sich weiter vor. »Wenn du das sagst …«
»Ja, sicher. Aber jetzt komm her, das wird dir gefallen.« Sie zog ihn mit sich und öffnete die Tür zum Kellerraum. »Fjeld hat feine Sachen hier in seinem Keller. Cognac und Whiskey. Für den Fall, dass wichtige Geschäftspartner vorbeikommen, weißt du. Ich fürchte, die Flammen werden bald auf dieses Haus übergreifen, also lass uns schnell machen. Wäre es nicht schade, wenn all die edlen Tropfen dem Feuer zum Opfer fallen würden?«
Drei Stufen führten hinunter in den Lagerraum, wo die verschiedensten Dinge aufbewahrt wurden: Farbeimer, Glühbirnen, Schneeschaufeln. Sverre war selbst einmal mit seinem Vater dort gewesen.
»Der Lichtschalter ist etwas weiter links, Frank.«
Sverre sah, wie Frank zögernd in den finsteren Raum trat und sich langsam nach links beugte. Sein Arm tastete blindlings herum.
»Ich finde keinen Lichtschalter.«
»Geh noch ein Stück weiter hinein.«
Verdutzt ging Sverre auf, was seine Mutter da sagte. Er wusste genau, dass es in diesem Raum kein elektrisches Licht gab.
»Gunhild, hier ist kein …« Frank wollte wohl gerade wieder herauskommen.
Gunhild verstellte sich nicht länger. »Du blöder Kerl, warum musst du auch gerade jetzt hier aufkreuzen … Ich werde dafür sorgen,dass du dein Maul hältst«, zischte sie wutentbrannt. Die Tür knallte hinter Frank zu und Gunhild drehte den Schlüssel um.
»Du bist ja nicht mehr bei Trost!« Karl Fjeld stand oben auf der Treppe. »Willst du den Mann umbringen?«
Gunhild warf sich herum. Wortlos lief sie die Treppe hoch und fasste Karl energisch am Arm. »Du darfst mich nicht verlassen! Wir reisen zusammen. Ich habe alle Ersparnisse von Oscar und mir dabei. Die Scheidung ist beantragt, die Papiere sind unterschrieben.« Sie stieß die Worte hastig und abgehackt hervor.
»Du bist aber immer noch verheiratet, Gunhild.«
»Hab dich nicht so, Karl. Das war ich während unserer ganzen Beziehung«, keuchte sie. »Keiner wird uns auf die Schliche kommen, wenn wir in diesem Chaos gemeinsam verschwinden.«
»Beziehung?«, unterbrach Karl sie schroff. »Wir hatten lediglich eine kurze Affäre.«
»Ist es plötzlich eine Affäre geworden?«
Sverre hatte inzwischen die Toilettentür bis auf einen schmalen Spalt angelehnt. Dennoch sah er genau, was einen Treppenabsatz weiter oben passierte.
Gunhild war fast genauso groß wie Karl. Ihr Schlag traf ihn mitten ins Gesicht. »Als ich letztes Mal hier war, waren das noch ganz andere Töne. Wehe du wagst es, dich jetzt davonzumachen!«
Karl explodierte. »Hau ab, Gunhild«, fauchte er. »Oscar ist hier.«
»Du hast es versprochen. Wir wollten zusammen weggehen!« Sie machte keinen Versuch mehr, an sich zu halten, und ihre Stimme gellte.
»Diese Beziehung findet nur in deinem Kopf statt! Ich hatte nie irgendwelche ernsteren Absichten. Es war nur eine Episode. Und die ist vorbei. Ich reise ab, noch diese Nacht.«
»Diese Nacht? Aber wir wollten doch zusammen
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