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Im Auge des Feuers

Im Auge des Feuers

Titel: Im Auge des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorun Thoerring
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Beamten eines Streifenwagens hatten Gunhild schließlich aufgespürt.
    Es war Morgen und seit Sverres Verhaftung waren fast zwölf Stunden vergangen. Gunhild war die ganze Nacht nicht in der Pension gewesen. »An diesem Ort hätte man sie am wenigsten vermutet.« Die Stimme des Streifenpolizisten klang krächzend aus dem Lautsprecher. »Wir haben an fast jedem Fleck der Insel nachgesehen, bloß hier nicht.«
    »Bleibt einfach im Auto. Behaltet sie im Auge, aber lasst sie in Ruhe. Ich bin schon unterwegs.« Eira fuhr los.
    Weniger als zehn Minuten später ging er zu Fuß über den Friedhof.
    Er fand Gunhild an der Grabstätte der Familie Fjeld, auf der alten Bank aus Holz und Schmiedeeisen. Er setzte sich neben sie.
    Gunhild nickte nur. »Ich wusste die ganze Zeit, dass Karl nicht hier gelegen hat«, sagte sie langsam. »Sverre auch.« Sie wirkte zerbrechlicher, durchsichtiger. »Karl hat meinen Sohn aus den Flammen geholt. Zusammen mit Jens Eide.« Sie drehte ihm langsam den Kopf zu, ihre Augen waren rot gerändert. Sicherlich nicht vom Weinen. Sie war erschöpft.
    Ihre Stimme klang, als tauchte sie weit in die Vergangenheit zurück. »Sverre war nicht schwer verletzt. Nur eine Verbrennung im Gesicht.«
    Eira runzelte die Stirn. »Glauben Sie, seine schlimmsten Verletzungen waren die im Gesicht?«
    »Ich fand es schrecklich … grauenhaft … einen Sohn zu haben, der in so etwas verwickelt gewesen war.« Sie sprach leise und tonlos. »Ich war froh, endlich wegzukommen.«
    »Worin war Sverre Ihrer Meinung nach verwickelt?«
    »Sverre ist nachts um eins rausgegangen. Das war vor Ausbruch des Brandes. Er war allein.« Sie sah weg. »Die Götter mögen wissen, was er in jener Nacht in dem brennenden Haus getrieben hat …«
    »Wollen Sie damit andeuten, dass Sverre den Brand verursacht hat? Dass er etwas zu tun hatte mit dem Mord an …«
    »Hören Sie auf, mir irgendwelche Dinge in den Mund zu legen!« Zum ersten Mal wurde ihre Stimme lauter. »Ich weiß nicht, was in jener Nacht vor sich gegangen ist. Ich habe geschlafen!«
    Eira ließ das Thema fallen. Was die Beziehung zu ihrem Sohn betraf, so lebte Gunhild Wikan in einer anderen Welt.
    »Gunhild, bitte geben Sie mir eine ehrliche Antwort: Sverre hatte von Karls Rückkehr erfahren – stimmt das?«
    Sie nickte.
    »Eine Sache hätte ich Karl gerne gefragt«, sagte er langsam. »Was ist mit seiner Brille und dem Siegelring passiert?«
    Der Anflug eines Lächelns huschte über ihr Gesicht und einen kurzen Moment lang hatte sie Ähnlichkeit mit Sverre. »Das ist wirklich ein Rätsel, Eira. Aber es muss doch wohl so gewesen sein, dass Karl diese Dinge dabeihatte und sie neben den Obdachlosen gelegt hat.«
    Er sah sie forschend an. »Hatte Karl denn mehrere Brillen?«
    »Ja, allerdings.«
    »Hatte er seinen Mantel an, als er das Büro verließ?«
    »Ich wiederhole es noch einmal, Eira. Ich war nicht in dem Haus. Woher soll ich das wissen?«
    Eira seufzte. »Jens Eide glaubt, sich zu erinnern, ihn in einer blauen Jacke gesehen zu haben – wie die von Oscar.«
    Sie schnaubte verächtlich. »Sie wollen mir doch nicht erzählen, dass Sie auf das hören würden, was Jens sagt!«
    Eira verspürte ein wachsendes Unbehagen. »Sie glauben also,dass Karl den Obdachlosen getötet und den Ring und die Brille zurückgelassen hat, als er das Gebäude verließ?«
    Sie betrachtete Fjelds Grabstein und wandte den Blick auch beim Reden nicht davon ab. »Wer sonst könnte es gewesen sein?« Sie drehte ihm das Gesicht zu, ihr Blick war unmöglich zu deuten. »Warum sollte er sonst davongelaufen sein? Es kann niemand anders als Karl gewesen sein.«
    »Wie können Sie das sagen, Gunhild? Sie schwören ja, dass Sie zu Hause in Ihrem Bett lagen!«
    »Ich nehme nur das an, was am wahrscheinlichsten ist.«
    Mit einem Mal hatte Eira das Gefühl, seine Beine wären an der Bank festgefroren. Hier neben Gunhild empfand er dasselbe Unbehagen wie in Victorias Gegenwart. Diese Frauen streuten skrupellos kleine und große Unwahrheiten, Lügen und Verleumdungen. Hier verschmolzen Charme und Hohn. Wer nicht aufpasste, war gefangen im Bann ihrer Manipulationen.
    Gunhilds Stimme durchbrach seine Gedanken. »Wir werden natürlich nie eine Bestätigung dafür bekommen, weil Karl ja tot ist. Der Mord an Frank Eide ist ein Geheimnis, das Karl mit ins Grab genommen hat.« Sie legte Eira eine Hand auf den Arm. »Aber wer sonst hätte ein Interesse daran gehabt, Franks Tod auf solche Weise zu vertuschen?«
    »Sie,

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