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Im Auge des Orkans

Im Auge des Orkans

Titel: Im Auge des Orkans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Und
ein Ermordeter ist noch schlimmer, dachte ich, aber ich sagte es nicht.
    Als wir eintraten, sahen alle zu uns
her. »Was ist mit dem Generator los?« fragte ich.
    »Der rührt sich nicht«, antwortete
Denny. »Ein Haufen Schrott, den man gleich zu Anfang hätte ersetzen müssen.
Aber keiner wollte auf mich hören.«
    Jetzt war nicht die Zeit, auf diese
Bemerkung näher einzugehen. »Was schlagen Sie vor, daß wir tun sollen?«
    »Wir machen Feuer und hoffen, daß das
Schiff des Sheriffs bald wiederkommt.«
    Stephanie erhob sich und wischte sich
die Hände an den Jeans ab.
    Das Feuer begann, größer zu brennen.
»Rechnet nur damit nicht«, sagte sie. »Ich habe vorhin Radio gehört. Bei Rio
Vista ist eine Brücke zusammengebrochen, und auf der Deichstraße nach Isleton
hat es einen Auffahrunfall gegeben. Da hat der Sheriff Wichtigeres zu tun, als
nach uns zu sehen.«
    Denny seufzte tief auf, Neal begann wieder
die Hände zu ringen. Sam beobachtete ihn aufmerksam.
    »Wo sind die anderen?« fragte ich.
    »In der Küche«, antwortete Stephanie.
»Jedenfalls habe ich vor ein paar Minuten von dort her Kinderstimmen gehört.«
    »Wir müssen eine Besprechung abhalten —
nur die Erwachsenen. Die Kinder — « Ich zögerte. Sie nach unten zu schicken,
war in diesem Fall nicht angebracht. »Sie können in mein Zimmer hinaufgehen«,
schloß ich den Satz.
    Die anderen sahen mich erstaunt an,
sagten aber nichts. Ich ging in die Küche, wo Evans, Patsy und die Kinder um
den Küchentisch saßen. Der Kerzenständer aus dem Eßzimmer stand auf dem Tisch,
und im Schein der Kerzen aßen die Kinder Käse und Cracker und tranken Milch.
Evans und Patsy hielten große Gläser mit Rotwein in der Hand.
    »Schönes Wetter haben wir«, sagte
Patsy, mir zuprostend. »Ich wette, es tut dir leid, daß du hergekommen bist.«
    Das stimmte zwar, aber jetzt war nicht
die Zeit, sich näher zu diesem Thema zu äußern. »Die Erwachsenen wollen im
Wohnzimmer eine Besprechung abhalten«, sagte ich, so neutral wie möglich, was
mir nicht ganz gelang. »Wir kriegen den Generator nicht in Gang und müssen uns
beraten, wie es weitergehen soll.«
    Evans erhob sich sofort. »Okay«, sagte
er zu den Kindern. »Ihr bleibt hier und eßt fertig. Und rührt mir nicht die
Kerzen an!«
    »Vielleicht wäre es besser, wenn sie
mit dem Essen in mein Zimmer hinaufgingen.«
    »Dort ist es kalt und dunkel«,
protestierte Patsy.
    Die Kinder beobachteten uns neugierig.
»In der Anrichte sind Reservetaschenlampen«, sagte ich. Ich ging mit der
brennenden Kerze, die ich immer noch in der Hand hielt, hinein, und entdeckte
in einer offenen Schublade mehrere Taschenlampen. Ich nahm die größte heraus
und reichte sie Andrew.
    »Du bist der Anführer«, sagte ich zu
ihm. »Wir rufen euch, wenn ihr runterkommen könnt.«
    Seltsamerweise sah er mich nicht an,
sondern scheuchte seine Schwestern nur aus der Küche. Ich merkte, wie Patsy
empört darüber war, daß ich die Kinder so herumkommandierte, doch ehe sie etwas
sagen konnte, erklärte ich: »Entschuldige, bitte, dies ist ein Notfall. Kommt
mit ins Wohnzimmer.«
    Evans und Patsy sahen sich
unentschlossen an und verließen dann die Küche. Ich blies die Kerzen aus und
folgte ihnen. Im Wohnzimmer nahmen Evans und Patsy etwas entfernt von der
Gruppe am Kamin Platz. Ich stellte mich mit dem Rücken zum Feuer, und es machte
mir ein perverses Vergnügen, daß ich den Löwenanteil der Wärme abbekam. Die
Gesichter, in die ich sah, waren alle angespannt, außer Angelas. Sie wirkte
geistesabwesend, vermutlich hatte sie einen Schock.
    Der Regen trommelte gegen die hohen
Fenster, die Zypressenzweige schlugen gegen die Hauswand. Ein lautes Krachen
war zu vernehmen, und Denny sagte: »Ein Ast, wahrscheinlich von der großen
Ulme. Sie ist ziemlich morsch, es würde mich nicht wundern, wenn sie umfällt.
Und eine Menge von den alten Obstbäumen wird’s auch erwischen.«
    Keiner machte eine Bemerkung dazu, und
so sagte ich nach einer Weile: »Außer dem Sturm haben wir noch ein Problem.
Angelas Großvater ist gestorben.«
    Ein Gemurmel entstand, und alle sahen
Angela an, die weiter geistesabwesend vor sich hinstarrte.
    »Ich finde, die Kinder sollten es nicht
erfahren«, fuhr ich fort. »Gibt es einen Schlüssel zu dem Zimmer?«
    Patsy räusperte sich. »Ich glaube,
einer paßt zu allen Türen. Er hängt an einem Bund in der Anrichte.«
    »Gut. Wenn wir hier fertig sind,
kümmerst du dich dann darum, daß abgeschlossen

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