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Im Auge des Orkans

Im Auge des Orkans

Titel: Im Auge des Orkans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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wird?
    »Natürlich.«
    »Also«, fuhr ich fort, »es ist ziemlich
klar, daß das Boot des Sheriffs nicht wiederkommt — «
    »Wieso?« fragte Evans dazwischen.
    Stephanie wiederholte, was sie bereits
den anderen erzählt hatte. Evans preßte den Mund zusammen und legte den Arm um
Patsy, wie um sie zu trösten.
    »Und so«, fuhr ich fort, »halte ich es
für das beste, wenn jeder ein bestimmtes Aufgabengebiet übertragen bekommt, bis
der Sturm vorbei ist.«
    Neal stand auf. Seine Fäuste waren
geballt. »Wer hat Ihnen gesagt, daß Sie so etwas entscheiden können?« fragte
er. »Das ist meine Insel, und — «
    »Setz dich, Neal«, sagte Sam.
    Neal starrte seinen Bruder wütend an,
setzte sich aber.
    »Ich finde, Denny sollte die Leitung
übernehmen. Er hat ohnehin die meisten Vorbereitungen für den Notfall
ausgeführt.« Das war wieder eine meiner Entscheidungen, die ich ganz instinktiv
getroffen hatte. Ich hoffte zu Gott, daß sie richtig war.
    Denny sah fragend die anderen an. Sam
und Stephanie nickten aufmunternd, Patsy und Evans schlossen sich einen
Augenblick später an. Angela blieb in ihrer privaten Welt. Neal hatte die Augen
niedergeschlagen und ballte immer wieder die Fäuste. Schließlich erhob sich
Denny und nahm meinen Platz beim Feuer ein. Ich setzte mich auf einen Hocker,
ein paar Meter entfernt. Denny erwies sich als ruhiger, fähiger Anführer.
Sofort schlug er vor, daß ich für die Sicherheit zuständig sein und Sam oder
Stephanie zu Hilfe rufen sollte, wenn ich Unterstützung brauchte. Zu meiner
Erleichterung fragte niemand, warum es notwendig war, sich um die Sicherheit
des Hauses und der Menschen darin zu kümmern.
    Sturmschäden am Haus würden von
Stephanie, Sam und ihm selbst behoben. Könnte sich Neal um das Feuer kümmern
und dafür sorgen, daß Kerzen und Streichhölzer immer in Reichweite waren und
die medizinische Versorgung funktionierte? Ja, erwiderte Neal nach einem
Augenblick, er würde das übernehmen. »Wir müssen mit den Taschenlampenbatterien
spafsam sein«, erklärte Denny, »und dürfen auch nicht zuviel Holz verbrauchen.
Sammle doch alle Decken und Kissen ein und bring sie herunter. Es hat keinen
Zweck, daß wir in unseren kalten Zimmern hocken und frieren, wenn wir uns hier
gemeinsam vor dem Feuer wärmen können.«
    Neal nickte, und ich beglückwünschte
Denny im stillen zu dem Einfall. Es kam meinen Plänen entgegen, aber aus einem
anderen Grund: Ich wollte sie versammelt haben, damit ich alle im Auge behalten
konnte.
    »Natürlich ist Evans für die Ernährung
zuständig«, fuhr Denny fort. »Einfaches Essen. Und benütz den Ofen nicht. Ich
weiß nicht, ob die Gasleitungen sicher sind. Patsy, du kannst ihm helfen, wenn
du dich nicht um die Kinder kümmern mußt. Wir brauchen was Kräftiges und
Kaffee. Keinen Alkohol.«
    Patsy betrachtete ihr halb
ausgetrunkenes Weinglas und stellte es auf dem Tischchen ab. Evans machte es
ihr nach.
    Denny sah Angela an, sein Blick war
voller Mitgefühl.
    Da sagte Sam rasch: »Angela hatte einen
Schock. Ich glaube nicht, daß wir von ihr Hilfe erwarten können — zumindest im
Augenblick nicht.«
    Angela rührte sich nicht.
    »Okay«, sagte Denny, »ist jedem klar,
was er zu tun hat?«
    Es entstand ein allgemeines
bestätigendes Gemurmel. »Machen wir unsere Sache gut und beweisen wir dem
Hilfssheriff, daß wir doch keine realitätsfremden Idioten aus der Stadt sind.«
    Evans und Stephanie klatschten Beifall,
und ich hatte das verrückte Gefühl, wir seien eine Fußballmannschaft, die jetzt
aus ihrer Kabine aufs Spielfeld lief.
    Die Gruppe zerstreute sich rasch. Ich
beobachtete, wie Sam zu Angela ging, sich neben ihr niederkniete und beruhigend
auf sie einsprach. Sie reagierte nicht. Er nahm ihre Hände in die seinen,
massierte sie und redete weiter. Einen Augenblick später neigte sie ein wenig
den Kopf und begann zu weinen.
    Ich ging hinaus und holte mir eine
Taschenlampe aus der Anrichte. Als ich Dennys riesigen Regenmantel dort hängen
sah, zog ich ihn an. Ich wollte die Waffe aus dem Wagen holen.
    Als ich versuchte, die schwere
Eingangstür hinter mir zu schließen, hätte sie mir der Wind beinahe aus dem
Fingern gerissen. Ich mußte beide Hände gebrauchen, um sie zuzuziehen. Der
Regen peitschte mir ins Gesicht. Die Wagen in der mit Schlamm und Zweigen
bedeckten Auffahrt waren kaum zu erkennen. Der VW-Bus wackelte bedenklich, als
könnte er jeden Augenblick umgeblasen werden. Aber mein MG schien in Ordnung zu
sein. Jedenfalls

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