Im Auge des Tribuns: Ein Kriminalroman der etwas anderen Art... (German Edition)
wiederholte Stettler langsam und sich die Worte dabei genüsslich auf der Zunge zergehen lassend. Das hätte er mal früher wissen müssen.
„Denk nicht mal dran, Sandro ...“ Tadelnd winkte Lysann mit ihrem linken Zeigefinger. „Es ist nicht dein Geld nach dem du hier lechzt!“
Stettler seufzte.
„Könnten wir uns denn vielleicht wenigstens auf Antoine einigen?“ Fragend zog er die Mundwinkel hoch. „Schließlich hat es mich ja auch ein wenig Arbeit gekostet, diese Tarnung aufzubauen ...“ Er räusperte sich. „Aber was das Geld angeht – für deinen neuen Boss ist es ja wohl auch nicht“, murmelte er dann, kurz die zuvor gemachten Aussagen kombinierend. „Nun komm schon“, seine Gier war sichtbar geweckt, „Partner, Partnerin ...“, schmalzte er mit einem Mal aufdringlich. „Du hast vor, es ihm zu stehlen, richtig?“
„Vielleicht ...“ Geheimnissvoll beugte sich Lysann nach vorne. „Sag mir, du gebildeter Mann ...“, und ihre Stimme ging jetzt in Flüstern über, „was heißt auf lateinisch Zukunft? Posteritas?“
„Was sagst du da?“ Stettlers Mimik versteinerte. „Das ist jetzt nicht dein Ernst oder?“ Er schnaufte tief durch. „Weiß du denn überhaupt, wovon du da sprichst Kind?“
„Natürlich weiß ich das ...“ Ein äußerst selbstbewusstes Grinsen auf den Lippen lehnte sich Lysann wieder nach hinten. „Ich spreche von der Weltherrschaft!“
„Der Weltherrschaft – ganz richtig!“ Böse auflachend sah Stettler sie mit großen Augen an. „Ich frag dich mal was – da du doch anscheinend glaubst, meine Vergangenheit gar so genau zu kennen, warum hab ich mich denn wohl damals, in Jugoslawien, abgesetzt?“ Er schüttelte verächtlich den Kopf.
„Weil es sinnlos war – ganz richtig!“, fuhr er dann seine Frage selbst beantwortend fort. „Absolut sinnlos! Vier Jahre! Ach was sage ich – viereinhalb, wenn man die Anfänge der Geschichte noch mit dazu zählt! Viereinhalb Jahre für nichts und wieder nichts!“ Er winkte wütend ab.
Die Maria Nigra – das konnte doch jetzt alles nicht ihr Ernst sein! Ein Hirngespinst! Der Fluch des Olaf Siebert. Dieser arme Irre. Hätte erdamals auch nur im Geringsten geahnt, was dieser Freak mit seinen Wachträumen in den Hirnen der Parteigenossen alles anrichtet, so hätte er ihn bestimmt eigenhändig in seiner Zelle erwürgt.
„Glaub mir, Kind!“, fuhr es dann warnend aus ihm heraus. „Das ist ein Hirngespinst! Geboren in den Köpfen machthungriger SED-Funktionäre! Eine illusionistische Fantasterei sondersgleichen! Ich gebe dir einen guten Rat: Lass uns das Geld nehmen, und den Rest schnell wieder vergessen!“
„Das Geld nehmen, ja?“ Lysann grinste spöttisch. „Womit wir dann auch wieder bei deiner Vergangenheit wären. Von wegen, ich kenne dich nicht.“ Sie sah ihn maßregelnd an. „314 eng beschriebene Seiten, beidseitig bedruckt – so gut kenne ich dich! Warum wohl ging es in deinen Augen nie voran? Du hast das System des sozialistischen Staates nie verstanden, richtig? Was hätte jemand wie du wohl gemacht, wenn er alles gewusst hätte? Jemand, der so selbstverliebt und gierig ist wie du? Glaub mir – auch wenn ich ihn hasse, es war klug vom alten Mann, dich kleinzuhalten. Und wenn mein Vater nicht andauernd für dich gebürgt hätte – wer weiß, was dann ...“
„Wow ...“ Fasziniert starrte Stettler sie an. Was war bloß in den letzten Jahren aus dem kleinen Mädchen geworden, das er kannte?
„Wow?“ Lysanns Augen blitzten böse auf. „Das ist alles, was dir dazu einfällt? Weiß du“, und ihre Stimme beruhigte sich wieder, „mein Vater war so nah dran! Und du? Wegen einer läppischen Million ...“
„850.000“, korrigierte Stettler besserwisserisch.
„Ja, ja – 850.000!“ Lysann seufzte kopfschüttelnd. „Aber weißt du auch, wofür die waren? Das Herz – drei Monate, eure gesamte Zeit auf dem Balkan, hatte mein Vater schon in Verhandlungen gestanden und du – kurz vor der Übergabe hast du alles vernichtet!“
„Du meinst, ich ...“ Stettler spürte wie sich ihm der Hals zu schnürte.
„Keine Sorge“, unterbrach Lysann mit milder Stimme, „nach langer Suche ist es jetzt endlich auf dem Weg nach Deutschland. Allem Anschein nach hat der Oberst während seines Aufenthalts in Tegel ein paar durchaus brauchbare Kontakte geknüpft – du weißt schon, jemanden kennengelernt der einen kennt, der einen kennt und so weiter ...“
„Vom Militär direkt in die Schattenwelt …“ Stettler
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