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Im Auge des Tribuns: Ein Kriminalroman der etwas anderen Art... (German Edition)

Im Auge des Tribuns: Ein Kriminalroman der etwas anderen Art... (German Edition)

Titel: Im Auge des Tribuns: Ein Kriminalroman der etwas anderen Art... (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Per Matthias Griebler
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ehemals bester Freund, er hatte ihn erschossen – in einem Handgemenge mit zwei Stasi-Agenten.
    Von diesem Augenblick an, das wusste er, konnte er niemals wieder in sein Heimatland zurückkehren. Kurz nach der Wende hatte er zwar noch versucht mit ihrer Mutter Kontakt aufzunehmen, aber auf seinen Brief kam nie eine Antwort. Vielleicht war es Hilde aber auch bloß nie gelungen, die von ihm vorgegebene Verschlüsselung zu knacken. Wie auch immer. Seit dem Tag am Bahnhof hatte er beide nicht mehr wiedergesehen.
    Eben bis jetzt. Er atmete tief durch. Die Vergangenheit hatte ihn eingeholt.
    Das Plattenspiel im Hintergrund verstummte.
    In völliger Stille und ihn dabei mit ihren großen, blaugrauen Wolfsaugen ausgiebig musternd, sah Georgs Töchterchen ihn an. Noch nicht mal ihren Atem konnte er in diesem Moment vernehmen. Einzig das gleichmäßige Blubbern des Pools war noch zu hören.
    „Nun denn, so sei es ...“ Nickend schloss Stettler seine Augen und breitete erwartungsvoll die Arme aus. „Bring’s hinter dich ...“
    „Ich soll was?“, brach es nun lachend aus Lysann raus. „Was ist los mit dir, Sandro?“ Kopfschüttelnd nahm sie die Waffe runter. „Denk malnach“, fuhr sie dann schmunzelnd fort und griff sich links vom Beckenrand eine Handvoll Erdbeeren aus der Obstschale, „hätte ich dich tot sehen wollen, so wärst du es längst ...“
    „Verstehe ...“ Stettler atmete tief durch. Er würde also leben. Aber musste sie ihn dann optisch wirklich dermaßen quälen? Diese Bilder – konnten Frauen ihr Obst denn nicht essen, wie jeder andere Erdenbürger auch? Es hatte schon seinen Sinn, dass die Bananen im Frauenknast klein geschnitten wurden.
    „Und, und was willst du stattdessen? Etwa“, erschrocken registrierte er wie sein männlicher Urtrieb in dieser Sekunde die Oberhand gewann, „etwa Sex?“
    „Hallo?“ Stirnrunzelnd schenkte Lysann ihrem Gegenüber ein zweifelndes Lächeln. „Geht’s noch? Du könntest schließlich mein Vater sein!“ Sie seufzte leise. „Also kein Sex – erst mal ... Vielmehr möchte ich“, und ihr Schmunzeln wich wieder dem professionellen Gesichtsausdruck einer Frau, die ganz genau wusste, was sie wollte, „nein, ich verlange, dass du mir fünf Minuten zuhörst. Dann nämlich sag ich dem Oberst auch nicht, was ich hier gefunden habe ...“
    „Dem Oberst?“ Stettler räusperte sich. „Soll das etwa heißen“, irritiert setzte er sich aufrecht, „du arbeitest jetzt für Loske?“
    „Na ja ...“, Lysann zwinkerte ihm zu, „zumindest glaubt er das. Aber mal unter uns – könntest du für jemanden arbeiten, der deine Mutter vier Jahre nach Bautzen geschickt hat?“
    „Ernsthaft?“ Stettler faltete bedächtig die Hände. „Du sprichst ja auch gerade mit dem Mörder deines Vaters ...“
    „Sagtest du nicht, es war ein Versehen?“ Herausfordernd sah sie ihn an.
    „Du weißt es?“ Für einen kurzen Moment hielt Stettler irritiert inne.
    „Der Brief – natürlich ...“, fuhr er dann nickend fort, „also hat deine Mutter ihn doch bekommen, ja? Wie geht’s ihr denn?“
    „Nicht so gut ...“ Lysann seufzte theatralisch. „Sie ist tot – Krebs, vor acht Jahren. Weißt du, während du dir nämlich im Westen ein schönes Leben gemacht hast, wurde sie daheim des Landesverrats angeklagt. Das ist ihr nicht so gut bekommen ...“
    „Sie ist tot?“ Betroffen senkte Stettler den Blick. „Tut mir leid“, murmelte er leise. Und das war ihm ernst. Erst Georg und nun – könnte er damals doch nur irgendwie wieder ungeschehen machen.
    Nach drei Monaten auf dem Balkan, ohne brauchbare Ergebnisse, wurden Kontrolle und Druck von oben merklich stärker und die beiden,ihnen zugeteilten Herren vom Begleitkommando der Staatssicherheit, mutierten von Personenschützern langsam aber sicher immer mehr zu Zuhältern.
    Und eines schönen Tages eben hatte dann plötzlich dieser Koffer im Raum gestanden – beigebrauner Stoff mit kleinen bunten Blumenmustern rundherum und einem abgewetzten Ledergriff an der Oberseite. Und in ihm drin ein Haufen Geld – Westgeld, kleine Scheine, Zehner und Zwanziger, diverse Währungen, keine fortlaufenden Nummern. Angeblich um eine neue Quelle zu bezahlen, die Georg erst ein paar Stunden zuvor aufgetan hatte.
    Umgerechnet lagen in diesem einen ziemlich speziellen Augenblick knapp über 850.000 vor ihm – zu damaligen Zeiten, als die D-Mark noch etwas wert war, die perfekte Summe um ein neues Leben zu beginnen. Ein neues Leben als freier

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