Im Auge des Tribuns: Ein Kriminalroman der etwas anderen Art... (German Edition)
ich Zeit …“, antwortete er dann, die Mundwinkel zu einem leichten Grinsen verziehend und schob sich die 45er wieder zurück in den Hosenbund.
„Kennen wir uns?“, fragte er dann und hob den Thunfisch auf.
„Leider nein …“, die Person am anderen Ende der Leitung machte erneut eine kurze Pause, „doch sagen wir“, fuhr sie dann asthmatisch röchelnd fort, „Sie wurden mir empfohlen …“
„Verstehe.“ Nachdenklich drehte Huber die Dose in den Händen hin und her. „Dann wissen Sie ja sicherlich auch, wie’s läuft. Wenn ich interessiert bin, rufe ich Sie in 20 Minuten zurück.“ Und ohne eine weitere Antwort abzuwarten, trennte er die Verbindung.
„Oh, das ist dumm …“ Sein Blick war gerade auf ein kleines, halb abpiddeltes Delphin-Logo in der rechten unteren Dosenecke gefallen. Doch kein Fangnetz.
„Warum hast du denn nicht einfach das Maul aufgemacht, Kleiner?“ Kopfschüttelnd sah er den am Boden Liegenden an und warf ihm die Dose abfällig auf den Bauch.
„Merk dir“, murmelte er dann, tadelnd über ihn hinwegsteigend. „Wie die Sache mit dem Bären und der Todesliste. Kommunikation ist alles. Für‘s nächste Mal weißt du’s …“
Sechstes Kapitel
Besuch aus der Vergangenheit
Sechs Wochen zuvor. Hansestadt Bremen, Norddeutschland – südliches Zentrum, irgendwo in einer noblen Penthouse Suite.
Der angenehme Geruch frisch geschnittener Vanille lag in der Luft, und begleitet vom leisen Blubbern des Jacuzzi-Pools tönten sanft die Klänge von Beethovens Mondscheinsonate über die mit Kerzen erhellte Dachterrasse.
„Holla …“ Stettler trat ins Freie. „Du bist früh dran, Schätzchen …“ Seine Hand wanderte durch den Sektkelch zu seiner Linken und ergriff zwei der sich einbettend um die Rotkäppchen-Sektflasche befindlichen Eiswürfel.
„Wartest du schon lang?“ Mit dem gefrorenen Nass rasch noch seine Brustwarzen in die richtige Passform bringend, schlenderte er näher.
„Dennoch“, er öffnete sich den Morgenmantel und ließ ihn nach hinten weg fallen. „du erwartest ja jetzt wohl hoffentlich nicht, dass ich dir deine Überpünktlichkeit extra bezahle …“ Ein wohliges Kribbeln der Vorfreude erfüllte seinen Körper. Wenn die Frontpartie des kleinen Pool-Häschens genauso gut war wie das, was ihr zart sonnengebräunter Rücken versprach, dann würde er diesen Begleitservice definitiv noch mal mit einem Anruf belästigen.
„Vergiss nicht – Festpreis ist Festpreis.“ Vorsichtig stieg er neben ihr ins Wasser und sah sie lüstern an. „Und ich darf ihn überall reinstecken – überall …“
„Genau wie ich …“ Die Blonde grinste zurück und rutschte ein Stück nach links. „Darauf stehst du doch, oder?“
„Was?“ Stettler stockte. „Wie meinst du – oh, shit …“ Vor ihm aus den Sprudelblasen tauchte ein Schalldämpfer auf.
„Du bist ja absolut irre!“ Die vermeintliche Nutte voller Zorn ansehend, wich er zurück. „Weißt du überhaupt, mit wem du dich hier anlegst, dumme Schlampe?“
„Na, na …“, lachend ließ die Blonde ihr Gegenüber für den Bruchteil einer Sekunde einen kurzen Blick auf ihre im Wasser wippenden Brüste erhaschen, „mit einem Mal so unhöflich, Antoine?“, tadelte sie spaßend und strich sich ihr Haar aus der Stirn. „Oder“, ihr Lachen verstummte, „magst du es lieber, wenn ich Onkel Sandro sage? Und mal ganz ehrlich,Herr Doktor Stefan, musste es denn von allen Klassenfeinden unbedingt ein Franzose sein? Antoine – einfach lächerlich!“
Stettler erstarrte.
„Lysann …“ Kaum mehr als ein Flüstern, was er hervorbrachte. Sollte das wirklich die Kleine von damals sein? Die Kleine, die ihm kaum übers Knie gereicht und sich die endlosen Flure und Gänge von
Anlage 49
zu ihrem Abenteuerspielplatz auserwählt hatte?
Ihre letzte Begegnung musste im Dezember ’85 in Ost-Berlin gewesen sein. Dennoch, mit einem Mal, sah er wieder alles ganz genau vor sich:
Den Bahnhof, das Gleis, der wartende Zug in Richtung Westen und Georg – Lysanns Vater. Das Ministerium hatte ihnen Diplomatenpässe ausgestellt, und es war der Tag des Abschieds.
Lysann war mit Hilde, ihrer Mutter, dort gewesen und in ihrem kleinen rosa Kleidchen hatte sie ausgesehen wie ein Engel. Ihren Vater gehen zu lassen, fiel ihr sichtlich schwer. Sie weinte und schrie bitterlich und als es dann soweit war, wollte sie ihm noch nicht einmal mehr in die Augen schauen.
Drei Monate später war ihr Papa tot. Und er, Sandro Stefan, sein
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