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Im Augenblick der Angst

Im Augenblick der Angst

Titel: Im Augenblick der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Sarkey
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riskier bloß nicht, dass du am Ende noch hinfällst. Geh einfach ganz ruhig hier raus.
    Ich sagte, dreh dich um und geh –
    Anna hechtete zur Schlafzimmertür, warf sich in den Flur und sprintete zum Eingang. Ihr Herz hämmerte, als wollte es ihren Brustkorb sprengen.
     
    Jack starrte durch die Windschutzscheibe. Die Frau von vorhin hatte gerade die Tür von Will Tuttles Wohnung aufgerissen, dann die Tür zum Vorraum, und schwang ihren süßen Arsch nun die Straße hinunter, als wäre ihr der Teufel persönlich auf den Fersen.
    »Schätze, sie hat gemerkt, dass wir zu Besuch waren«, sagte Marshall trocken. »Was glaubst du, hat sie in der Wohnung gemacht?«
    »Weiß nicht.«
    »Denkst du, sie weiß davon?«
    Jack spreizte die Hände und schwieg.
    »War echt Glück, dass du sie hast kommen sehen.« Marshall zog den Koffer auf den Schoß. »Wenn sie uns überrascht hätte …«
    Jack ließ den Motor an, warf einen Blick über die Schulter und lenkte den Civic auf die Straße. Diese Reed rief wahrscheinlich gerade die Polizei. Am besten blieb man in Bewegung.
    Währenddessen öffnete Marshall die Verschlüsse des Koffers und klappte ihn auf. Reihe über Reihe penibel angeordneter Päckchen und Fläschchen, die zusammenpassten wie ein Puzzle. »Was hast du mit dem Kram vor?«
    »Kennst du wen, der es verticken kann?«
    Nachdenklich sog Marshall die Luft durch die Zähne ein. »Vielleicht Mikey Cook?«
    »Vertraust du ihm?«
    »Ich würde ihn nicht gerade meine Schwester ficken lassen, aber er ist ein guter Mann.«
    Jack nickte. »Gut. Das erledigen wir, wenn wir hier fertig sind.«
    Sie schwiegen eine Weile, bis Marshall sagte: »Will wird eine ziemliche Überraschung erleben.«
    »Ja.« Jack blinkte und bog nach Süden ab. »Wir müssen ihn genau beobachten. Nicht dass er doch noch beschließt, die Kurve zu kratzen.« Er hielt sein Gesicht und seine Stimme ausdruckslos, doch hinter der Fassade tobten seine Gedanken. Überraschung, Will. Ich komme, ich komme dich holen, dich und mein Geld, und nichts – nichts! – wird mich aufhalten.
    Nichts.
     

7
     
    Ein Streifenwagen parkte vor Toms Haus.
    Als Anna angerufen hatte, war er nicht im Büro gewesen. Tom hatte einen dieser ganz speziellen Vormittage hinter sich, die Sorte, bei der er schon um halb zehn wusste, dass er sein Mittagessen am Schreibtisch runterschlingen würde, nur um eineinhalb Stunden später zu begreifen, dass das Mittagessen heute ganz ausfallen würde. An solchen Tagen wünschte er immer, er hätte an seinen Schriftstellerträumen festgehalten, statt sich eine Anstellung als Technischer Redakteur bei einem Großunternehmen zu suchen.
    Und wozu das Ganze? Ein besonders beliebtes Vorstandsmitglied, dessen Aufgabe vor allem darin bestand, anderen Leuten den Tag zu versauen, hatte eine seiner berüchtigten Kehrtwenden hingelegt – und damit ein Projekt abgewürgt, das Toms Team nächste Woche hätte starten sollen. Es war die übliche Scheiße, ein reiner Egotrip, der sich hinter Gemeinplätzen wie »vorausschauendes Denken« und »neue Wege beschreiten« verbarg –, was jedoch ausreichte, um zehn Wochen harte Arbeit das Klo runterzuspülen. Wenn man nach einer solchen Konferenz ins Büro zurückkehrte und das rote Lämpchen am Anrufbeantworter unheilvoll blinken sah, brach man nicht gerade in einen Freudentaumel aus.
    Dann hörte Tom die Nachricht ab, und alles wurde noch schlimmer. Annas Stimme, panisch und atemlos – er verstand kaum etwas, nur dass irgendwer in ihrem Haus gewesen war, und dass er sofort heimkommen sollte. Mit dem Telefon in der Hand starrte er aus dem Fenster, hinab auf die Straßen der Stadt, auf die kastenförmigen gelben Taxis und die ameisengleichen Menschen. Er biss sich auf die Lippe. Ein Teil von ihm dachte, dass er das jetzt wirklich nicht gebrauchen konnte, nicht jetzt, wo hier sowieso schon alles so kompliziert war. Warum war Anna überhaupt mitten am Tag zu Hause? Ein anderer Teil von ihm spurtete schon hinunter zur Straße, winkte ein Taxi herbei und bot dem Fahrer vierzig Dollar, wenn er sich auf dieser Fünfundzwanzig-Dollar-Fahrt ein bisschen beeilte.
    Tom hatte sich für die zweite Möglichkeit entschieden und auf der Rückbank gebetet, dass alles in Ordnung war.
    Doch vor seinem Haus parkte ein Streifenwagen.
    Er warf dem Fahrer zwei Scheine zu und sprang aus dem Auto, stürmte quer durch die Tulpen der Nachbarin und nahm die Verandatreppe im Sprung. »Anna!?« Als er schon halb die Treppe in den ersten

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