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Im Augenblick der Angst

Im Augenblick der Angst

Titel: Im Augenblick der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Sarkey
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den Plan gründlich. Er bohrte mit aller Kraft nach, fragte immer wieder Aber wenn dies und Was ist mit dem . Doch der Plan wirkte tatsächlich wasserdicht. Nicht kugelsicher, aber wasserdicht. Und ganz bestimmt weniger riskant als alles, was sie sich bisher überlegt hatten.
    »Was ist? Sag schon«, drängte Anna.
    Er erzählte es ihr. Als er den Plan in Worte fasste, wirkte er sofort realer, was kein wirklich angenehmes Gefühl war.
    Anna kniff die Augen zusammen, so dass die feinen Krähenfüße hervortraten, und sagte schließlich: »Ich glaube, das könnte funktionieren.«
    »Ich weiß nicht. Das ist nicht unsere Welt, da hat Jack schon Recht. Vielleicht sollten wir einfach zur Polizei gehen.« Tom schloss die Augen und kniff sich mit Daumen und Zeigefinger in den Nasenrücken. In der Dunkelheit fühlte er sich sicher, als hätte er sich in einer verschneiten Nacht unter der Decke vergraben. Aber er musste die Augen wieder öffnen. »Und wenn wir das wirklich durchziehen … Was sind wir dann für Menschen?«
    »Lebendige Menschen«, sagte Anna leise. »Freie Menschen.« Sie legte den Kopf schief. »Und reiche Menschen.«
    »Mein Gott, vergiss doch mal das Geld.«
    »Im Ernst? Ich soll das Geld vergessen?« Eine messerscharfe Kante zerschnitt ihre eben noch so milde Stimme. »Dir ist es also egal, wenn wir pleitegehen und das Haus verlieren? Wenn wir niemals ein Kind bekommen, niemals eine richtige Familie gründen können? Wenn wir einen Anwalt engagieren, vor Gericht erscheinen und jeden Tag unser Foto in der Zeitung sehen müssen? Wenn wir die nächsten zehn Jahre damit verbringen dürfen, uns aus dieser Scheiße herauszuwühlen? Ich hab langsam genug davon, dass du immer so tust, als wär das alles meine Idee gewesen! Wir haben das gemeinsam beschlossen. Niemand hat dich zu irgendwas gezwungen.« Anna schüttelte den Kopf und atmete aus, ehe sie mit ruhigerer Stimme weitersprach. »Wenn ich damals gewusst hätte, was ich heute weiß, hätte ich es nicht genommen. Mir ist klar, in was für einer Lage wir sind. Ich würde das Geld sofort aufgeben, wenn wir dadurch unser altes Leben zurückbekommen könnten. Aber diese Möglichkeit haben wir nicht mehr. Begreif das doch endlich. Und jetzt können wir entweder stark sein und diese Sache durchziehen, um am Ende vielleicht sogar besser dazustehen als vorher, oder wir können in Panik verfallen und alles verlieren.«
    »Wenn wir es tun, wird ein Mensch sterben.«
    »Ein schlechter Mensch.«
    »Wie kann dir das so egal sein?«
    Sie zuckte mit den Achseln. »Ich versuche nur, realistisch zu sein. Jack ist kein netter Kerl. Du selbst hast heute Nachmittag versucht, ihn zu erstechen, und keiner würde dir einen Vorwurf daraus machen.«
    »Ich weiß. Und glaub mir, ich würde sicher nicht um ihn weinen, wenn er den Löffel abgibt. Aber so was im Voraus zu planen, ist das nicht irgendwie … böse?«
    Es dauerte, bis Anna antwortete. »Wir sind keine bösen Menschen, Liebling. Wir sind da einfach in was Schlimmes reingeraten.«
    Tom hörte das leise Rauschen des Verkehrs hinter den doppelten Fensterscheiben. Autos, die nach Süden rasten, Autos, die nach Norden rasten, Tausende Leben, die gelebt, Tausende Entscheidungen, die getroffen wurden. Und niemand konnte wissen, welche Sekunde am Ende über alles entscheiden würde.
    Er zögerte noch einen Moment, ehe er sagte: »Gibst du mir mal das Telefon?«
    Die Visitenkarte hatte er dem Detective überlassen, aber die Nummer wusste er noch. Manche Dinge vergaß man nicht so schnell – von einem Drogendealer bedroht zu werden, zählte mit Sicherheit dazu. Tom wählte und drückte die grüne Taste.
    Eine tiefe Stimme, die nicht dem Mann im Anzug gehörte, drang aus dem Hörer. »Ja?«
    »Ich muss mit –« Tom hielt inne, als ihm klarwurde, dass er nicht mal den Namen des Typen kannte. »Hier spricht Tom Reed. Er –«
    »Moment mal.«
    Eine gedämpfte Unterhaltung, anscheinend hatte der andere die Hand auf den Hörer gelegt. Dann meldete sich eine vertraute Stimme. »Mr. Reed. Haben Sie was für mich?«
    »Ich habe das ganze Haus auf den Kopf gestellt, vom Keller bis zum Dachgeschoss. Es ist nicht da. Tut mir leid.«
    »Sie enttäuschen mich.«
    »Ich weiß. Dafür habe ich die Antwort auf Ihre Frage.« Er machte eine Pause. »Auf Ihrer. Ich stehe auf Ihrer Seite. Und ich kann es beweisen.«
    »Wie das?«
    »Indem ich Ihnen sage, wo Sie Jack Witkowski finden.«
    Eine ausgedehnte Stille, bis die Stimme erwiderte: »Nicht

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