Im Bann der Dämonin
kräuselten sich auf dem weißen Baumwolllaken, und die Krümmung ihres Halses sah so verführerisch, so unwiderstehlich aus – und schien ihm zuzurufen: Berühr mich! –, dass er nicht wusste, wie er die Nacht überstehen sollte, ohne sie anzufassen.
Schließlich schaltete er das Licht aus und legte sich auf den Fußboden.
„Gute Nacht, principessa .“
Er hörte, wie sie sich bewegte, und spürte in der Dunkelheit, dass sie ihn anstarrte. „Wie sagt man in Ihrer Sprache? Ah, ich weiß wieder. Ich hoffe, Sie werden für immer in der Hölle schmoren.“
Sein Grinsen konnte sie glücklicherweise nicht sehen. Eins musste er ihr lassen.
Die Frau hatte coglioni .
Luciana starrte aus dem großen Fenster der schäbigen Pension hinaus in die Dunkelheit. Der Lärm des Festes war verklungen. Von draußen war nichts zu hören außer dem Gluckern des Wassers im Kanal, das gegen die verrottenden Backsteine dieser verfallenen Pension schwappte.
Was für eine Pleite!
Irgendwo da draußen in der Dunkelheit vor der Erlöserkirche wartete Satans Fährmann in seiner schwarzen Begräbnisgondel darauf, dass sie ihm das versprochene Opfer brachte.
Das Opfer, das sie nun nicht liefern würde.
Grund dafür war dieser große, gefährliche Engelskrieger, der nun neben ihr lag. Der einem Dämon mehr glich als einem Engel. Der eher aus einem animalischen Instinkt heraus zu agieren schien statt aus Vernunftgründen. Wer auch immer ihn geschickt hatte, wusste genau, wo und wie er sie treffen konnte.
In ihrem Inneren tobten Wut und Erschöpfung. Nicht nur, weil sie die Jagd nicht hatte durchführen können, sondern weil sie seit Monaten auf Rache sann, die ihr einfach nicht gelingen wollte. Und nun auch noch dieses seltsame Kindermädchen, dieser Schlägertyp, der angeblich ein Engel war. Wie sanft seine großen Hände ihren Rücken berührt hatten – das war ein Widerspruch in sich selbst. Kaum hatte er sie berührt, war ihr Schmerz verschwunden. Seltsamerweise empfand sie Frieden.
Dieses Gefühl war ihr so fremd.
Frieden.
Ist es das, was Julian Ascher bei Serena empfindet?
Fürs Erste war sie ihrem Bewacher auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Doch sie musste einfach Geduld haben. Sie würde eine Möglichkeit finden, zu fliehen, selbst wenn sie mit ihren Kräften so gut wie am Ende war.
„Ich werde einen Weg finden, um mich aus dieser ausweglosen Lage zu befreien“, zischte sie in die Dunkelheit. „Wie immer. Und sobald es mir gelungen ist, werde ich mich an euch allen rächen.“
Früher oder später würde Satan nach dem Opfer verlangen, das sie ihm schuldig geblieben war.
Und wenn er rief … Oh, das würde ein Opfer geben!
Lieber die ganze Nacht wach bleiben, als nur eine Sekunde in der Gegenwart dieser Frau einzunicken .
Brandon war schlaflose Nächte gewohnt. Doch in dieser Nacht war er wirklich erschöpft – nach allem, was er hinter sich hatte. Kaum hatte er sich hingelegt, drohte der Schlaf ihn zu überwältigen. Da spielte es keine Rolle, wie hart und ungemütlich sein Lager war.
Der Schlaf war ein Tyrann. Der Schlaf war sein Feind.
Falls er einschlief, riskierte er es, wieder zu träumen. Oder, noch schlimmer, von ihr zu träumen.
Manchmal war es aufreibend, noch so sehr in seinem menschlichen Leben verhaftet zu sein.
Die Sehnsucht nach dieser Frau, die so dicht bei ihm lag, kaum einen Meter neben ihm, quälte Brandon.
Doch er spürte, wie sie in der Dunkelheit vor sich hin brü-tete. Ihre Wut und Enttäuschung waren greifbar. Fast konnte er hören, welche Mühlsteine sie in ihrem Kopf wälzte. Und an ihrem Fluchtplan arbeitete.
Er wurde müde davon, die an der Decke tanzenden Lichtreflektionen des Wassers zu beobachten, und schloss für einen Moment die Augen. Nur für einen Moment, um seine müdenLider zu entspannen.
Und schlief sofort ein.
Nur, um kurz darauf schlagartig wieder zu erwachen.
Als er die Augen öffnete, sah er durch das große Fenster den Vollmond. Wie seltsam, dachte er, früher am Abend war der Mond nur eine blasse silbrige Sichel gewesen.
Träumte er? Nein.
Er befand sich nicht in seinem üblichen nächtlichen Traumszenario. Es roch nicht nach Urin und Abfall. Da war auch keine enge Gasse. Nur der schmutzige Hotelfußboden, auf den er sich gerade gebettet hatte.
Er stieß einen erleichterten Seufzer aus. Befahl sich selbst, tief ein- und auszuatmen.
Doch als er den Kopf zur Seite drehte, sah er, dass die Dämonin nicht mehr ans Bett gefesselt war.
Irgendwie war es Luciana
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