Im Bann der Drudel (Auf der Suche nach dem magischen Buch) (German Edition)
Frau, die ihre Einkäufe umklammerte. Timothys Sessel verlangsamte selbstständig sein Tempo.
Die Frau beugte sich vor und grüßte freundlich. »Zum Gruße, Libere! Was macht das Leben in der Kommune?«
»Es ist – super. Wir, ähm, haben viele Pilze gefunden«, improvisierte Timothy und nahm sich fest vor, sich von Loo bei nächster Gelegenheit erklären lassen, was genau die Liberen so taten.
Die Vinin verzog angeekelt das Gesicht. »Pilze – Na ja, jedem das seine – Ich werde Euch in Kürze besuchen! Mein Sohn ist mit diesem fürchterlichen Ausschlag belegt worden … Trutzenanische Blattern! Ihr wisst schon, mit blauen Pusteln, die so grauenhaft anschwellen. Mir ist das Bikelkraut aus, das Ihr mir letzten Annotas verkauft habt.«
Timothy sah fragend zu Loo hinüber und machte eine hilflose Geste. Sein Freund zwinkerte und rief laut über ihn hinweg: »Ich gehe gern und hole Euch das Kraut. Für drei Lex zu einem Ring liefere ich es Euch auch bis vor die Tür. Schickt einen Gargoyle oder Euren Wächter von den Coloren zu Loo, wenn Ihr mögt.«
»Darauf komme ich gewiss zurück«, erwiderte die Vinin fröhlich. »Den armen Jungen in diesem Zustand alleine zu lassen, ist wirklich nicht schön. Man weiß nie, wann die Pusteln platzen. Eine Riesensauerei! Meine Mutter musste alles neu tünchen, als ich die Blattern hatte.«
»Vielleicht habt Ihr auch Interesse an einem brandneuen Roten?« Loo zog die Flasche unter seiner Zipfelmütze hervor. Er hielt sie so, dass die Vinin einen Blick darauf werfen konnte.
»Hört mir auf mit diesem Hexengesöff! Ich bin froh, wenn ich meinen Mann mal nüchtern zu Gesicht bekomme. Wenn ich mich recht entsinne, war er es noch nicht mal bei unserer Vereinigung. Pfui Deibel!«, spuckte die Frau aus und verschwand schimpfend in einer der Nebengassen.
»Was ist mit dem Kraut?«, brüllte Loo ihr hinterher, sie war aber schon außer Hörweite.
»Wenn der Junge Blattern hätte, wäre er schon tot«, rief er stattdessen Timothy zu. »Da hilft auch kein Bikelkraut. Außerdem sind Blattern schon längst ausgestorben.«
Timothy hob verständnislos die Hände.
»Ist nicht wichtig«, bedeutete Loo ihm mit einer wegwerfenden Geste und stopfte die Flasche wieder zurück unter die Zipfelmütze, die er sicherheitshalber mit beiden Händen fest auf seinem Kopf hielt. Inzwischen hatten sie wieder an Fahrt aufgenommen. Timothy versuchte, seinem Sessel zu vertrauen, so gut er konnte.
Trotz der halsbrecherischen Geschwindigkeit reihten sich immer mehr Gefährte in die Blitzröhre ein, die seinen Sessel jedes Mal zu einer scharfen Bremsung zwangen.
Vor ihnen sauste jetzt anstelle der Vinin ein weiterer Color die Schienen entlang. Er lümmelte sich in einer ausgefallenen Sitzschale aus weißem Leder, die die Gestalt eines längs halbierten Eies hatte, und schien tatsächlich schlafen zu wollen. Weit davor konnte Timothy eine alte Kirchenbank ausmachen, auf der kerzengerade drei Gestalten saßen und ihre Pergamente mit festem Griff zusammenhielten. Ihre Körper wurden von einem blassen Licht umspielt.
Als Loos Sessel bis auf wenige Zentimeter zu ihm aufschoss, fragte Timothy neugierig: »Wer sind die?«
»Das sind Dans«, raunte Loo. »Die können hören, was du denkst.«
»Echt?«
Loo nickte.
»Und die?« Timothy zeigte auf ein ausnehmend schönes Pärchen hinter Loo, das auf einem ausladenden Chesterfield-Sessel miteinander kuschelte.
»Bellaren! Können eigentlich nichts, außer Singen, Tanzen und Malen und all die Dinge, die keiner braucht.«
»Der sieht wie Godo aus«, stellte Timothy fest, als ein schnarchender Riese einfuhr, der es sich auf einem abgewetzten Sofa gemütlich gemacht hatte.
»Valide!«, meinte Loo nur, und Timothy kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Plötzlich musste er an Godos Worte denken: »Auf dem Sessel kannste ohnehin nich mehr reisen. Was dagegen, wenn ich die Hütte n bisschen aufheize?«
Timothy hatte sich gefragt, was Godo damit gemeint hatte, aber jetzt verstand er. War es wirklich erst einen halben Tag her, seit Godo … zu Eis gefroren war? Timothy wurde unwillkürlich kalt, als er an die grauenvollen Geschehnisse dachte.
»Loo! Was ist mit Godo passiert? Was weißt du darüber?«
»Wir sind gleich da, du musst jetzt langsam bremsen, einfach den Hebel hochziehen – nur nicht zu doll!«, rief Loo statt einer Antwort und deutete auf die Metallstange neben der Sitzfläche.
Timothy vergaß seine Frage für den Moment und ließ vorsichtig
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