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Im Bann der Engel

Im Bann der Engel

Titel: Im Bann der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Gref
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Trick, redete er sich ein. Sie ist schlimmer als die Schlange im Paradies.
    Madame Hazards Hände wanderten tiefer, ihre Miene spiegelte pure Lust. Richard machte einen Schritt auf sie zu, dann noch einen. Er kämpfte gegen die Gier an.
    »Willst du mich?«, fragte sie.
    »Ja«, flüsterte er heiser. Nein, schrie seine innere Stimme. Er blieb stehen, sah wie das Haus weiter verrottete. Mit jedem Bröckchen Putz, das von der Wand fiel, erstrahlte Madame Hazard in immer hellerem Glanz. Dürre Schattenfinger krochen aus den Dielenritzen und formierten sich zu dicken Tentakeln. Madame Hazard entblößte ihre schlanken Beine, schob ihr Kleid immer weiter nach oben, begann sich zu berühren. Schleppend setzte sich Richard in Bewegung, den Blick gierig auf die entblößten Brüste gerichtet.
    „Du darfst nicht nachgeben“, rief Elena, die nun, da Richard sie nicht mehr verdeckte, freie Sicht auf das Geschehen hatte. Voller Angst starrte sie auf die Schatten, die sich an Richard vorbei schlängelten und direkt auf sie zuhielten. Elenas Herzschlag setzte für eine Sekunde aus. Der erste Schattenarm schlug nach ihr. Sengende Hitze fraß sich in ihre Nerven. Elena ging langsam rückwärts. Die Schatten folgten ihr.
    Richard schluckte und sah zu Elena. In ihren Augen spiegelte sich unendliche Qual, und er trug die Schuld daran, weil er sie im Stich gelassen hatte. Richards Hals schnürte sich zu und er fühlte sich mit einem Mal schäbig, auf Madame Hazards Reize eingegangen zu sein.
    Er grinste sie arrogant an, fischte einen Shilling aus seiner Hosentasche und warf ihn ihr vor die Füße. Plötzlich wurde auch er von den Schatten attackiert. Mit voller Wucht prügelten sie auf ihn ein, jagten ihn von Madame Hazard fort und auf Elena zu. Sobald er bei ihr war, griff Elena nach Richards Hand. Die wogende Schwärze formierte sich zu einer Wand. Madame Hazard wirkte wie eine Dirigentin, sie hob und senkte die Hände, breitete leicht die Arme aus und stand mit schräg gelegtem Kopf und geschlossenen Augen da. Gerade so, als würde sie einem Orchester lauschen.
    Den Blick unverwandt auf die Schatten gerichtet, liefen Elena und Richard langsam rückwärts. Der Dielenboden unter ihren Füßen knackte gefährlich. Schritt für Schritt trieben die Schatten sie aus dem Raum. Elena warf einen Blick über die Schulter und schrie auf. Der Gang war nur noch zur Hälfte vorhanden. Dort, wo sich die Galerie befunden hatte, gähnte ein Abgrund. Die zersplitterten Holzdielen erweckten den Eindruck ins Leere zu beißen. Es würde nicht mehr lange dauern und die sie hätten die Abbruchkante erreicht. Richard folgte Elenas Blick und begriff. Er stellte sich schützend vor sie. Die Schwärze verdichtete sich, der Wall aus Schatten wuchs. Madame Hazard, die im Zimmer geblieben war, war bereits nicht mehr zu sehen. Die Schattenmauer türmte sich nunmehr zwei Schritte hoch vor ihnen auf. Auswüchse quollen aus ihr hervor, die peitschengleich durch die Luft pfiffen. Richard wurde getroffen. Er presste die Zähne zusammen und gab ein Knurren von sich. Elena zog an seiner Hand, doch er riss sich von Elena los und warf sich der Schwärze entgegen. Er verschwand in der Finsternis. Gedämpfte Schreie drangen an Elenas Ohr. Dann war es mit einem Mal totenstill. Wie damals als neunjähriges Mädchen, fühlte sie erneut den Schmerz des Verlustes, der ihr beinahe das Herz zerriss.
    Zerreißt sie«, hörte Elena Madame Hazards Stimme. Wütend schlugen und peitschten die Tentakel auf Elena ein, verbrannten ihre Haut. Die Pistole fiel mit einem dumpfen Laut zu Boden. Elena wimmerte vor Angst, machte sich ganz klein, um möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten. Sie wollte nur, dass es aufhörte. Doch die Schatten wühlten sich unbarmherzig in ihren Geist.
    Deine Eltern sind wegen dir gestorben, flüsterten sie. Du hattest die Grippe und hast sie so lange bedrängt, dass sie schließlich mit gutem Gewissen und ohne dich mit dem Totenschiff gefahren und gesunken sind. Wie kann ein neunjähriges Kind so grausam sein? Du bist schlecht. Eine Versagerin. Ein fluchbeladenes Stück Unrat.
    »Hört auf«, schluchzte Elena.
    Es kostet dich nur wenige Schritte und einen Hauch Überwindung und siehst alle wieder, die du verloren hast. Elena schossen die Tränen in die Augen, sie tastete sich einen Schritt zurück, dann noch einen.
    Sie vermissen dich, flüsterten die Schatten.
    Sie taumelte, besaß kaum noch die Kraft, sich auf den Beinen zu halten. Die Kante des

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