Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Bann der Engel

Im Bann der Engel

Titel: Im Bann der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Gref
Vom Netzwerk:
halbleere Glas auf sein Tablett und rauschte wie eine leibhaftige Furie zum Reverend und seinen begeisterten Zuhörern.
    »Wenn Sie ein Problem mit mir haben, dann stehe ich Ihnen jetzt Rede und Antwort. Aber ich warne Sie, lassen Sie die Finger von meiner Zofe.«
    Weitere Menschen kamen wie zufällig in Hörweite der Gruppe. Diese Konstellation war so ergiebig wie ein Pulverfass, dessen Lunte soeben entzündet worden war.
    In der Miene des Reverend spiegelten sich viele Gefühle. Nächstenliebe, das sah Sophia, war allerdings nicht dabei. Genau genommen keinerlei freundlichen Regungen. Der Gottesmann erweckte vielmehr den Eindruck, als habe er eine Schabe vor sich, die ihm in den Mund krabbeln wollte. Blutleer waren seine Lippen.
    »Wenn ich Ihnen aufzählen würde, wie viele Probleme ich mit Ihnen als verantwortungslose Fabrikbesitzerin, und als unzüchtige Frau im Besonderen, habe, würde dies zweifelsohne den Rahmen sprengen. Wenn Sie meine Meinung hören möchten, können wir gerne einen Termin vereinbaren, doch Sie mögen mir verzeihen, wenn ich mir dieses Fest nicht durch widerwärtige Gedanken verderben lassen will.«
    Sophia hätte auf dem Absatz kehrt gemacht und wäre geflohen, angesichts dieser harten Worte. Madame Hazard jedoch bewahrte die Fassung, lächelte den Reverend liebenswürdig an und konterte: »Sie klingen mir fast ein wenig neidisch, verehrter Reverend. Ja, ich besitze eine Fabrik. Und ja, ich gestatte mir die Gesellschaft von Männern, was mir als Witwe ja wohl zustehen dürfte. Selbst mit den strengen Augen der Religion bedacht, fällt mir daran nichts Untugendhaftes auf.«
    Der Reverend setzte zu einer Erwiderung an, schloss den Mund jedoch wieder.
    Madame Hazard kam richtig in Fahrt: »Also, mein Lieber, sind Ihre Aversionen gegen mich privater Natur. Und dies sehe ich Ihnen gerne nach. Ich habe mir in den letzten Jahren angewöhnt, Menschen mit all ihren Schwächen und Fehlern hinzunehmen. Sie sollten das vielleicht auch einmal versuchen.«
    »Er konnte nicht anders. Wäre er auf mein Versöhnungsangebot, mit mir anzustoßen, nicht eingegangen, hätte er als Geistlicher sein Gesicht verloren«, berichtete Madame Hazard Sophia später, als sie sich kurz zurückzogen, um sich die Nasen zu pudern.
    »Ich mag ihn nicht.«
    »Und ich hasse ihn«, sagte Madame Hazard eisig.
    »Wie ging es weiter?«, wollte Sophia wissen.
    »Er stieß widerstrebend mit mir an. Aber er raunte mir zu, dass mein Auftritt ein übles Nachspiel haben würde.«
    Sophia riss die Augen auf und schlug die Hand vor den Mund. »Eine Drohung!«
    »Beruhige dich. Was kann er mir? Meine Fabrik nochmals überfallen? Bitte sehr. Ich warte nur auf seine primitiven Schläger. Dieses Mal werde ich dafür sorgen, dass keines seiner Schäfchen nach Hause zurückkehrt. Jedenfalls sah ich ihm fest in die Augen und versprach ihm, dass sein Verhalten in der Tat gesühnt werden würde.“
    »Können wir gehen?«, bat Sophia. »Überall zeigen sie mit den Fingern auf uns und zerreißen sich ihre Mäuler. Außerdem war ich eben im Speisesaal und habe nach unseren Tischkärtchen gesucht. Wir haben keine! Das bedeutet, wir bekommen auch nichts zu essen.«
    Madame Hazards Gesicht wurde merklich heller unter ihrem Puder.
    »Gut«, sagte sie mit zusammengebissenen Zähnen. »Jetzt ist das Fass übergelaufen. Bei mir haben sich die feinen Herrschaften die Bäuche vollgeschlagen. Köstlichkeiten habe ich ihnen aufgetischt. Niemand musste hungrig und durstig aus meinem Hause gehen.«
    Sophia folgte Madame Hazard, die merkwürdig schleppend lief und holte die Mäntel.
    Sie warteten vor der Tür auf eine Kutsche, die sie nach Hause bringen würde. Madame Hazard zitterte. Ob vor Wut oder Kälte konnte Sophia nicht sagen.

    Elena erwachte, weil sie energische Schritte im Gang vernahm. Menschen liefen geschäftig im Haus umher. Sie hörte Stimmen und Befehle, die gedämpft erteilt wurden. Amenatos, der neben ihr eingeschlafen war, rührte sich nicht. Ein Arm unter sein Gesicht gebettet, den anderen um die Bettdecke geschlungen, atmete er ruhig. Elena überlegte, ob sie sich erkundigen sollte, was da draußen vor sich ging. Dann entschied sie, es nicht zu tun. Die Anwesenheit des Engels hätte wieder unangenehme Anschuldigungen aufgeworfen. Nach den Tests hatte er die Fabrik verlassen und war heimlich zum Anwesen zurückgekehrt. Elena war entsetzt gewesen, was Raventu mit ihm angestellt hatte. Wunden verliefen kreuz und quer über Arme und Seiten.

Weitere Kostenlose Bücher