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Im Bann der Engel

Im Bann der Engel

Titel: Im Bann der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Gref
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Fahrt ihr bitte im Plan fort. Die Kinder müssen noch heute Nacht geholt werden. Die Zeit ist auf unserer Seite. Wir treffen uns in der Fabrik.«

    Elena lauschte angestrengt. Die Schritte waren verklungen. Das Haus lag friedlich da. Sie schob die Gardine zur Seite und sah Madame Hazard, in Begleitung des Hausmädchens, in ein Dampfmobil steigen. Dicke Dampfschwaden wogten durch die Luft. Langsam setzte sich das Gefährt in Bewegung und rollte dem Tor entgegen. Dann beschleunigte es und war schon bald außer Sichtweite. Elena wagte sich hinaus. Niemand war im Gang zu sehen. Die Galerie sowie das Treppenhaus lagen verlassen. Unentschlossen drehte sie einige Runden im Foyer, dann wurde sie mutig und inspizierte die Räume. Der große Salon wirkte kahl und unpersönlich, viel intimer war hingegen der kleine Raum nebenan eingerichtet. Gemütliche Kissen und zahlreiche Lampen verbreiteten eine behagliche Atmosphäre. Schwerer Kräutergeruch drang in ihre Nase. Vor nicht allzu langer Zeit hatte hier jemand Weihrauch in einer Räucherschale verbrannt. Elena verließ den Raum, stand gerade im Foyer, um sich der nächsten Tür zuzuwenden, als sie hohles Stöhnen hörte. Elena zögerte. Was, wenn dies eine Falle war. Sie lauschte. Erneut drang das Klagen an ihr Ohr. Es kam vom Dienstboteneingang. Wenn sich, außer ihr, noch jemand im Haus befand, so hörte er das Geräusch nicht. Elena bewaffnete sich mit einem Kerzenleuchter und riss die Tür auf. Eine zusammengekrümmte Gestalt lag auf der Fußmatte. Als Elena mit dem Leuchter ausholte, hob die Gestalt flehend eine Hand und da erkannte Elena, wer vor ihr lag. Es war Amenatos. Man hatte ihn übel zugerichtet. Sein Gesicht war blutüberströmt und es schien, als wären einige Knochen gebrochen. Elena zog ihren Morgenmantel aus, breitete ihn – so gut es ging – unter ihm aus und zog Amenatos mit einiger Anstrengung über die Schwelle. »Was ist geschehen?«
    »Erst waschen«, presste Amenatos zwischen seinen aufgeplatzten Lippen hervor.
    Es dauerte eine Weile, bis Elena den schweren Körper die Treppe hoch bugsiert hatte. Sie half dem Engel ins Badezimmer und verriegelte die Tür. Vorsichtig entkleidete sie ihn. Dann suchte sie zahlreiche Handtücher und Waschlappen zusammen und ließ Wasser in die riesige Wanne laufen. Spätestens jetzt müsste jemand auftauchen. Der mächtige Kessel im Keller, in dem das Wasser zu kochen begann, polterte so laut, dass man ihn sogar im oberen Stockwerk hören konnte. Niemand kam nachsehen.
    Mit zusammengebissenen Zähnen ließ sich Amenatos in die Wanne gleiten. Elena wusch ihm das Gesicht und die Haare. Sie sah, dass er zwei Platzwunden am Kopf trug, die zum Glück nicht mehr bluteten. Seine Heilkräfte taten ihre Arbeit.
    »Ich verfluche den Tag, an dem ich mich entschieden habe, ein Engel zu werden.« Seine Stimme klang brüchig. Elena ließ ihm Zeit, sich zu sammeln und wusch seinen Rücken. Einer der Flügel war an der Wurzel etwas eingerissen. Hier ging sie besonders behutsam zu Werke.
    »Diese geistige Verbindung zu Raventu, besteht sie noch immer?«, fragte Amenatos hörbar angespannt.
    »Nein, Madame Hazard versprach mir, sie zu kappen. Durch ein Ritual.«
    »Wie groß schätzt du ihre Kräfte ein?«
    »Schwer zu sagen. Aber warum fragst du?« Elena tauchte den Schwamm ins Wasser und reichte ihn Amenatos. Verzweiflung stand in den Augen des Engels.
    »Wenn sie so große Macht hat wie ich denke, dann haben wir ein Problem. Dann hat diese Stadt ein Problem.«
    »Was redest du denn da?« Elena bekam es mit der Angst zu tun. Amenatos hatte den wohl stärksten Willen der ganzen Schar, die sie schon umgewandelt hatte, und jetzt saß er mutlos vor ihr.
    »Elena, deine Mäzenin ist eine böse Frau.«
    »Sie ist vielleicht ein wenig exzentrisch. Von mir aus auch verrucht und alles andere als beliebt in der Stadt. Aber böse?«
    »Sie hat uns heute Abend ausgesandt, um die Stadthalle in Brand zu stecken. Ohne Rücksicht auf die Gäste, die mit ihrer Fehde nicht das Geringste zu tun haben. Es sind Menschen dort gestorben. Und weitere sollen folgen.«
    Elena biss sich auf die Knöchel und unterdrückte ein Schluchzen. Sie schüttelte den Kopf. »Warum sollte sie so etwas tun?«
    »Weil sie verrückt ist. Und du weißt, dass ich Recht habe. Es ist schlimmer geworden mit ihr, stimmt’s?«
    Elena dachte an die Exekution von Wesley und an Clara.
    »Als ich der Verwandlung zustimmte, ging ich davon aus, dass ich als Engel nur noch Bösewichte zur

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