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Im Bann der Engel

Im Bann der Engel

Titel: Im Bann der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Gref
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Amenatos trug es mit Fassung. »Das heilt wieder. Schon jetzt sind die Verletzungen nur noch halb so tief wie in der Fabrik. Mach dir keine Sorgen.«
    Elena hatte dennoch darauf bestanden, die Wunden auszuwaschen und den Heilungsverlauf zu beobachten. »Da kommt die Wissenschaftlerin in dir wieder einmal zum Tragen«, sagte Amenatos und küsste sie auf die Wange. Elena war die Berührung durch und durch gegangen. Sie war sicher, hätte sie es darauf angelegt, es wäre nicht bei dem unschuldigen Kuss geblieben. Allerdings traute sie ihren eigenen Gefühlen nicht über den Weg. Es gab so vieles, das ihr im Kopf herumspukte, und da war immer noch die Warnung. Im Grunde hatte Madame Hazard Recht. Sie musste Distanz wahren. Eine innige Beziehung zu Amenatos würde ihre wissenschaftliche Betrachtungsweise gefährden. Und trotzdem zog er sie beinahe magisch an. Sie ertappte sich zu oft bei dem Gedanken, seine ebenmäßige Haut zu spüren. Ihr Herz begann wild zu jagen, wenn sie ihn nur sah. Er schien ihre Nähe ebenfalls zu schätzen. Elena wollte nicht vorschnell urteilen, aber sie glaubte, dass sie die einzige Vertrauensperson war, die für ihn noch existierte.
    Das Klopfen an der Tür riss sie jäh aus ihren Gedanken. Sie öffnete nur einen kleinen Spalt. Ein junger Diener stand im Gang, verbeugte sich und teilte ihr mit: »Wir müssen mit einem Angriff rechnen. Schließen Sie bitte die Vorhänge an Ihrem Fenster und bleiben Sie möglichst außer Reichweite, im Falle, dass das Glas durch ein Geschoss zu Bruch geht.«
    »Das hatte ich eigentlich vor, denn mein Bett steht nicht zum Fenster hin. Und hätten Sie nicht geklopft, würde ich noch darin liegen und schlafen.«
    »Entschuldigen Sie die Störung, aber ich muss Sie doch warnen.«
    Elena wartete, bis die Schritte des Dieners verklungen waren, dann ging sie zum Bett und berührte Amenatos an der Schulter. Der Engel fuhr hoch und nahm eine Verteidigungshaltung ein.
    »Ich bin es«, raunte Elena.
    Amenatos entspannte sich sichtlich und machte ein fragendes Gesicht.
    »Ein Diener war gerade hier und erzählte etwas von einem möglichen Angriff. Ich solle mich vom Fenster fernhalten. Was denkst du? Sind es wieder diese seltsamen Männer vom letzten Mal?«
    Elena hatte ihm von dem Überfall erzählt. Amenatos war entsetzt gewesen. Nie hätte er das Ansehen von Madame Hazard in der Stadt so miserabel eingeschätzt.
    »Wenn es eine Auseinandersetzung gibt, dann wird sicherlich nach mir gesucht. Ich mache mich besser auf dem Weg und geselle mich zu Raventu.«
    »Warum willst du ihm helfen?«
    »Dir helfe ich, Dummerchen. Denkst du, ich lasse zu, dass dieses Haus angegriffen wird? Dass noch einmal ein Mann mit einem Messer auf dich losgeht?«
    »Du redest in der Tat wie ein Todesengel.«
    »Nein, ich rede wie dein Schutzengel.« Mit diesen Worten zog Amenatos Elena sanft in seine Arme und küsste sie auf den Mund. Es war ein unschuldiger Kuss, doch instinktiv spürte Elena das Verlangen dahinter, und zugleich das Versprechen, dass er zu ihr zurückkehren und ihr viele weitere Küsse schenken würde.
    Lange saß sie auf ihrem Bett, wusste nicht, was sie tun sollte. Es zog sie nach draußen. Sie hasste es, zum Zuschauer degradiert zu werden. Die Hilflosigkeit machte sie verrückt.
    Kampflärm drang gedämpft an ihre Ohren. Elena schlich geduckt zum Fenster und spähte ins Dunkel hinaus. Enttäuscht wandte sie sich ab. Nichts zu sehen. Der Park lag verlassen da. Der Kampf tobte irgendwo anders.

    »Bericht!«, forderte Madame Hazard und trank einen Schluck Absinth. Sie liebte die berauschende Wirkung des Getränks. Und nie hatte sie ein wenig Rausch so nötig gehabt wie jetzt. Ihre Engel waren allesamt ausgerückt. Auch der vermisste Amenatos war irgendwann aufgetaucht und hatte etwas von »in der Stadt verlaufen« erzählt. Eine gewisse Orientierungslosigkeit war nach der Transformation normal. Wichtig war, dass er – angeleitet durch Marcellus – seinen Weg fand.
    Albert räusperte sich und konsultierte einen zerfledderten Block, in den er seine Pläne und Gedanken skizzierte. Kopfschüttelnd blickte sie auf das schäbige Papier, die verschmierten Buchstaben. Zur letzten Wintersonnenwende hatte sie ihm eine wunderschöne Schreibmappe aus Leder mit silbern gefassten Ecken geschenkt. Und doch benutzte er weiterhin seinen abgegriffenen Block.
    »Die Stadthalle brennt, Master Copper wird vermisst, es gibt zwei tote Frauen, die zwischen die Fronten geraten sind«, fasste er

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