Im Bann der Engel
zusammen.
»Ich möchte nicht den Telegrammstil, hörst du? Schließlich möchte ich mich mit meinem Absinth gemütlich in das Polster zurücklehnen und mich bei deinen Worten entspannen. Du hast alle interessanten Details vorweg genommen. Pfui über dich, Albert.«
Albert grinste schief und begann erneut. »Marcellus und Amenatos sind in die Stadthalle eingedrungen und in die Küche gelangt, in der die Köche gerade mit dem Nachtisch beschäftigt waren. Anscheinend haben die Köche den Dampfherd falsch bedient und der Kessel explodierte aufgrund des Überdrucks. Was für ein bedauerliches Missgeschick. Glücklicherweise waren unsere Engel zu diesem Zeitpunkt wieder draußen, als hätten sie es geahnt.« Albert hielt einen Moment inne, weil er sich an dem Gedanken sichtlich ergötzte. Dann fuhr er fort: »Die Lohe, die sich zuerst auf die Küche beschränkte, griff auf die anderen Räume über und entfachte die kostbaren Mäntel und sonstigen Kleidungsstücke, die im Garderobenraum lagerten. Zwei Frauen, die es sich inmitten der Mäntel und Hüte bequem gemacht hatten«, dabei zog Albert vielsagend eine Augenbraue nach oben, »konnten nicht aus den Flammen gerettet werden und starben.«
Madame Hazard legte einen Finger an die Lippen und hieß Albert zu schweigen. Sie starrte Albert in die Augen, konzentrierte sich und erhaschte anfangs ein unscharfes Bild der brennenden Halle, dann schärfte sich ihr Blick und sie wanderte als körperloser Geist durch die Räume. Noch brannte nur die Küche, doch schon waren die ersten entsetzten Schreie zu hören. Rauch drang in den Tanzsaal. Sie bog vorher links ab. Die geschlossene Tür des Garderobenraums war kein Hindernis. Zwei halbnackte Körper, einer davon recht ansehnlich, waren ineinander verschlungen. Das Geräusch von Lippen, die sich voneinander lösten. Dann ein erschrockenes: »Riechst du das auch?«
»In der Küche brennt wohl etwas an.« Ein Arm, der die aufgerichtete Gestalt wieder in eine liegende Position zog. Wieder ein lauter Kuss, ein Stöhnen, eine entblößte Brustwarze. Madame Hazard musste sich anstrengen, ihre Konzentration aufrecht zu erhalten. Heiß durchströmte Lust ihren Leib.
»Wann willst du es deinem Mann sagen?«, flüsterte die ältere der beiden heiser.
»Bald«.
Dann umschloss ihr Mund die Brustwarze der jüngeren. Eine Hand wanderte zwischen deren nackte schlanke Schenkel. Sie massierte erst sanft, dann fordernder. Die jüngere bog sich ihrer Gespielin voller Lust entgegen und bewegte ihre Hüften.
Madame Hazard stöhnte lustvoll auf und sagte heiser: »Albert, erlöse mich.«
Kurz verlosch das Bild. Madame Hazard suchte erneut Augenkontakt zu Albert. Dieser nahm, wie die Frau in der Vision seine Hände zu Hilfe und brachte seine Herrin gekonnt zum Höhepunkt.
Als sich die Lustschreie der Frauen in der Garderobe mit denen von Madame Hazard überlagerten, brach plötzlich die Tür von einer Druckwelle erschüttert nach innen. Rauch quoll in die Garderobe.
Madame Hazard setzte sich gespannt auf.
Die Frauen in der Garderobe versuchten auf die Beine zu kommen, husteten, verstrickten sich in den vielen Kleidungsstücken. Eine Flammenzunge leckte in den Raum, fand Nahrung in den seidenen Geweben, im Brokat, in der weich gewebten Wolle von Schals, Mützen und Mänteln. Die Frauen schafften es nicht. Ehe sie ebenfalls von dem Feuer verschlungen wurden, verloren sie das Bewusstsein. Madame Hazard verließ den Ort des Todes und wandte sich dem Tanzsaal zu. Hier wurde sie Zeugin, wie Master Copper, der seine Haut retten wollte, anstatt den hilflosen Frauen zur Hilfe zu eilen, feige entfliehen wollte und von Raventu abgefangen wurde. Brutal stieß der Engel ihn vor sich her, passierte den Ausgang. Doch anstatt die Haupttreppe zu benutzen, zog er Master Copper um die Ecke des Gebäudes und stülpte ihm einen Sack über den Kopf. Ein wartendes Dampfmobil empfing die beiden.
Madame Hazard verweilte noch eine Zeitlang, sah zu, wie das Feuer nach und nach die Dekoration verschlang, die mit so viel Hingabe aufgehängt worden war. Die meisten Gäste kamen unversehrt davon. Fürs Erste. Sie würde noch heute Nacht ihre Engel aussenden, um ihre Rache an einigen von ihnen zu vollenden.
»Danke, Albert. Das war sehr aufschlussreich. Besonders der Teil mit den beiden Frauen hat mir gefallen. Wohin hat Raventu den Bürgermeister gebracht?«
»In die Fabrik. Ins Untergeschoss.« Albert lächelte grimmig.
»Ich werde mich seiner persönlich annehmen.
Weitere Kostenlose Bücher