Im Bann der Gefuehle
wirklich ein Naturtalent. Man erkannte es in seinen Augen, wenn er Leo aufmunternd und stolz ansah. Er genoss es, Zeit mit seinem Sohn zu verbringen. Obwohl seine Arbeit ihn stark in Anspruch nahm, verbrachte er überraschend viel Zeit in der Villa.
Er fuhr noch immer selbst zur Arbeit, machte Überstunden, aber mittlerweile waren seine Bürozeiten äußerst flexibel angelegt. Heute zum Beispiel kam er schon am frühen Nachmittag nach Hause und überraschte Carys und Leo am Pool. Und anstatt sich in sein Arbeitszimmer einzusperren oder wichtige Telefonate zu erledigen, verbrachte er über eine halbe Stunde mit seinem Sohn im Wasser.
Vater und Sohn konnten zusammen etwas aufbauen, das ein Leben lang halten würde. Respekt und Liebe. Die Art von Beziehung, die Carys sich selbst als Kind gewünscht hatte. Ihr Sohn sollte sie bekommen, und um dies zu ermöglichen, hatte sie die richtigen Schritte unternommen.
Selbst wenn die gemeinsame Verantwortung für ein Kind in Verbindung mit körperlicher Lust alles war, was seine Eltern zusammenhielt.
Carys schnitt eine Grimasse. Ihr war höchst unangenehm, wie leicht Alessandro sie um den Finger wickeln und den entscheidenden Funken in ihr entzünden konnte. Irgendwann wäre allerdings sein Hunger gestillt, und dann verlor er bestimmt das Interesse an ihr. Jetzt umgab sie als seine Braut noch der gewisse Reiz des Neuen. Aber auf der anderen Seite war sie ständig verfügbar, grundsätzlich willig und für seinen Sex-Appeal empfänglich – da konnte man als Mann bestimmt nicht lange am Ball bleiben.
In ihr dagegen wuchs die Liebe zu Alessandro mit jedem Tag und jeder Nacht, die sie gemeinsam verbrachten. Dabei wollte sie sich doch keiner Illusion mehr hingeben. Das Problem war, diese Liebe fühlte sich mehr als echt an. Sie war keine Einbildung, und ganz sicher gab es auch kein Gegenmittel.
Eigentlich wollte Carys sich damit abfinden, dass ihre Ehe nur auf dem Papier und zwischen den Laken bestand, nur würde das heißen, sich lediglich mit dem Zweitbesten zufriedenzugeben. Eine Situation, vor der sie schon ihr ganzes Leben lang auf der Flucht war. Es fühlte sich an, als würde man Tag für Tag ein wenig mehr vor sich selbst verblassen.
Wahrscheinlich war irgendwann nichts mehr von der echten Carys übrig, sondern nur noch die Fassade einer Frau, von der man sagte, sie sei Leo Mattanis Mutter und Alessandro Mattanis Ehefrau.
So darf ich nicht denken!, ermahnte sie sich selbst. Meine Entscheidung war vollkommen richtig. Man braucht sich Vater und Sohn ja nur einmal anzusehen, um jeden Zweifel auszuräumen!
Insgeheim durfte sie sich ja weiterhin nach mehr sehnen …
„Carys?“ Alessandros tiefe Stimme wirkte wie eine Liebkosung auf sie.
In seiner ganzen herrlichen Pracht stand er lächelnd vor ihr und trug Leo auf einem Arm.
„Mumum.“
Hastig warf sie ihr Magazin beiseite und streckte die Arme nach ihrem Kind aus. Dabei vermied sie es tunlichst, Alessandro direkt anzusehen, weil sie sich womöglich mit einem einzigen Blick verraten hätte. Manchmal fühlte sie sich von ihm regelrecht durchleuchtet, so als könne man keinerlei Geheimnisse vor ihm bewahren.
„Na, mein Süßer?“ Sie drückte Leo an sich, dann löste sie ihren Bademantel von ihren Schultern und wickelte ihren Sohn darin ein, um ihn trockenzureiben. „Hat es Spaß gemacht im Wasser?“
Verschlafen grinste der Kleine sie an, und seine Augenlider fielen allmählich zu. „Papa.“ Müde streckte er einen Arm nach Alessandro aus.
„Ja, du warst schwimmen mit Papa, nicht wahr?“ Noch immer wich sie Alessandros durchdringendem tiefgrünen Blick aus. „Es wird Zeit für Leos Nickerchen“, sagte sie und stand auf.
Sie wollte so schnell wie möglich aus dem Poolbereich verschwinden, bevor Alessandro merkte, wie aufgewühlt sie war. Doch ehe sie sich’s versah, nahm er ihr seinen Sohn ab.
„Ich bringe ihn zu Anna. Schließlich bezahlen wir sie dafür, uns mit Leo zu unterstützen. Und du kannst in Ruhe weiterlesen. Siehst du? Leo ist absolut glücklich damit.“
Er hatte recht, denn in diesem Augenblick erschien Anna in der Tür, und Leo streckte fröhlich seine Arme nach ihr aus und rief ihren Namen. Mit diesem tüchtigen Kindermädchen hatten sie wirklich viel Glück gehabt.
Es gab also keinen Grund mehr für Carys, darauf zu bestehen, Leo persönlich nach oben zu bringen. Das hätte nur Alessandros Aufmerksamkeit erregt, und gerade das wollte sie ja vermeiden. Außerdem würde er bestimmt
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