Im Bann Der Herzen
vorgestellt.«
»Natürlich.« Chastity lächelte ein wenig vage und gab sich wieder ihren Gedanken hin. Wenn Laura della Luca beabsichtigte, im nächsten Jahr die Saison mitzumachen, musste sie auf der Suche nach einem Ehemann sein. Denn selbst bei wohlmeinendster Einschätzung war sie überfällig. Wie eilig mag sie es haben, unter die Haube zu kommen?, überlegte Chastity.
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3
»Was für eine Nervensäge«, erklärte Prudence, als sich die Tür hinter dem letzten Gast geschlossen hatte. »Chas, nicht einmal du konntest an Signorina della Luca Züge entdecken, die ihr Wesen wettmachen.« Sie äffte den affektierten Akzent der Dame nach.
»Ach, ich weiß nicht«, sagte Chastity. »Es gibt möglicherweise äußere ausgleichende Züge, wenn man sie nur sucht.«
Constance musterte sie scharf. »Du warst den ganzen Abend in Gedanken, Chas«, bemerkte sie. »Nach Tisch hast du kaum mehr ein Wort gesagt.«
Chastity lächelte nur und nahm sich ein Schokoladestückchen vom silbernen Teller auf dem niedrigen, mit Intarsien verzierten Tischchen vor dem Sofa, auf dem sie saßen.
»Kognak, Constance?«, fragte Gideon, der über die Geschmäcker seiner Schwägerinnen gut Bescheid wusste.
»Danke.« Sie akzeptierte einen Schwenker.
»Likör, Prudence?«
»Grand Marnier, bitte.«
»Für dich das Gleiche, Chastity?«
»Nein, lieber einen Benedictine«, antwortete Chastity. »Der passt besser zur Schokolade.«
Gideon lächelte. Chastitys Vorliebe für Süßes war in der Familie ein ständiges Thema für Witzeleien.
Prudence nahm das Gläschen mit dem süßlichen Orangenlikör und bemerkte: »Hast du vorhin nicht gesagt, du wolltest mit Max etwas besprechen, Gideon? Wegen Weihnachten, glaube ich.«
»Aha«, sagte Max. »Es sieht aus, als wolle man uns fortschicken, Gideon.«
»Immer dasselbe«, klagte Gideon mit gespieltem Seufzen und erhob sich aus einem tiefen Armsessel neben dem Feuer. »Man wirft mich aus meinem eigenen Salon und setzt mich der Kälte aus.«
»In der Bibliothek ist es nicht kalt«, verbesserte Prudence, nahm ihre Brille ab und hielt sie gegen das Licht, um zu sehen, ob sie eine trübe Stelle entdecken konnte. »Nehmt die Kognakkaraffe mit und raucht eine Zigarre.«
»Zu Befehl.« Gideon griff kopfschüttelnd nach der Karaffe. »Komm, Max, mein Leidensgefährte im Exil.« Die zwei Männer gingen hinaus und überließen den lachenden Schwestern den Salon zur ausschließlichen Benutzung.
»Also«, sagte Prudence, setzte die Brille auf und ließ sich neben Chastity nieder. »Was hast du ausgebrütet, Chas?«
Chastity nahm sich noch eine Schokolade und trank einen winzigen, aber köstlichen Schluck Benedictine. »Die alten Mönche wussten genau, was sie taten«, sagte sie, ihr Glas ans Licht haltend.
»Los, Chas.« Constance beugte sich vor und schob die Schüssel mit dem Naschwerk außer Reichweite ihrer Schwester.
»Ach, wie unfair«, schmollte Chastity, stellte aber ihr Likörglas ab.
»Äußere ausgleichende Züge«, gab Prudence ihr das Stichwort.
»Ach ja, mir kam ein Gedanke ... eigentlich zwei. Neuerdings habe ich viele Ideen.« Das klang ziemlich selbstzufrieden. »Unsere Freundin Laura ist zwar eine echte Nervensäge, doch wäre es möglich, dass es Menschen gibt, die diese Eigenschaft für nebensächlich halten, wenn sie durch andere Werte ersetzt wird.«
»Ja ...?«, äußerte Constance mit fragend hochgezogener Braue.
»Meint ihr, dass sie sich einen Mann angeln will?«, fragte Chastity. »Es ist der einzige Grund, warum jemand Wirbel und Aufwand einer Vorstellung bei Hof und dazu noch die ganze Saison auf sich nimmt,, Zumal in ihrem Alter.«
Ihre Schwestern nickten einträchtig. »Für wie alt schätzt du sie?«, fragte Prudence mit gerunzelter Stirn. »Ende zwanzig, Anfang dreißig?«
»Ohne kleinlich sein zu wollen«, sagte Constance, sichtlich nicht um Großzügigkeit bemüht, »würde ich auf Anfang bis Mitte dreißig tippen. Habt ihr die Falten in den Mundwinkeln und unter den Augen gesehen?«
»Die können von ihrer unentwegten Verdrossenheit herrühren«, wandte Chastity vernünftig ein. »Wenn man viel die Stirn runzelt und die Mundwinkel nach unten verzieht, zeigen sich vorzeitig Falten, wie mir schon öfter auffiel.«
»Nehmen wir also an, sie sucht einen Mann, und zwar dringend. Was schlägst du vor, Chas?«, kam Prudence zur Sache.
»Ich glaube, dass sie Geld hat. Ihre Mutter ist vermögend, und Laura ist, soweit wir wissen, das einzige Kind. In
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