Im Bann der Leidenschaft
verzichtest, werden wir dir auch keine stellen.«
Diesen Worten folgte ein langes Schweigen. Yuri starrte ins Leere, und der Prinz schaute Amalie an, bis sie halb nervös, halb belustigt lachte. »Einverstanden. Keine weiteren Fragen.«
»Wie klug von dir, meine Liebe …«
Von da an heuchelte Amalie keine freundschaftlichen Gefühle mehr für das junge Mädchen. Sie begann dann Billard zu spielen, flirtete ungeniert mit Alex und erinnerte ihn immer wieder anzüglich an alte Zeiten.
In wachsendem Unbehagen beobachtete Zena die kokette Gräfin. Yuri versuchte ihr zu erklären, so würde sich Amalie immer aufführen, und man dürfe das nicht ernst nehmen. Doch damit brachte er die junge Dame in noch größere Verlegenheit.
Wie schön und reizend die kleine Mademoiselle ist, dachte er. Nun verstand er, warum sie seinen Freund schon so lange entzückte. Offensichtlich betete sie ihren Verführer an. Eine Motte, die unwiderstehlich vom Licht angezogen wird, überlegte Yuri bedrückt und empfand tiefes Mitleid. Allzulange würde ihr Glück nicht mehr dauern.
Alex nahm Amalies Avancen gleichmütig hin. Für ihre herausfordernde Konversation hatte er sich nie interessiert – nur für ihre extravaganten Aktivitäten im Bett. Aber nun genoß er in Zenas Armen eine seltene Kombination von Zärtlichkeit und Sinnenlust, die ihn viel mehr faszinierte.
Im Lauf der Partie stellte er fest, daß sich sein Freund etwas zu intensiv um Zena bemühte. Mit einem brillanten force-masse beendete er das Spiel und legte das Queue beiseite. »Jetzt müßt ihr Zena und mich entschuldigen. Was diesen Nachmittag betrifft, haben wir bereits Pläne geschmiedet.«
Er ging zu Zena und reichte ihr die Hand. Verwirrt, aber dankbar für die Lüge (sie hatten nichts geplant), stand sie auf.
Dann wandte er sich lächelnd zu Yuri und Zena. »Euer Besuch hat mich sehr gefreut, und ich wünsche euch eine angenehme Rückfahrt.« Ohne eine Antwort abzuwarten, führte er seine Geliebte aus dem Billardsalon.
»So ein ungehobelter Kerl!« zischte Amalie. »Was ist denn los mit ihm?«
»Ich fürchte, wir sind unbefugterweise in ein idyllisches Liebesnest eingedrungen, meine Teuerste. Im Augenblick legt Sasha keinen Wert auf unsere Gesellschaft.«
»Bald wird er das Mädchen satt haben.«
»Zweifellos«, stimmte Yuri zu, der die kurzfristigen Affären des Prinzen seit Jahren beobachtete. »Brechen wir auf, und versüßen wir unsere verfrühte Heimreise mit einer Flasche Champagner.«
Sie gingen zu ihrem Schlitten, ein hochgewachsenes, goldblondes, blauäugiges Paar, das sein ukrainisches Erbe nicht verleugnen konnte.
Als sie ihre Pelzdecken zurechtrückten, schlug Yuri grinsend vor: »Wollen wir unter diesem warmen Fell ein amüsantes Spiel treiben, Amalie? Stell dir mal vor, wie das Ergebnis unseres Liebesglücks aussehen würde! Ein Prachtexemplar des klassischen Sklaventums!«
Die Gräfin warf ihm einen verächtlichen Blick zu. »Großer Gott, bist du verrückt? Was soll ich denn mit einem Kind anfangen?«
»Ja, das frage ich mich auch«, antwortete er und entkorkte eine Champagnerflasche.
»Manchmal weiß ich wirklich nicht, warum ich mich mit dir abgebe, Yuri«, seufzte Amalie.
»Erstens, weil wir zusammen aufgewachsen sind. Hast du unsere pubertären Liebesabenteuer vergessen?« Er lachte leise. »Und zweitens«, fuhr er fort und warf ihr einen vielsagenden Blick zu, »weil du durch mich an Sasha herankommst.«
Empört starrte sie ihn an. Aber um der alten Freundschaft willen verzieh sie ihm, daß er kein Blatt vor den Mund nahm, und widersprach nicht. »O Yuri, du benimmst dich einfach unmöglich.«
»Beruhige dich und nimm einen Schluck.« Er lächelte nachsichtig. Wie gut er die goldblonde Göttin kannte, die vor sechs Jahren aus der Ukraine nach Petersburg gekommen war und die Stadt im Sturm erobert hatte … »Wenn wir schon zu alt sind, um einander unter den Pelzdecken zu betatschen, können wir uns wenigstens gemeinsam betrinken. Auf Boris, das fette Schwein!« Fröhlich zwinkerte er ihr zu und setzte den Flaschenhals an die Lippen.
»So darfst du aber nicht über meinen Mann reden«, mahnte Amalie ungehalten. Aber dann kicherte sie und griff nach der Flasche. »Also gut, darauf trinke ich!«
4
»Tut mir leid, ma petite«, entschuldigte sich Alex, als sie die Treppe zu seiner Suite hinaufstiegen. »Gestern traf ich Yuri in Moskau, und weil wir schon so lange befreundet sind, lud ich ihn nach Podolsk ein. Aber ich hätte nie
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