Im Bann der Leidenschaft
berühmtesten Sklavenhändlers von Mingrelien.
5
Als der Prinz mit seinen Leuten am Schauplatz des Überfalls eintraf, fluchte er in wildem Zorn. Das tote Pony, die Blutflecken, die Spuren der Querschläger an den Felswänden der Schlucht, Zenas zerrissenes Reitkostüm und die zerfetzte Bluse bezeugten eine grausame Attacke. Entschlossen folgten sie der Fährte der Entführer, und Alex malte sich aus, wie er jeden einzelnen ganz langsam und qualvoll töten würde.
Ein heftiges Gewitter mit sturzbachartigen Regenfällen verwischte die Spur, und sie verloren fast einen ganzen Tag. Auf Alex’ Befehl schwärmten die Männer aus, um festzustellen, welche Richtung die Banditen mit ihrer Gefangenen eingeschlagen hatten. Gegen Abend verkündeten endlich zwei Gewehrschüsse den Erfolg eines Fährtenlesers. Die Schurken schienen das Terrain gut zu kennen. Abseits von den üblichen Routen, gelang es ihnen immer wieder, ihren Fluchtweg zu verschleiern. Aber die erfahrenen Begleiter des Prinzen ließen sich nicht in die Irre führen.
Am nächsten Tag entdeckten sie deutliche Sohlenabdrücke zwischen den Hufspuren. Offenbar hatten Zena und die Banditen die Pferde am Zügel durch ein schlammiges, mit dichtem Gestrüpp bewachsenes Tal geführt. Von den Berghängen war Schiefergeröll herabgerutscht, hatte sich zersetzt und eine scheinbar feste bläuliche Masse gebildet. Doch der Eindruck täuschte, denn darunter lag weicher Boden. Sogar die reiterlosen Pferde waren bei jedem Schritt tief eingesunken. Auch Zenas zierliche Stiefel hatten sich merklich eingegraben. Nachdem Alex und seine Männer die Pferde durch das Tal geführt hatten, stiegen sie wieder auf. Der Prinz war ungewöhnlich still. Neben Ivan ritt er an der Spitze des Trupps. In ihren Lederhosen und Schafspelzmänteln sahen sie wie Einheimische aus.
Immer wieder musterte Ivan die gerunzelte Stirn seines Herrn, und schließlich brach er das Schweigen. »Haben Sie die Fußspuren der Mademoiselle gesehen, Sasha?«
Alex nickte wortlos.
»Ist es nicht offensichtlich?«
»Allerdings.«
»Haben Sie’s gewußt, Sasha?«
»Nein.«
»Um Himmels willen, wieso hat sie’s Ihnen verheimlicht?«
»Warum tun die Frauen dies oder jenes?« erwiderte Alex bitter. »Großer Gott, wie soll ich dieses Rätsel lösen?«
»Bei dem mörderischen Tempo, das die Banditen anschlagen, könnte sie das Kind verlieren. Sie waren der erste Mann in ihrem Leben, nicht wahr, Sasha?«
Sekundenlang schloß der Prinz die Augen. »Ja.«
»Also ist sie seit höchstens zwei Monaten schwanger.«
»Heute abend reiten wir weiter, bis wir die Spur nicht mehr sehen.« Ich hätte es merken müssen, dachte Alex. All die Tränen, die Launen, die Wutanfälle – jetzt kenne ich den Grund …
Mit schwangeren Frauen hatte er nur geringe Erfahrungen gesammelt. Nach den zumeist kurzfristigen Affären war der Kontakt zu seinen ehemaligen Geliebten abgebrochen. Wenn ihn einige in tränenverschmierten billets doux über die Konsequenzen der Liaison informiert hatten, waren sie mit unpersönlichen Bankschecks abgespeist worden. Sein Gewissen hatte er mit der Zusicherung beruhigt, seine illegitimen Sprößlinge würden eine lebenslange Apanage erhalten.
Bald nachdem sich Khazi und seine Männer verabschiedet hatten, stiegen Mulloh Shouaib und zwei enge Mitarbeiter die Treppe hinauf, um die neue Ware zu inspizieren und eventuell ihre Reize zu genießen.
Inzwischen gebadet, in saubere Kleider gehüllt und verköstigt, hatte Zena ihre Schwäche überwunden und bereitete dem Hausherrn eine unangenehme Überraschung. »Wenn Sie mich anrühren«, zischte sie und richtete sich auf den Seidenkissen auf, »wird mein Großvater Iskender-Khan an Ihrer Familie grausame Rache üben, bis zur dritten Generation!«
Ohne Scharfsinn und ungewöhnliche Klugheit wäre Mulloh Shouaib in der gefährlichen Sklavenhandelsbranche niemals steinreich geworden. Sobald der Name Iskender-Khan erwähnt wurde, erkannte er, daß er das Geschäft rückgängig machen mußte. Seine Angst vor der Rache des mächtigen Clan-Führers besiegte die Habgier.
»Reitet Khazi nach und bringt ihn hierher«, befahl er seinen beiden Männern, und sie eilten beflissen davon.
Abschätzend musterte er die Frau, die in einer Zimmerecke saß und ihn wütend anstarrte. Unter der dünnen Haremskleidung, einer weiten Seidenhose und einem knappen ärmellosen Jäckchen, zeichnete sich ihr wohlgeformter Körper ab. »Leider muß ich auf das Vergnügen Ihrer
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