Im Bann der Leidenschaft
zertrümmerte einen Fensterladen aus filigranem Elfenbein. »Sieh zu, daß du herausfindest, wer der Käufer ist, Ivan.«
Wenige Minuten später kehrt der Diener zu ihm zurück. »Ein Scheich namens Ibrahim Bey. Sehr einflußreich und eng mit dem Sultan von Stambul befreundet.«
»Welche Leute er kennt, kümmert mich nicht. Wo finden wir ihn? Reiten wir hin.«
»Seien Sie vernünftig, Sasha! Wir sind nur zu sechst, und wie mir der verängstigte Agent erklärt hat, halten sich über zweihundert Mann im Lager des Scheichs auf. Er verreist stets mit einem fürstlichen Gefolge und einem Harem.«
»Wie auch immer, ich werde eine Bewohnerin dieses Harems entführen.«
»Suchen wir erst einmal eine Unterkunft, machen wir uns frisch, und dann überlegen wir, wie wir Zena befreien können.«
Nachdem sie ein Quartier gefunden hatten, wuschen sie den Reisestaub von ihren müden Körpern.
»Am besten tragen Sie Ihre Uniform, Sasha«, empfahl Ivan. »Damit bekunden Sie die Macht des russischen Reichs. Und das ist sicher vorteilhaft, wenn man sich mit diesen perfiden Grenzstämmen auseinandersetzen muß, die ständig ihr Fähnchen nach dem Wind hängen.«
Sie entschieden, daß Hauptmann Prinz Alexander Nikolaevich Kuzan um eine Audienz bei Ibrahim Bey ansuchen würde, als diplomatischer Gesandter aus Petersburg. Alex ließ sich nicht dazu überreden, bis zum nächsten Morgen zu warten. »Verdammt, Ivan, ich befolge schon genug von deinen klugen Ratschlägen. Am liebsten würde ich dreihundert Krieger anheuern und das Lager des Scheichs dem Erdboden gleichmachen – wenn ich nicht befürchten müßte, Zena zu verletzen. Wir reiten noch heute nacht.« Keine Minute länger als unbedingt nötig dufte Zena in diesem Harem bleiben, wo sie den lüsternen Attacken eines anderen Mannes ausgeliefert war.
»Komm, meine Liebe, nimm noch einen Schluck und vielleicht ein Bonbon.«
Zena wandte sich zum Besitzer der schmeichelnden Stimme und schaute durch das schmale, dunkelhäutige Gesicht des Türken hindurch. Gehorsam hob sie den Kelch an die Lippen und nippte an dem duftenden, schweren Wein 7 . Dann ließ sie sich von langen, dünnen Fingern ein Konfekt aus Aprikosen und Mandeln in den Mund schieben.
»Bald wirst du dich besser fühlen, meine schöne Blume. Um gesund zu bleiben, muß man sich stärken.« Die braune Hand streichelte Zenas bleiche Wange. »Wie still und teilnahmslos du bist, meine Teure. Gleich wird sich dein Blut erwärmen und deine Sehnsucht wecken.« Die Kanthariden, die Ibrahim Bey dem Wein beigemischt hatte, würden nach spätestens vierzig Minuten in den Blutkreislauf des Mädchens gelangen und ihre Wirkung ausüben. Ungeduldig wandte er sich zu zwei Dienerinnen. »Hat sie genug gegessen?«
»O ja, ehrwürdiger Herr. Das Haschisch in den Bonbons regt den Appetit an.«
Und es führt zu einer angenehmen Lethargie, ergänzte er in Gedanken. Als er die Frau einigen Banditen aus dem Gebirge abgekauft hatte, war sie nicht so sanftmütig gewesen, sondern eine zornige, schreiende, fluchende Furie. Ein gewisses feuriges Temperament wußte er zwar zu schätzen, aber ein widerspenstiges Biest konnte er nicht in seinem Bett gebrauchen.
Khazi hatte Zena gewarnt, er würde ihr die Kehle durchschneiden, wenn sie in Gegenwart des Scheichs den Namen Iskender-Khan erwähnen würde. Da sie in seinen funkelnden dunklen Augen las, wie ernst er die Drohung meinte, begnügte sie sich damit, den Banditenführer und Ibrahim Bey wortreich zu beschimpfen.
Nach ihrer Ankunft im Lager des Scheichs hatte man ihr sofort eine Mahlzeit serviert, mit einer kleinen Menge Haschisch vermischt, und ihr Kampfgeist war verebbt. Nun erhielt sie die Droge regelmäßig, schon seit drei Tagen, und verwandelte sich in jene fügsame Gefährtin, die dem Scheich vorschwebte.
Für seinen Geschmack war sie viel zu dünn. Der Abreks Khazi hatte erklärt, sie hätten vor irgendwelchen Fährtenlesern fliehen müssen und unterwegs kaum Zeit gefunden, um zu essen. Aber nachdem die Frau drei Tage lang nahrhafte Speisen zu sich genommen hatte, begann sich ihr Körper zu runden.
»Zieht sie an und bringt sie in mein Zelt«, befahl er und entfernte sich. Diese Nacht wird sie mir gehören, dachte er auf dem Weg zum Hauptquartier. Jetzt wollte er sich nicht mehr gedulden und endlich die Freuden genießen, für die er einen so hohen Preis gezahlt hatte.
Widerstandslos ließ sich Zena von den beiden dunkelhäutigen Mädchen betreuen. Während sie ein Bad in einer
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