Im Bann der Leidenschaften
beim Start, preschen sie aus dem Aufzug. Der Anblick der mehr als vier Meter hohen, über und über mit Stuck verzierten Decke und Wände, sowie der prächtige schwarz-weiß gekachelte Marmorboden entlocken meinen drei Begleiterinnen erneute Begeisterungsrufe. Sie können es kaum erwarten, mein Zuhause zu betreten. Vor der weiß lackierten, zweiflügligen Eingangstür treten sie von einem Fuß auf den anderen.
Nachdem ich die Türe aufgeschlossen habe, presse ich mir vorsorglich die Hände auf die Ohren. Lächelnd warte ich ab, bis die Drei den unteren Bereich von Philippes Penthouse in Augenschein genommen haben.
„Wow, ist das hell!“ „ So riesig!“ „Alles ganz modern!“ „Nein, hier ist ein Louis-XVI-Stuhl. Ist das ein Original?“ „Hier ist eine Freitreppe mitten in der Wohnung!“ „Ein Chagall! Der ist aber eine Fälschung, oder?“
Bis auf die letzte Frage, kann ich alle Fragen bejahen. Doch ein Geräusch aus dem oberen Stock irritiert mich. Wenn ich mich nicht irre, rauscht oben eine Dusche. Ich schlucke. Einbrecher? Die hätten an Jean-Paul vorbeikommen müssen. Das ist schlichtweg unmöglich. Dann hätte Jean-Paul nicht wie immer an seinem Platz gesessen. Die Klempner? Nicht angekündigt. Hektisch sehe ich mich in der Diele um. Die Tür zur Abstellkammer ist offen und Philippes Taschen stehen noch darin.
„ Kommt mit“, sage ich schnell, bevor meine Freundinnen nach oben stürmen. Ich winke ihnen, mir zu folgen. Mit schnellen Schritten durchquere ich die große Eingangsdiele und biege nach rechts in einen der beiden Flure des Untergeschosses ein. Ich öffne die Tür zum Gästezimmer. „Den Rest der Wohnung zeige ich euch später. Dies ist euer Zimmer. Ich hoffe, ihr fühlt euch hier wohl. Das Zimmer hat ein eigenes Bad, ein Doppelbett und ein Extra-Bett. Getränke und Obst sind genügend vorhanden. Falls etwas fehlt, findet ihr es in der Küche. Fühlt euch wie zu Hause. Ihr seid sicher müde vom Flug und möchtet euch ein wenig ausruhen, bevor wir gemeinsam die Stadt erobern.“
Die Drei s ehen mich irritiert an, treten dann aber über die Schwelle ihrer Unterkunft, in der sie die kommenden vier Nächte schlafen werden. Als sie sehen, dass das Zimmer mit seinen beinahe fünfzig Quadratmetern größer ist als manche Single-Wohnung, und wie prächtig es mit seiner Mischung aus modernen und antiken Möbeln ausgestattet ist, geht das Staunen von vorn los und die Tür fällt hinter ihnen ins Schloss, ohne dass sie mich noch eines Blickes würdigen.
Ich eile zurück in die Eingangsdiele, lege meine Handtasche auf den nierenförmig geschwungenen Louis-XVI-Tisch, werfe meine Pumps auf den Boden und laufe die geschwungene Freitreppe ins Obergeschoss hinauf. Das Rauschen der Dusche wird lauter, je näher ich dem Schlafzimmer komme. Ich habe ein ungutes Gefühl. Hoffentlich ist Philippe nichts passiert! Doch anstatt die Schlafzimmertür aufzureißen, drücke ich sie vorsichtiger als sonst auf. Ich weiß nicht, warum plötzlich Bilder von Philippe mit einer fremden Frau vor meinem inneren Auge auftauchen und mir einen Schreckensschauder nach dem anderen einjagen. Vielleicht weil wir uns erst vor wenigen Monaten begegnet sind und ich trotz der andauernden Glücksgefühle manchmal glaube, ihn nicht wirklich zu kennen. Wenn ich ehrlich bin, rechne ich täglich damit, dass ich aus diesem lebendigen Traum erwache. Dass plötzlich jemand vor mir steht und sagt: „Ätsch, angeschmiert. Alles nur geträumt!“ Oder dass Philippe ganz einfach genug von mir hat. Oder dass ich ihm nicht genüge. Dass er außer mir noch eine Freundin hat, die schon vor mir da war.
Obwohl draußen die Sonne scheint, liegt das riesige Schlafzimmer im Halbdunkel. Philippe hat die Markisen ausgefahren, sodass ich nicht wie sonst durch den gläsernen Dachreiter in den Himmel blicken kann. Auf meinen Seidenstrümpfen schleiche ich über das Parkett. Im Gegensatz zu dem Schlafzimmer in meiner früheren Wohnung in Cherry Hill, muss ich mich nicht um das Bett herumschlängeln. Zielstrebig gehe ich zu Philippes Bad auf der rechten Seite des Schlafzimmers und fahre die Schiebetür zur Seite. Warmer, nach Sandelholz duftender Wasserdampf schlägt mir entgegen. Das Wasser muss schon seit geraumer Zeit fließen, denn das Bad geht als türkisches Dampfbad durch. Gott, was ist hier los? Bitte, bitte, lass ihn mich nicht mit einer Frau erwischen!
A ls ich vor Philippes breiter, mit bunten Mosaiken geflieste Duschkabine stehe, rauscht
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