Im Bann der Leidenschaften
herumspringen, verstecken sich vor mir.
Ich gehe etwa zehn Minuten den Strand hinunter, bevor ich die in Bonbonfarben angepinselte Bude erreiche, die das Ziel meines ersten Alleingangs während meiner Flitterwochen ist.
Eine dunkelhäutige Einheimische fängt mich bereits einige Meter vor der Bude ab.
„Cheap. Everything cheap, cheap, cheap .“ Billig. Alles billig, billig, billig, ruft sie mir zu. Dabei strahlt sie über das ganze Gesicht und entblößt ihre weißen Zähne. Die Verkäuferin ist ein wenig älter als ich und doppelt so rund. Besonders letzteres ist Balsam für mein seit dem Auftauchen der Spanierin wieder einmal kräftig angeschlagenes Selbstbewusstsein.
„Guten Morgen“, entgegne ich auf Französisch, das hier auf Mauritius von den meisten Einheimischen verstanden wird.
Die Verkäuferin strahlt noch heller als zuvor und fällt mit einem wahren Wortschwall über mich her. Ausnahmslos alle angebotenen Waren preist sie mir in ihrer kreolischen Sprache an, die dem Französischen sehr ähnlich ist.
„Ich suche einen Bikini, Madame. Einen, in den ich hineinpasse und in dem ich gut aussehe.“
Sie lächelt verständnisvoll und zaubert drei Bikinimodelle aus einer Art Apfelsinenkiste hervor. Alle drei haben meine Größe. Ich bin begeistert. Sie empfiehlt mir den pinkfarbenen, weil er meinen Teint nicht so blass aussehen lässt und außerdem einen doppelten Boden hat.
„Einen doppelten Boden?“, frage ich.
„Zwei Schichten“, entgegnet sie geschäftig nickend. „Guckt nichts durch, wenn er nass ist, die Raffungen machen schlank und das Oberteil hat breite Träger, die nicht einschneiden und hält den Busen oben.“
Den nehme ich.
Umgerechnet einhundertzwanzig Euro knöpft sie mir für das Prachtteil ab. Die Frau ist ausgefuchst. Ein paar farblich passende Flip Flops mit dicken Blockabsätzen, die meine Beine noch länger wirken lassen, wie sie es schmeichelnd ausdrückt, dreht sie mir auch noch an. Für weitere sechzig Euro.
Ich ziehe den Bikini und die Flip Flops gleich an.
Die Kreolin hat nicht zu viel versprochen, der pinkfarbene Zweiteiler sitzt perfekt und ich sehe sexy aus statt fett. Das Bikinihöschen hat einen breiten, gerafften Rand, der meine Speckröllchen gut kaschiert und am Hintern liegt die Hose gut an, ohne einzuschneiden. Das Oberteil ist vorn wie ein Bandeau geschnitten und ebenfalls gewickelt und gerafft. Innen sind Körbchen drin, die meine Busen vollständig umfassen und die breiten Träger schneiden, wie versprochen, nicht ein. Alles, was aus dem Oberteil herausguckt, ist gewollt und quillt nicht heraus, weil ich mal wieder aus Eitelkeit und in dem Wahn, jetzt endlich abzunehmen, eine Konfektionsgröße zu klein gekauft habe.
Meinen dunklen Badeanzug, die alten Flip Flops und den Pareo packt die Verkäuferin mir in eine bunte Basttasche, die sie mir gratis dazugibt. Ich bedanke mich und mache mich mit schwingenden Hüften auf den Rückweg.
Ich bin gespannt auf Philippes Reaktion. Der wird Augen machen! Im Vergleich zu der Spanierin werde ich zwar immer noch den Kürzeren ziehen, doch wahrscheinlich nur in meinen Augen, nach meinen strengen Schönheitskriterien, die ich in meinem ganzen Leben noch nicht erfüllt habe. In meiner Familie gibt es einen einzigen Leptosomen – und der ist angeheiratet. Alle anderen gehören eher zu der rundlicheren Liga.
Auf den hochhackigen Gummi-Flip-Flops gehe ich in dem flach abfallenden Meer den fast menschenleeren Strand entlang. Der Bikini sitzt wirklich gut. Das Oberteil wippt zwar, aber es wippt kontrolliert und sieht einfach nur sexy aus. Ich habe richtig Spaß, an mir hinunterzusehen. Zwischendurch begegne ich immer wieder kleinen, bunten Fischen. Gerade umschwimmt ein riesiger Schwarm kleiner Zebrafische meine Fesseln. Ich habe Angst, auf einen Fisch zu treten, doch die Fischchen weichen meinen bummelnden Schritten clever aus.
Und dann bin ich wieder zurück.
Am Rande des Palmenwaldes schaukelt Philippes Hängematte in der sanften Brise des pazifischen Ozeans. Leer. Begleitet von einer finsteren Vorahnung wandert mein Blick zum Wasser und sucht die spiegelglatte, türkisblaue Fläche ab.
Der Schreck trifft mich trotzdem bis ins Mark.
Philippe steht bis zu den Knien im Meer. Zu seinen Füßen räkelt sich die Spanierin auf ihrer roten Luftmatratze. Von ihrem Mann sind weit und breit weder der Schnorchel, noch das pummelige Hinterteil auszumachen. Wahrscheinlich futtert er sich im Buffetrestaurant rauf und runter. Und
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