Im Bann der Liebe
Freundin.«
»Ah«, stieß er hervor. Susannah glaubte zu erkennen, dass er sich erinnerte, auch wenn er scheinbar keinen Grund hatte, sich über ihre Ankunft zu freuen. »Was wollen Sie hier?«
Sie nahm den Rest ihres Mutes zusammen. Ihr Handeln war närrisch und impulsiv gewesen, aber das war jetzt nicht mehr zu ändern. Sie war hier und musste den Schritt nach vorne tun. »Ich bin gekommen, um mich um das Kind zu kümmern.«
Er hob eine Braue und fuhr abwesend fort, das Kind zu beruhigen, was angesichts seiner Statur und Kraft fast komisch war. Doch diese Situation ließ keine Komik zu. »Was?«, fragte er ungläubig, als hätte sie in einer fremden Sprache geredet.
»Julia hatte mir ein Versprechen abgenommen - dass ich mich um ihr Baby kümmere, falls ihr etwas zustoßen sollte. Als ich Ihr Telegramm erhielt...«
Er runzelte die Stirn. »Ich verstehe«, bemerkte er, obwohl er das eindeutig nicht tat. »Maisie muss Sie hereingelassen haben.«
Susannah schluckte, hob das Kinn und schüttelte dann den Kopf. Sie kannte den Namen Maisie nicht, Julia hatte die Frau nie erwähnt. Aber ohne Zweifel handelte es sich um eine Angestellte.
»Ich habe ein paarmal an der Klingel gezogen, aber als niemand kam, bin ich einfach so eingetreten.« Sie schwieg und errötete erneut. »Wissen Sie, ich hatte keine andere Wahl. Ich bin von so weit her gekommen, und es erschien mir so dringlich.«
Sie meinte, ein Grinsen in den Tiefen seiner bemerkenswerten Augen lauern zu sehen, aber sie war sich nicht sicher. »Gehört es zu Ihren Gewohnheiten, in fremde Häuser zu gehen, wenn niemand Ihnen aufmacht, Miss ... äh ... ?«
»McKittrick«, wiederholte sie. Sie schaffte es mit Mühe, seinem Blick standzuhalten, aber sie durfte sich nicht einschüchtern lassen. Sie hatte keine andere Wahl, als einen Weg zu finden, ihr Versprechen an Julia zu halten, das Kind aufzuziehen und Julias Andenken zu bewahren. »Keineswegs«, erwiderte sie kühl. Natürlich hatte sie sich aus Verzweiflung Zugang verschafft, nicht aus Kühnheit. Sie hatte keine Freunde in Seattle und keine Stelle und praktisch kein Geld. Wenn dieser Mann sie abwies, würde sie auf der Straße sitzen.
Susannah spürte erneut Panik in sich aufsteigen und versuchte ihr zu begegnen, indem sie sich auf die Unterlippe biss.
»Sie sagen, dass Sie eine Freundin meiner Frau waren?«, fragte er jetzt ernst.
Susannah stieß den Atem aus und nickte. Julia hatte ihm bestimmt von ihrer gemeinsamen Kindheit in St. Marys erzählt, immerhin hatte er ihr den Tod seiner Frau mitgeteilt. Dennoch schien ihre Existenz, ganz zu schweigen von ihrer Anwesenheit in seinem Flur, ihn zu überraschen.
»Ich habe - ich habe das kleinste Zimmer mit Blick auf den Friedhof genommen«, setzte sie hinzu und widerstand dem Drang, die Hände zu ringen. Ihre Augen hingen an dem Baby. Sie sehnte sich danach, es zu nehmen und an sich zu drücken.
Fairgrieve hob eine Braue, und erneut vermeinte sie Amüsement in seinen Augen zu erkennen, aber der Moment war so schnell vorüber, wie er gekommen war. »Ich denke, ich habe nichts dagegen, da es sonst niemand benutzt«, gestand er zu. »Dennoch wüsste ich gern, was Sie hier wollen.«
Sie wollte unbedingt das Kind halten. »Das habe ich doch schon gesagt«, erklärte sie und versuchte möglichst entschieden zu klingen. »Ich bin hier, um mich um Julias Tochter zu kümmern. Wie ist ihr Name?«
Er betrachtete das Baby mit fragendem Blick, als wenn es ihm eine Antwort geben könnte, und sah dann wieder Susannah an. »Ich glaube, sie hat noch keinen Namen«, erklärte er, und Susannah hätte schwören können, dass ihm dieser Umstand jetzt erst aufgegangen war, auch wenn sie zugeben musste, dass er das kleine Mädchen mit einem gewissen Geschick hielt, das seinen angeblichen Charaktermängeln widersprach. Susannah war sprachlos. Als sie sich wieder gefangen hatte, stammelte sie: »Keinen Namen? Aber das arme kleine Ding ist vier Monate alt!«
»Ja«, stimmte Fairgrieve ohne Reue zu. Dann hielt er ihr das Kind wie eine Opfergabe hin. »Hier. Wenn Sie sie haben wollen, nehmen Sie sie, sie hat Hunger.«
Zitternd nahm Susannah das Kind entgegen. Wie konnte man ein vier Monate altes Kind nur ohne Namen lassen? Als sie die Wärme des Babys spürte, traten ihr Tränen in die Augen, und sie blinzelte rasch in der Hoffnung, Fairgrieve würde es nicht bemerken. Sie holte zweimal tief Luft, um sich zu fassen, und drückte das Kind an ihre Brust.
»Nehmen? Aber wo soll sie
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