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Im Bann der Träume

Im Bann der Träume

Titel: Im Bann der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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ging die Tür auf, aber es war nicht Jagan, der dort stand, sondern einer aus der Mannschaft, den sie nicht kannte. In einer Hand hielt er einen Sack, wie ihn die Mannschaften für persönliche Habseligkeiten benützten, den er auf das Feldbett warf. In der anderen trug er eine heiße, geschlossene Ration, die er vor ihr auf den Tisch setzte. Der Raum war so winzig, daß er nicht einmal durch die Tür zu treten brauchte, um seine Lasten abzuliefern.
    Charis wollte etwas sagen, doch seine Miene war so abweisend, und seine Bewegungen zeigten so viel gehetzte Eile, daß sie zu schweigen vorzog. Und dann war er auch schon wieder verschwunden, die Tür war geschlossen.
    Ein Fingerdruck lockerte den Deckel der Packung, und hungrig sog Charis den Duft dicker, heißer Quaffa ein. Sie aß schnell; kaum war sie fertig, da hörte sie auch schon wieder neue Geräusche von draußen. Diesmal war es kein Klopfen, sondern ein leiser Schrei.
    So plötzlich dieser Laut zu vernehmen gewesen war, so unvermittelt hörte er wieder auf, und dann herrschte Schweigen. Ein Gefangener? Ein krankes Mannschaftsmitglied? Charis’ Phantasie steuerte einige Vermutungen bei, aber auf Phantasie konnte man sich nicht verlassen.
    Charis stand auf, um den Sack auf dem Feldbett zu untersuchen. Jagan hatte eine Auswahl seiner Handelsware zusammengestellt, denn die Gegenstände, die ihr aus dem Sack entgegenquollen, waren dazu bestimmt, die Aufmerksamkeit Primitiver oder andersartiger Eingeborener zu erregen. Charis fand einen Kamm, dessen Griff ein phantastisches Muster aus Kristallsplittern aufwies und einen dazu passenden Spiegel; eine Schachtel mit stark parfümiertem Seifenpulver, das sie angewidert von sich hielt; ein paar Stoffabschnitte in grellen Farben; ein kleines Handnähkästchen; drei Paar reichverzierter Sandalen in verschiedenen Größen zum Aussuchen; ein Kleid, das ihr viel zu kurz und zu weit war, mit stilisierten bunten Oblakvögeln auf blau-violettem Grund.
    Offensichtlich wünschte der Kapitän, sie in etwas weiblicherer Aufmachung zu sehen als in den Coveralls, die sie jetzt trug. Das war logisch, zog man die Aufgabe in Betracht, für die sie hier ausersehen war. Schließlich sollte sie ja als Frau mit den Eingeborenen verhandeln.
    Plötzlich verspürte Charis den drängenden Wunsch, wieder das zu sein, was sie hier darstellen sollte – eine Frau. Die Kolonisten auf Demeter waren eine prüde, puritanische Sekte gewesen, die gegen die Frivolität weiblicher Kleidung mit unnachsichtiger Strenge vorging. Sogar die Mitglieder der Regierungsvertretung hatten sich des lieben Friedens wegen äußerlich diesem Volk angepaßt und sich, wenn sie nicht Uniform trugen, in die farblose und plumpe Kleidung gehüllt, die die Sekte für angemessen hielt. Farben hatte Charis seit fast zwei Jahren nicht mehr getragen oder gesehen. Sie waren nicht genau das, was sie für sich selbst gewählt hätte, aber trotzdem strich sie zärtlich über die grellen Stoffe.
    Schnittmuster hatte sie nicht, aber sie vertraute auf ihre Fähigkeiten, ein glattes Kleid und einen einfachen Rock zustande zu bringen und schnitt schließlich eine vereinfachte Version der Kolonialkleidung zu. Die gelben und grünen Stücke konnte sie zusammen verarbeiten, und ein Sandalenpaar paßte sogar.
    Charis legte die Toilettenartikel auf den Tisch und Stoffe und Kleid auf den Klappsitz. Natürlich hatte man ihr das billigste Zeug gebracht. Aber sie erinnerte sich des Streifens dünnen Materials von den Einheimischen, das Jagan ihr gezeigt hatte. Dessen Farbe war wesentlich besser gewesen als die aufdringlichen Farben ihrer Stoffe. Verwendete jemand ständig solches Material, so hatte er keinen Bedarf an dem billigen Schund, den sie hier hatte. Vielleicht war das einer der Gründe, auf den Jagans Enttäuschung zurückzuführen war. Seine Waren hatten dem Geschmack seiner Kunden nicht entsprochen.
    Aber der Kapitän war ja schließlich kein Amateur; das hatte er wahrscheinlich schon selbst festgestellt.
    Nein, den gelben Stoff würde sie nun doch nicht zusammen mit dem grünen verarbeiten. Eine Farbe für sich war besser. Und reichte das Material nicht, dann mußte ihr Jagan gestatten, sich in den Regalen selbst umzusehen. Wenn sie ihre Rasse auf diesem Planeten vor fremden Weiblichkeiten zu vertreten hatte, dann mußte sie so gut wie irgend möglich aussehen.
    Charis maß die Länge des grünen Zeugs an ihrem Körper ab. Vielleicht reichte der Stoff doch, wenn sie den Schnitt etwas

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