Im Bann der Versuchung
erklärte Stewart, und sie spürte erneut, dass er sie forschend ansah. Plötzlich wünschte sie, sie hätte sofort kehrtgemacht, als sie ihn am Strand hatte stehen sehen.
Sieben Jahre lang war sie dem Mann gram gewesen, obwohl sie nachts von ihm geträumt und sich immer ein wenig nach ihm gesehnt hatte. Nie hatte sie vergessen können, wie er ihr in größter Angst Sicherheit gegeben und mit ihr gemeinsam den Gipfel der Ekstase erklommen hatte - um sie dann zu verraten.
Wut stieg in ihr auf, und am liebsten hätte sie ihm offenbart, dass sie sowohl das Mädchen auf dem Riff als auch die Baroness war, die er so verabscheute. Aber sie brachte es nicht übers Herz. Insgeheim beobachteten die Inselbewohner sie und erwarteten, dass sie mit dem Ingenieur sprach. Doch Margaret war sich auch sicher, dass sie sich auf die Loyalität der Leute verlassen konnte, wenn ihr Großvater sie bat, das Geheimnis ihres Namens zu hüten.
Nein, sie wollte sich zurückhalten, sich nicht auf einen gefühlsbetonten Wortwechsel mit diesem selbstherrlichen und halsstarrigen Mann einlassen. Auf jeden Fall musste sie ihre Würde bewahren. Später könnte sie ihn dann in der privaten Atmosphäre des Great House empfangen, obwohl sie sich jetzt noch nicht ihm Klaren war, wie viel sie ihn wissen lassen wollte.
„Mr. Stewart", sagte Norrie. „Angus MacLeod hat erzählt, dass Sie mit seinem Sohn nach Mull gefahren sind. Wenn es das Wetter erlaubt, segele ich zweimal wöchentlich nach Tobermory. Sagen Sie mir Bescheid, wenn Sie hinüber wollen. Nicht nötig, einen Mann anzuheuern, der Sie über das Meer segelt, wenn ich das kostenlos für Sie mache."
Stewart nickte. „Danke, das nächste Mal werde ich daran denken."
Margaret blickte auf das Wasser, das sanft ihre nackten Füße umspülte, und fühlte, wie plötzlich Panik in ihr aufkam. Ihr wurde schwindelig bei dem Gedanken, dass er noch eine Weile auf der Insel bleiben würde. Sie durfte keinesfalls ihren guten Ruf als Baroness aufs Spiel setzen, indem sie ihm die Wahrheit enthüllte.
Nur wenige Leute wussten, dass Iain ihr Sohn war. O Gott dachte sie, wenn Stewart von seinem Sohn erfährt, kann er sei nen Anspruch auf den Jungen anmelden und ihn auf immer und ewig fortnehmen.
Verstohlen schaute sie zu Stewart hinüber und bemerkte, wie er sie erstaunt und ein wenig fassungslos ansah. „Miss MacNeill, entschuldigen Sie ... sind wir uns schon einmal irgendwo begegnet?"
Kapitel 3
„ I ch glaube nicht, dass wir uns schon einmal begegnet sind, Mr. Stewart", antwortete Margaret MacNeill leise. Nur durch den leicht singenden Tonfall der Gälen unterschied sich ihre melodische Stimme von dem breiteren englischen Akzent der Schotten vom Festland. Ihre Antwort klang wohl überlegt, und sie machte auf Dougal einen zurückhaltenden Eindruck, so als wolle sie sich schützen.
Es fiel ihm auf, dass sich unter dem einfachen Kleid eine schlanke, wohl proportionierte Figur verbarg. Die nackten, sandigen Füße und die vor dem Leib gefalteten Hände waren gepflegt. Wenn sie, wie viele Frauen auf den Hebriden, auch Netze flickte und Fische ausnahm, dann sah man ihren Händen jedenfalls die schwere Arbeit nicht an. Die goldblonden Locken waren teilweise unter einem Schal verborgen. Ihre Gesichtszüge waren schön und ebenmäßig, aber das trotzig erhobene Kinn zeigte deutlich ihren Unwillen.
Kein Wunder, dass er glaubte, sie schon einmal gesehen zu haben. Viele Bewohner der Hebriden hatten diese für sie typische Haarfarbe und zierliche Gestalt von ihren Wikinger-Vorfahren geerbt. Auch Norrie MacNeill besaß diesen hellen Teint, die hohen Wangenknochen und die blauen Augen.
Ihre Augen leuchteten in einem silbrigen Blau. Irritiert strich Dougal sich über die Stirn. Ihm fiel plötzlich der Moment ein, als er beim Erwachen das Mädchen am Eingang zu der kleinen Höhle hatte sitzen sehen, die ihnen beiden im Sturm Schutz geboten hatte. Ganz deutlich hatte er in der Morgendämmerung ihr Gesicht gesehen. Ihm war die ungewöhnliche Augenfarbe aufgefallen, Augen, die leuchteten wie der Himmel kurz vor Sonnenaufgang.
Margaret MacNeill besaß solche Augen. Sie erinnerte ihn nicht nur an seine Wasserfee - sie war es! Die Erkenntnis durchfuhr ihn wie ein Schock. Tief in seinem Herzen wusste er, dass er sich nicht täuschte. War er damals wirklich so betrunken gewesen? Hatte er deshalb nicht erkannt, dass sie kein Zauberwesen war?
Wenn auch sie ihn wiedererkannte, dann versuchte sie, es nicht zu zeigen. Auf
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