Im Bann der Versuchung
verfolgte.
„Ich habe es anderswo schon ein paar Mal gesehen", erklärte er lächelnd. „Aber es erschien mir noch nie so fantastisch wie heute Nacht."
Sie stand mit zurückgelegtem Kopf da. Auf Haar und Gesicht lag ein sanfter Farbschimmer. Dougal war versucht, ihre weiche Haut, die seidigen Locken zu streicheln. Alles an ihr war ihm bekannt. Nach so langer Zeit fühlte er sich wieder mit ihr vereint. Sie teilten das gleiche Geheimnis, die gleiche Leidenschaft. Er sehnte sich nach ihr, aber sie blieb kühl und distanziert.
„Heute sind die Farben schwach", sagte sie ernst. „Normalerweise sind sie leuchtender, wenn die ,fröhlichen Männer' zum Tanz gehen."
„Der Himmel ist jetzt nicht so dunkel wie im Herbst oder im Frühjahr."
„Wahrscheinlich. Vielleicht können wir ein anderes Mal die Lichter beobachten, wenn es dunkler ist.”
Sie schaute wieder auf das magische Glühen, und Dougal erinnerte sich, wie schön sie damals in der klaren, hellen Morgenröte ausgesehen hatte. Er wusste, wie verführerisch sie gewesen war, wie sie sich anfühlte, wenn sie durchnässt und zitternd vor Kälte in seinen Armen lag. Sein Körper bebte vor Verlangen. Er trat einen Schritt näher. „Wir sind uns doch schon einmal begegnet", fuhr er sie schroff an. Sie sollte wissen, dass er nicht so leicht hinters Licht zu fuhren war.
„Ich ...", begann sie und stockte dann.
„Sagen Sie es." Er ließ nicht locker. „Waren Sie in jener Nacht dort? Oder habe ich es nur geträumt?"
Sie wusste, was er meinte. Er las es in ihren Augen. Auch wenn sie nicht antwortete, so war ihr Schweigen für ihn doch ein klares Eingeständnis.
„Mein Gott", flüsterte er erschüttert. „Wie ist das möglich?" Er zog sie näher, konnte es kaum fassen, dass sein Traum endlich zur Wirklichkeit wurde. Vorsichtig streichelte er ihre Wange, beugte sich zu ihr hinunter, und überwältigt von seinem Verlangen küsste er sie.
Sie versteifte sich in seinen Armen, doch dann legte sie den Kopf zurück, schloss die Augen und schien still abzuwarten. Zart küsste er ihren Mund. Alles um ihn herum begann sich zu drehen. Er fühlte, wie sie ihm entgegenkam, ihre Hände nach den Aufschlägen seiner Jacke griffen, ihr Mund unter dem seinen weich wurde. Er holte Luft, packte sie fester um die Taille und vertiefte seinen Kuss.
Neue Kraft, Erleichterung und Freude durchströmten ihn und verscheuchten die Jahre voller Kummer und Gram. Er hatte sie gefunden. Seine Zauberfee lebte. Er hatte etwas wiedergefunden, was er verloren geglaubt hatte. Es war wie ein Wunder.
Sie umfasste sein Kinn, ihr heißer Atem traf auf seinen Mund. Er fühlte ihr tief empfundenes Verlangen, sie begehrte ihn, so wie er sich nach ihr sehnte. Er wollte sie halten, sie lieben und schätzen, sie ihre Zurückhaltung und ihren Groll vergessen lassen.
Leise stöhnend protestierte sie, schien aus einem ähnlichen heißen Traum zu erwachen, der auch ihn gefangen hielt. Sie stemmte die Hände gegen seine Brust und trat zurück. Dann schnellte ihre Hand hoch, und sie versetzte ihm einen Schlag auf die Wange, scharf wie ein Peitschenhieb.
„Zum Teufel ..." Er packte sie am Arm, aber sie schüttelte ihn ab, wirbelte herum, eilte den sandigen Abhang hinunter und rannte schließlich zum Crofterhaus.
Dougal rieb sich die schmerzende Wange und schaute ihr nach. Erst jetzt bemerkte er, dass das leuchtend helle Schauspiel am Firmament verblasst war.
Das Mädchen war keine Illusion gewesen, und die Ereignisse jener Nacht bekamen jetzt eine ganz neue Bedeutung. Er hatte das Mädchen entehrt, auch wenn sie freiwillig in seinen Armen gelegen hatte. Sie war noch Jungfrau gewesen, als sie zu ihm gekommen war.
Kein Wunder, dass sie ihm böse war, nachdem sie sieben Jahre lang nichts von ihm gehört hatte. Warum war sie überhaupt in jener schrecklichen Nacht dort draußen gewesen? Er musste es herausfinden, musste ihr alles erklären, egal, ob sie es hören wollte oder nicht. Er schuldete ihr eine ernsthafte Abbitte.
Nein, Margaret MacNeill verdiente mehr als bloße Entschuldigungen. Ich bin ein Schuft, dachte er, während er aufs Meer hinausschaute. Wie ein herzloser Lump hatte er sich verhalten und geglaubt, er würde träumen. Es war nicht nur seine moralische, sondern auch eine gesellschaftliche Pflicht, das Mädchen zu heiraten.
Doch dieses Vorhaben würde ihm sicherlich mehr Schwierigkeiten bereiten als alle Gefahren, denen er je begegnet war.
Kapitel 4
T hora öffnete die Tür und schaute
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