Im Bann der Wasserfee
diese durch den Schädel nicht, wie andere Leute es taten.
Einmischen? Worin? Welch böses Spiel war dies?
Ragnar zog sein Schwert rechtzeitig, um den Schlag zu parieren. Der andere war gut, sehr gut sogar. Wie es schien, war er ihm an Kraft und Technik ebenbürtig.
Ragnar versuchte, ihn von der bewusstlosen Dahut wegzubringen, während sie kämpften.
»Warum wollt Ihr die Prinzessin töten?«, fragte Ragnar.
»Sie hätte gar nicht erst geboren werden sollen!«
Ragnar betrachtete die breite Männerbrust, das kantige Kinn und die Muskelstränge am Hals. Auch unter der Tunika traten die Muskeln deutlich hervor. Kein Wunder, dass er bisweilen so einschüchternd wirkte.
»Wer seid Ihr?«, fragte Ragnar.
»Die Königin der Wasserfeen.«
»Irgendwie hätte ich mir Euch anders vorgestellt.«
Sie grinste und holte zu einem erneuten Schwertangriff aus. »Ich bin eben vielseitig.«
»Warum wollt Ihr Dahut töten?«
»Sie macht mir den Thron streitig.«
Was sollte Dahut mit der Königin der Wasserfeen zu schaffen haben?
»Den Feenthron? Warum sollte sie das tun?«
»Sie verspürt den Ruf dieses Landes. Sie wollte nach Gwragedd Annwn oder streitest du das etwa ab? Sie hatte doch Pläne gemacht. Daher muss sie sterben. Doch zuerst will ich den Boden mit deinem Blut tränken. Wusstest du, dass es hier eine Blume gibt, die darauf besonders gut gedeiht?« Sie lachte hämisch.
»Wie nett.« Ragnar wich einem weiteren Angriff aus. Er stieß sein Schwert vor. Erstmals streifte er ihren Arm mit der Klinge. Zu seiner Überraschung war ihr Blut rot.
»Auch das ist eine Täuschung«, sagte die Königin der Wasserfeen.
»Ihr könnt Gedankenlesen?«
Sie lächelte. »Das war nicht nötig. Dein Blick hat dich verraten.«
»Was hast du gegen Dahut?« Wenn die Feenkönigin die vertrauliche Anrede verwendete, so konnte er das auch.
»Das sagte ich doch bereits. Sie ist die Tochter einer Fee, die ihr Volk verraten hat, indem sie sich mit einem Menschen einließ. So jemand hat den Thron nicht verdient. All die Jahre hat sie sich nicht um ihr Volk gekümmert. Nur ich war für es da. So soll es weiterhin sein. Für immer!«
Ihre Klinge fauchte durch die Luft. Beinahe hätte sie ihn gestreift, doch Ragnar duckte sich rechtzeitig.
»Außerdem fordere ich mein Land zurück. Ys gehört mir.«
»Es mag sein, dass Ys zum Meer gehört, doch ist dein Reich nicht bereits groß genug? Willst du aus Machtgier den Tod von Menschen und Tieren hinnehmen?« Seine Klinge surrte durch die Luft. Die Königin der Wasserfeen sprang rückwärts.
»Nur wer sich gegen mich auflehnt, wird meine Macht zu spüren bekommen und den Tod finden. Allen anderen wird es gutgehen.« Sie deutete links von sich. »Sieh dort in die Ferne. Das ist Ys, jetzt ein Teil der Anderswelt, umgeben von unseren eigenen Orten, Wäldern und Auen. Die Leute werden sich eingewöhnen.« Sie stieß ihre Klinge vor, doch Ragnar wich seitlich aus.
»Wenn Ihr keine zu hohen Steuern verlangt, ist das durchaus möglich.« Es erleichterte ihn, dass die Königin der Wasserfeen die Stadt nicht vernichtet hatte.
»Bis jetzt habe ich nur mit dir gespielt«, sagte sie. »Ich bin ewig und unvergänglich, Sterblicher. Du kannst mich nicht besiegen. Noch kannst du gehen, Nordmann. Dieser Kampf ist nicht der deine. Überlasse mir Dahut und lebe in Frieden weiter. Du willst Gradlon, nicht wahr? Ich kann ihn dir ausliefern. Wirf nicht weg, wonach du dein Leben lang gesucht hast!«
Die Entscheidung, vor die sie ihn stellte, hatte er schon längst getroffen. Für nichts auf der Welt würde er Dahut aufgeben oder gar ihren Tod riskieren.
Er schüttelte den Kopf. »Ich will Dahut, nur sie.«
»Dann stirb! Du wolltest es nicht anders!«
Die Königin der Wasserfeen griff erneut an. Um ein Haar hätte sie ihn mit dem Schwert an der Schulter erwischt. Sie war verdammt schnell und kämpfte mit einer Verbissenheit, die dem besten Krieger von Dänemark Ehre erwiesen hätte.
Ragnar stieß die Klinge vor, um ihr Herz zu durchbohren, doch sie sprang zurück. Sie holte zum Gegenschlag aus und erwischte ihn am Arm. Beißender Schmerz durchfuhr ihn. Erneut stieß sie vor. Ragnar wich aus und schlug gleichzeitig zu. Er traf sie an der Schulter. Sie zuckte nicht einmal zusammen, obwohl sie Schmerz empfinden musste. Bewundernswert. So mancher Krieger hätte geschrien.
Ihr Blut sah genauso aus, wie das eines Menschen. Auch schienen ihre Wunden nicht schneller zu verheilen, obgleich sie sie nicht
Weitere Kostenlose Bücher