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Im Bann der Wüste

Im Bann der Wüste

Titel: Im Bann der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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ist Ehrfurcht.«
    Duiker wusste nicht, was er auf diese Worte antworten sollte. Wie eine Marionette drehte er sich um, die Augen auf die schemenhaften blassgelben Bewegungen am Himmel gerichtet. Da ziehen sie hin. Instinktgeleitete Kreaturen. Und dann ein gedankenloser Sprung in eine tödliche Strömung. Ein wunderschöner, entsetzlicher Tanz zu Ehren des Vermummten, bei dem jeder Schritt vorgezeichnet ist. Jeder einzelne Schritt …
     
    Es war bereits dunkel, als die Faust eintraf. Die Krähenkrieger huschten voraus und sicherten einen Korridor, durch den die Vorhut ritt, gefolgt von den Wagen, die mit jenen Verwundeten beladen waren, die an Bord der Silanda gehen sollten.
    Coltaine, das Gesicht hager und von tiefen Linien der Erschöpfung gezeichnet, kam zu Duiker, Neder und Gesler, die in der Nähe des Sonnensegels warteten. Hinter der Faust folgten Bult, die Hauptleute Lull und Sulmar, Korporal List und die Waerlogas Sormo und Nil.
    Lull trat dicht an Gesler heran.
    Der Korporal der Küstentruppe machte ein finsteres Gesicht. »Ich hatte Euch irgendwie hübscher in Erinnerung, Hauptmann.«
    »Ich kenne deinen Ruf, Gesler. Erst Hauptmann, dann Sergeant, jetzt Korporal. Sieht so aus, als ob deine Stiefel auf der Leiter gen Himmel zeigen – «
    »Dafür steckt der Kopf in der Pferdescheiße, jawohl, Hauptmann.«
    »Von deinem Trupp sind noch zwei Mann übrig?«
    »Nun, offiziell nur einer, Hauptmann. Der Bursche da ist so ’ne Art Rekrut, obwohl er wahrscheinlich nicht so richtig einberufen wurde, wie es sich gehört, oder so … Deshalb sind es eigentlich nur ich und Stürmisch.«
    »Stürmisch? Doch nicht etwa der Stürmisch, der Cartherons Adjutant – «
    »Das war einmal …«
    »Beim Atem des Vermummten!« Lull drehte sich zu Coltaine um. »Faust, wir haben hier zwei von den alten Kämpen des Imperators … als Mitglieder der Küstentruppe.«
    »Es war ein ruhiger Posten, Hauptmann – zumindest ehe der Aufstand losging.«
    Lull lockerte seinen Helmriemen, nahm den Helm ab und fuhr sich mit der Hand durch sein dünnes, schweißnasses Haar. Dann sah er wieder Gesler an. »Lass den jungen Burschen vortreten, Korporal.«
    Gesler winkte, und Wahr trat nach vorn.
    Lull blickte ihn finster an. »Du bist ab jetzt offiziell ein Seesoldat, mein Junge.«
    Wahr salutierte, wobei er den Daumen anlegte und den kleinen Finger abspreizte.
    Bult schnaubte, während Hauptmann Lulls Blick noch finsterer wurde. »Woher – ach, was soll’s.« Er wandte sich erneut an Gesler. »Was dich und Stürmisch angeht – «
    »Wenn Ihr uns befördert, Hauptmann, setze ich Euch meine Faust mitten in das, was noch von Eurem Gesicht übrig ist. Und Stürmisch wird Euch wahrscheinlich treten, während Ihr am Boden liegt, Hauptmann.« Und dann lächelte er.
    Bult schob sich an Lull vorbei und baute sich vor dem Korporal auf – so nah, dass ihre Nasen sich beinahe berührten. »Und, Korporal«, zischte er, »würdest du mich auch schlagen?«
    Geslers Lächeln wich nicht aus seinen Zügen. »Jawohl, Kommandant. Und – der Vermummte soll mich holen – ich werde auch die Faust kräftig am Riemen ziehen, wenn Ihr mich nur freundlich genug darum bittet.«
    Für einen Augenblick wurde es totenstill.
    Dann brach Coltaine in schallendes Gelächter aus. Das Geräusch war so überraschend – so schockierend! –, dass Duiker und alle anderen herumwirbelten und den Wickaner anstarrten.
    Ungläubig vor sich hin murmelnd trat Bult wieder zurück; sein Blick kreuzte sich mit dem Duikers, und er schüttelte lediglich den Kopf. Coltaines Gelächter ließ die Hunde in wildes Geheul ausbrechen; die Tiere waren plötzlich ganz nah und schwärmten um sie herum wie farblose Geister.
    Zum ersten Mal lebhaft und immer noch lachend, fuhr Coltaine zu dem Korporal herum. »Und was hätte Cartheron Crust zu so etwas gesagt, Soldat?«
    »Er hätte mir schon längst eins auf die Na – «
    Gesler kam nicht weiter, denn Coltaines Faust schoss blitzschnell vor und traf den Korporal voll auf die Nase. Der Kopf des Soldaten wurde nach hinten gerissen, und seine Füße hoben vom Boden ab. Mit einem heftigen Klatschen landete er auf dem Rücken. Coltaine wirbelte herum; umklammerte seine Hand, als hätte sie gerade mit einer Steinmauer Bekanntschaft gemacht.
    Sormo trat vor und griff nach dem Handgelenk der Faust, um die Hand zu untersuchen. »Bei den Geistern hieniden, sie ist gebrochen!«
    Alle Augen wandten sich dem Korporal zu, der immer noch auf dem Rücken lag;

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