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Im Bann der Wüste

Im Bann der Wüste

Titel: Im Bann der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Das sind wir – das und sonst gar nichts.
    Er hatte vor dem Knick Halt gemacht, weil er ein instinktives Zögern verspürt hatte, das sein Rückgrat mit einem unerbittlichen Griff zu packen schien. Geh nicht weiter. Warte. Der Sappeur seufzte. Warten worauf?
    Plötzlich blieben seine Blicke, die noch immer über die kleine Gruppe hinter ihm gewandert waren, an etwas hängen …
    Ruuds Rückenhaare begannen sich langsam aufzustellen.
    »Beim Vermummten!«
    Es war wie eine Explosion – plötzlich war überall um ihn herum wirbelnde Bewegung. Eine riesige Gestalt raste direkt vor ihm in sein Blickfeld und stieß dabei ein Gebrüll aus, das Fiedler das Blut in den Adern erstarren ließ. Und von oben erklang das donnernde Klatschen lederner Schwingen, und gewaltige Krallen schossen herab.
    Der heranstürmende Wechselgänger war ein brauner Bär, so groß wie die Kutsche eines Adligen; seine Flanken berührten die Wurzelwände des Pfads, wo Arme sich nach ihnen ausstreckten und Hände sich in dichten Pelz krallten. Der Sappeur sah, wie ein nicht menschlicher Arm aus den drei Gelenken gerissen wurde, die seine Schulter bildeten; aus der Wunde strömte altes schwarzes Blut. Ohne auf die verzweifelt fuchtelnden Gliedmaßen zu achten, gerade so, als wären sie nichts weiter als Kletten und Dornen, warf sich der Bär vorwärts.
    Fiedler ließ sich auf den von Wurzeln bedeckten Boden fallen – die Rinde war heiß und schmierig von einer Art Schweiß – und vergeudete keinen Atemzug damit, einen Warnschrei auszustoßen. Nicht, dass es nötig gewesen wäre.
    Der Bauch des Bären schoss in einer verschwommenen Bewegung über ihn hinweg – der Pelz war hier hell und blutverschmiert –, und dann war er auch schon vorbei, während der Sappeur sich noch herumrollte, um den weiteren Verlauf des Angriffs zu verfolgen.
    Die ganze Aufmerksamkeit des Bären galt dem blutroten En’karal, der vor ihm in der Luft schwebte – ein weiterer Wechselgänger, der vor Wut kreischte. Die Tatzen des Bären zuckten vor, schlossen sich jedoch nur um leere Luft, als das geflügelte Reptil blitzschnell zurückwich – und in Reichweite von Mappos Keule geriet.
    Fiedler konnte die Kraft, die hinter dem zweihändigen, aus der Schulter geführten Schlag des Trell lag, nicht nachvollziehen. Der gezackte Kopf der Keule traf die vorgewölbte Brust des En’karal und drang, begleitet vom Geräusch brechender Knochen, tief in sie ein. Der En’karal, der mindestens so groß war wie ein Ochse, schien im wahrsten Sinne des Wortes um den Treffer herum zu schrumpfen und in sich zusammenzustürzen. Flügelknochen brachen, Kopf und Hals wurden nach vorne geschleudert, und aus Augen und Nüstern spritzte Blut.
    Der echsenartige Wechselgänger war tot, noch ehe er gegen die Wurzelwand prallte. Krallen und Hände fingen ihn auf und hielten ihn fest.
    »Nein!«, brüllte Mappo.
    Fiedlers Blick huschte zu Icarium – doch nicht der Jhag war der Grund für den Aufschrei des Trell; stattdessen hatte Ruud den gewaltigen Bären von der Seite her angegriffen.
    Mit einem Schrei warf sich der Wechselgänger zur Seite, gegen die Wand aus Wurzeln. Von den sich windenden Gliedmaßen waren die wenigsten in der Lage, eine so gewaltiges Biest festzuhalten, doch eines wartete schon auf ihn, eines schlang sich in seiner ganzen grünhäutigen Länge um den dicken Hals des Bären, und dieses eine verfügte über eine Kraft, die selbst die des Wechselgängers überstieg.
    Ruud hatte seine Kiefer um eine fuchtelnde Pranke geschlossen; Knochen brachen, und dann riss er die Tatze mit einem wilden Schütteln seines Kopfes ab.
    »Das ist Messremb!«, brüllte der Trell, kämpfte gegen Icariums Griff an, der ihn zurückzuhalten versuchte. »Ein Verbündeter!«
    »Ein Wechselgänger!«, kreischte Iskaral Pustl und tanzte im Kreis herum.
    Mappo sackte plötzlich in sich zusammen. »Ein Freund«, flüsterte er.
    Und schlagartig begriff Fiedler. Der erste Freund, den er heute verliert. Der erste …
    Tremorlor erhob Anspruch auf beide Gestaltwandler, indem sich Wurzeln vorschlängelten und um die Neuankömmlinge wickelten. Die beiden Tiere schauten sich jetzt von ihren jeweiligen Wänden aus an – ihren Ruhestätten bis in alle Ewigkeit. Der Wechselgänger-Bär, dessen Blut aus dem Stumpf am Ende seines Vorderbeins schoss, wehrte sich noch immer, doch selbst seine ungeheure Kraft war nutzlos gegenüber der außerweltlichen Macht des Azath und des Arms, der ihn hielt und sich nun immer enger

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